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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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in dem Häuschen, das Häuschen war sehr rein, und sie waren sehr glüklich. Ob sie auch singe, konnte ich nicht heraus bringen, sie läugnete es, aber ihre Stimme war so biegsam, so ausgebildet, daß ich es mir nicht anders erklären konnte, als sie müsse öfters und zwar viel singen. Beide waren noch sehr jung, sie aber viel jünger als Gerardo. Er wachte eifersüchtig über sie, wie über eine Geliebte. Sie zeigte mir den Dukaten, den sie vor zwei Jahren von mir empfangen hatte.
    Als wir verabredet hatten, daß er mich morgen vor Tagesanbruch abholen solle, ging ich fort.
    Da noch die Sterne an dem Himmel standen, kam er, und wir fuhren in das finstere Wasser hinaus. Ich hatte ihm gesagt, daß er mich in gerader Richtung zu dem Höllwässerlein hinüber fahren sollte; denn ich hatte meinen Willen darauf gesezt, genau denselben Weg zu gehen, den ich vor zwei Jahren gegangen war.
    Als der Morgen herauf gekommen war, als die Sonne sich über die Berge erhoben hatte, und ihr Licht über die wunderschöne Oede dieser Landschaft ausgegossen hatte, kamen wir an dem Geröllstrome und an dem Höllwässerlein an. Dieses Mal waren weder die Fischer noch der Ziegenknabe anwesend, sondern die Gegend war völlig menschenleer.
    Ich gab Gerardo seinen Lohn, hieß ihn zurükfahren, und stieg gegen die Schlucht empor. Ich sprach auch ein wenig bei dem alten Hieronimus ein, und plauderte ein Weilchen mit ihm. Dann ging ich den Felsenweg bis zu dem schwarzen Steine, an dem dieses Mal auch Niemand saß. Als ich in das Seitenthal einbiegend die grünen Bäume sah, und aus ihnen das weiße Haus Rikar's hervor schimmerte, klopfte mir das Herz, und ich verdoppelte die Schritte. Da ich näher kam, hatte ich eine Ueberraschung: alle großen Steine waren aus den Gemüsebeeten fort, und jenseits des Hauses bis zu dem Rauche hin, wo die Erden gebrannt werden, wogte eine lustige junge und sehr grüne Saat.
    Ich ging durch den Garten, und als ich mich dem Hause näherte, sprang Maria in ihren kurzen Kleidern und mit dem Strohhute auf dem Haupte die Stufen von der Halle herab, und grüßte mich. Hatte sie mich nun kommen gesehen, oder war sie eben zufällig im Begriffe, heraus zu gehen.
    »Seien Sie gegrüßt,« rief sie, »seien Sie gegrüßt, das ist sehr schön, daß Sie kommen.«
    Sie faßte mich an der Hand, und führte mich in das Haus.
    »Kommen Sie, kommen Sie,« sagte sie.
    Sie führte mich die Treppe empor, sie führte mich an ihren und an des Vaters Zimmern vorbei, und gerade auf die der Mutter und Camilla's zu. Als wir eingetreten waren, als wir das Vorzimmer zurükgelegt hatten, und sie die Thür in das erste Zimmer öffnete, rief sie: »Vater, Mutter, wen bringe ich da?!«
    Die Mutter kam uns aus dem nächsten Zimmer entgegen, und der Vater schritt aus einem weiteren heraus.
    »Ach, das ist schön, das ist schön!« riefen sie fast gleichzeitig.
    Die Mutter reichte mir die Hand, der Vater umarmte mich, und drükte mir wiederholt die Hände. Es war von beiden Seiten eine große unverholene Freude, und ich entzükte mich an der Wärme des Empfanges.
    »Kommt herein, kommt herein,« sagte die Mutter.
    Sie führten mich in eine Art Gesellschaftszimmer, das früher nicht so gewesen war, und an das die Zimmer Camilla's stießen. Aber bei der offenen Thür hinein sehend, sah ich nicht die Geigengeräthe und die Einrichtung Camilla's, sondern Rikar's Tisch, sein Sopha, und aus dem ferneren Zimmer heraus blikend sein Bett, wie er Alles früher in dem Gemache gehabt hatte, in dem ich bei meiner ersten Ankunft mit ihm zu Abend gegessen hatte. Als wir uns niedergesezt hatten, und sie mein Befremden bemerkten, sagte die Mutter: »Nicht wahr, da haben sich Veränderungen begeben, und ihr vermißt etwas? Camilla hat uns verlassen, sie ist jezt unsere Nachbarin auf dem Gute Alfred's, und ist mit allen ihren Sachen dahin gezogen. Rikar ist zu mir gekommen, und so leben wir jezt in unserem Alter wieder in gegenseitigem Beistande, wie wir in der Jugend gelebt hatten.«
    Als ich meinen Beifall zu dieser Veränderung ausgesprochen hatte, sagte sie: »Ja, es hat sich bei uns Vieles und sehr zum Guten geändert. Die jungen Eheleute leben sehr glüklich - wir müssen sie einmal besuchen - und auch bei uns haben sich sehr angenehme und sehr zwekmäßige Veränderungen ergeben.«
    Nachdem sie mir noch vielfach ihre Freude ausgedrükt hatten, daß ich gekommen sei, nachdem wir von verschiedenen Dingen, namentlich von unseren Erlebnissen während der zwei

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