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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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gehofft hatte, ist durch einen Zufall möglich geworden; ich kann jezt mit Ruhe und auf längere Zeit jenes Land besuchen.«
    Ich erwartete nun, daß er etwas von dem Briefe sagen, und sich entschuldigen würde. Er that es aber nicht.
    »Es scheint euch sehr gut gegangen zu sein, seit wir uns damals in Wien trennten,« sagte er, »ihr seht vortrefflich aus, und seid ein sehr stattlicher junger Mann geworden.«
    Ich konnte von ihm zwar nicht ganz dasselbe sagen, er kam mir noch magerer vor, aber es schien doch eine gewisse Heiterkeit und Fröhlichkeit in ihm zu sein.
    »Ja,« antwortete ich, »es ist mir in der lezten Zeit sehr wohl geworden, und ich glaube, daß ich nun für die ganze Dauer meines Lebens gesichert bin.«
    Er lehnte sich auf den Tisch, sah mich mit treuherzigen Augen an, und sagte: »Das freut mich sehr, es kann gewiß niemanden geben, den es so freut, als wie mich.«
    »Und wie habt denn ihr seit der Zeit gelebt, seit der wir uns nicht gesehen haben?« fragte ich ihn.
    »Ich bin nicht mehr krank gewesen, seit ich jenes Uebel in der Dreifaltigkeit ausgestanden hatte,« antwortete er, »ich lebe vergnügt, und warte allgemach auf meinen Tod, der bei alten Leuten nicht lange ausbleiben kann.«
    »Wird noch lange lange ausbleiben, lieber Freund!« sagte ich.
    »Nun, wie es ist, und wie es Gott will,« antwortete er.
    Da wir also gerade auf die Weise bei einander saßen, wie wir es an so manchem Abende in Wien gethan hatten, so dachte ich, ich könnte ihm erzählen, was mir bisher im Allgemeinen begegnet sei, und könnte dabei etwas von meinem Plane mit ihm leise einfließen lassen. Ich sagte daher zu ihm: »Ich bin noch immer unverheirathet, es hat sich eben nicht gemacht. Von den vielen seltsamen und abentheuerlichen Planen, mit denen ich euch oft in früherer Zeit unterhalten habe, habe ich die meisten, ja ich kann sagen, alle aufgegeben, und bin jetzt nichts mehr und nichts weniger, als ein einfacher Landwirth. Eine alte Muhme, die sich im Leben nicht um mich bekümmert hatte, hatte im Tode recht gut für mich gesorgt, und mir ein sehr schönes Anwesen hinterlassen. Es liegen liebliche Fluren um dasselbe herum, in einiger Entfernung davon steigen Wälder auf, und hinter ihnen sieht man das Blau der Hochgebirge hervor bliken. Das liebe ich nun, bin gerne dort, und hätte nie geglaubt, daß diese Dinge einen solchen Zauber ausüben könnten. Als ich das neue Besizthum antrat, fing ich gleich an, in demselben herum zu wirthschaften. Ich begann alle Felder zu lokern; ich habe zu den par tausend Obstbäumen, die ich geerbt hatte, noch ein par tausend neue hinzu gesezt, habe alle diese Stämmchen veredelt, und habe die alten gereinigt und geordnet; dann habe ich Glashäuser angelegt, in denen jezt schon sehr schöne Blumen und Früchte sind, die noch immer schöner werden sollen, ich habe mir einige Zimmer zu meiner Wohnung eingerichtet, und mehrere andere stehen bereit, Gäste aufzunehmen, wenn sich einige bei mir einfinden sollten. In der Gegenwart bin ich auf einer längeren Reise begriffen, und wenn ich wieder nach Hause komme, werde ich aufs neue meine Felder bearbeiten, werde bauen, Ruhebänke, Aussichten anlegen, und so weiter - und so weiter. Nur einen Wunsch hätte ich: es wäre gut, wenn ich außer dem gelegentlichen Umgange, der sich einfindet, noch einen vertraulicheren und näheren hätte, etwa einen älteren bewährten Freund, der mir mit Rath und That an die Hand ginge, bei mir wohnte, und mir manchen Augenblik seiner Zeit schenkte; denn ich bin allein, und fühle es manchmal recht bedeutend.«
    »Es freut mich, daß ich euch so reden höre, und daß ihr die Landwirthschaft so liebt,« antwortete er, »ihr könnt gar nicht ahnen, wie wohlthätig eure Rede auf mich gewirkt hat. Und was einen Gefährten anlangt, so könnt ihr bald eine liebe angenehme Hausfrau bekommen, und Angehörige werden dann auch nicht fehlen.«
    »Ich rede hier nicht von Angehörigen des Blutes,« erwiederte ich; »die, von denen ich herstamme, habe ich kaum gekannt, und ob sich andere einfinden werden, steht in sehr sehr weitem Felde. Wenn es aber auch wäre, so wäre ein Mann doch noch recht gut, der durch die gleichen Bande der Gesinnung gebunden wäre, der sich mit mir vereinigte, ein heiteres edles Landleben darzustellen, das andere anlokte, erhöbe, und zur Nacheiferung verleitete. So möchte manches Ersprießliche gewirkt werden, das selbst nach unserm Tode fort lebte, und für manche Zukunft segensreiche Früchte

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