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Zwei Seelen - eine etwas andere Weihnachtsgeschichte (German Edition)

Zwei Seelen - eine etwas andere Weihnachtsgeschichte (German Edition)

Titel: Zwei Seelen - eine etwas andere Weihnachtsgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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    „Immer die gleichen Fragen: wieso, weshalb, warum?“
    Schwefeliger Gestank begleitete die unangenehm kratzige Stimme.
    „Was?“
    „Nichts, der Kollege hat schlechte Laune.“ 
    „Sie kommt zu früh!“
    „Das sehe ich. Sehr schade.“
    „Als hätten wir am Tag vor Weihnachten nicht schon genug anderes zu tun – Familiendramen – Selbstmorde – und unzählige Verkehrsunfälle wegen des vermaledeiten Glühweins!“
    „Bin ich tot?“
    „Natürlich.“
    „Das kann nicht sein! Was ist mit ihr? Sarah? Ist sie auch …? Nein, nein, das darf nicht sein. Das ist doch ... Ben und ich, wir hatten Pläne …“
    Ein dumpfer Schlag begleitete das Aufschlagen eines der dicken Bücher auf dem Tisch. Seiten wurden geblättert.
    „Wie ich sage: zu früh – und sie macht uns gleich doppelt Arbeit!“
    „Wer bekommt sie?“
    Wieder wurden Seiten geblättert, ein weiteres Buch aufgeschlagen.
    „Kindergärtnerin, Vegetarierin, fährt einen Diesel … du bekommst sie. Halt! Hier habe ich was gefunden!“
    „Was denn?“
    „Sex vor der Ehe!“
    „Ach sei still! Das sind meine Seelen.“
    „Nein! Ich will sie! Ich muss sie unbedingt haben!“ 
    „Dein ganzer Tisch liegt voll Sünder.“
    „Nein, nein! Ich will sie! Ich will einen Handel!“
    „Fällt dir nie was Neues ein?“ 
    „Zwei Seelen gegen zwei Seelen!“
    „Na schön, weil Weihnachten ist! Lisa, du bringst uns zwei Seelen, die es verdient haben, die Ewigkeit bei diesem Nörgler zu verbringen – dann schicken wir dich zurück, bis deine Zeit gekommen ist.“
    „Was, ich verstehe nicht ...?“
    „Hör doch zu! Hör zu!“
    „Zwei Seelen? Warum zwei?“
    „Du und das Kind.“
    „Aber wie …? Was soll ich tun?“ 
     
    Stille. Helles Licht blendete Lisa, immer heller. Sie schloss die Augen.

 
     
III.
     
     
     
    Tanjas Wohnung
     
    E ine große rote Blutlache, aufgerissene Verbandpäckchen und ihre Wollmütze waren über den Boden des schmalen Flures verteilt. Sie wollte nach der Mütze greifen, aber nichts geschah. Sie versuchte, sich die Hand auf den Bauch legen, aber da war nichts, kein Körper, keine Lisa, keine Sarah ! Sie erschrak furchtbar. Was war hier los? Sie war doch da! Sie … sie dachte doch. Sie konnte sehen. Sie drehte sich um. Auch das ging. Die Aufregung, die Lisa empfand, hätte normalerweise ihren Herzschlag beschleunigt, aber der erschien ihr unendlich weit weg. Ein schwaches Echo. Schlug es überhaupt, oder bildete sie sich das nur ein? Atmete sie? Sie versuchte es, aber, obwohl sie den warmen Kupfergeruch des Blutes wahrnahm, kam es ihr nicht wie Atmen vor. Sie hatte keine Brust, die sich hätte heben können, und keine Lunge, durch die die Luft hätte strömen können.
    Sie musste zu Ben. Wo war er? Hatte er sie gesucht? Gefunden? Wo war ihr Körper? Sie schauderte. War sie tot? Waren sie tot? Lagen ihr Körper und ihr Ungeborenes schon in einem Leichensack? War das, was sie eben gesehen und gehört hatte, Wirklichkeit oder alles nur ein Hirngespinst? 
    Der Gedanke an Ben trieb sie weiter. Sie schwebte ins Treppenhaus, einfach hinunter, ohne tatsächlich zu schweben. Als würde sie von einem unsichtbaren Faden gezogen – als reiche allein die Vorstellung, um am Ziel anzukommen. Ein bitterkalter Luftzug strömte durch sie hindurch, als im Erdgeschoss die Tür geöffnet wurde. Sie fühlte die Kälte, fror aber nicht. Stimmen drangen in ihr Bewusstsein. Stimmen, die sie stocken ließen. Sie verharrte. Fühlte sich nicht länger leicht, sondern zerrissen. 
    Schritte auf den Stufen.
    Tanjas Nachbarin Carola kam herauf. Nikotingeruch hing ihr in den Haaren, und sie wirkte verstört. Die Stimmen waren verstummt. Lisa sah zu, wie Carola in ihrer Wohnung verschwand. Sie fragte sich, ob sie durch Wände gehen konnte oder ob sie die Tür würde öffnen können.
    Als sie an draußen dachte, war sie schon da. Sofort bemerkte sie die zwei Gestalten. Im nächsten Moment war sie bei ihnen, vernahm jedes ihrer gemurmelten Worte und wagte es dennoch nicht, das alles für die Realität zu halten.
    „Wie gut, dass diese Alte so redselig war, jetzt wissen wir, wo wir den Anzugheini finden“, flüsterte der eine und schnippte seine Zigarette in den Schnee.
    Lisa wusste, wer die beiden waren. Ehe sie zu Boden ging, hatte sie die Schemen gesehen, schwarze Schatten, Kreaturen der Nacht. Sie sah sich ihren Mördern gegenüber. Wenn sie wirklich tot war …
    „Verdammt, Frank! Silvio wird ausflippen“, flennte der andere und schien

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