Zwei Sonnen am Himmel
süÃ, dass sein Duft genügt, um meine Sinne zu berauschen.«
Die Frauen lachten jetzt nur noch mit den Lippen und tauschten Blicke. Offensichtlich wussten sie nicht, wie sie ihre Worte deuten sollten.
Isa fuhr fort: »Lasst den Wein kommen und stellt den Krug an mein Bett, für den Fall, dass ich in der Nacht Durst bekomme.«
Da gab es abermals ein schallendes Gelächter. Man beeilte sich ihren Wunsch zu erfüllen.
Zu gewohnter Stunde legte Isa sich zur Ruhe, doch sie wehrte sich dagegen einzuschlafen. Sie bemerkte, dass die Frauen, die sie bewachten, alle zwei Stunden abgelöst wurden. Die Wächterin, die kurz vor Tagesanbruch kam, war eine junge Frau mit dunkler Haut und kräftigen, muskulösen Gliedern. Emeha hieà sie. Still kauerte sie sich auf dem Teppich nieder. Isa beobachtete sie durch ihre zu einem winzigen Spalt geöffneten Lider hindurch. Sie wusste, dass der Weinkrug und der Becher griffbereit an ihrem Bett standen.
Langsam wurde es hell. Der Himmel färbte sich grau, dann rosa. Als der erste Schimmer der Sonne zwischen den Säulen aufleuchtete, richtete Isa sich wie schlaftrunken auf und stöhnte: »Bist du es, Emeha?«
»Ja, Herrin«, erwiderte die Frau.
»Ich habe Durst. Komm, schenke mir Wein ein!«
Die Frau erhob sich und näherte sich dem Bett. Als sie sich über den Krug beugte, schnellte Isa vor. Sie packte mit der Linken die Wächterin derart hart und geschickt an der Kehle, dass der Schrei der Frau in ihrem Innern erstickte. Mit der rechten Hand hob Isa den Weinkrug und schlug ihn mit aller Kraft gegen Emehas Schläfe. Die Frau brach lautlos zusammen. Der Wein ergoss sich wie eine Blutlache über das Bett.
Schon war Isa auf den Beinen. Sie zog eine kurze Tunika an, die ihr völlige Bewegungsfreiheit lieÃ. Sie schlang eine Goldkette um ihren Hals und streifte zwei Perlenarmbänder über. Sie würde Geld brauchen, um sich eine Waffe und Männerkleider beschaffen zu können. Sie hoffte darauf, einen Seemann zu finden, der sie an Bord seines Schiffes nehmen würde.
Hastig band sie ihr Haar zusammen. Dann, geräuschlos und gewandt wie eine Katze, näherte sie sich dem Fenster und stieg über die Brüstung â¦
11
Die Zeit verging für Usir wie ein seltsamer Traum. Die Enthüllungen des Admirals beschäftigten ihn Tag und Nacht. Jedes einzelne seiner Worte war wie mit Feuerbuchstaben in sein Gedächtnis eingeprägt.
Torr hatte ihm geraten den heiligen Ring der Macht wieder in sein Versteck zu legen. Er hatte ihm gezeigt, wie die Vorrichtung betätigt wurde, welche die Wandplatte in Bewegung setzte. In der Stille ihres Gemachs hatten sie miteinander lange Gespräche geführt. Torr hatte Usir darauf aufmerksam gemacht, dass zahlreiche Würdenträger und hohe Offiziere sich an einem Staatsstreich gegen Atlar beteiligen würden. Auch die mächtige Kaste der Priesterinnen würde ihnen zur Seite stehen, denn Atlar übte eine Schreckensherrschaft über sie aus.
»Man munkelt, der Priester-König stünde mit den Mächten der Finsternis im Bunde. Viele vermuten, dass er das Auftauchen des drohenden Gestirns verschuldet habe, das den Untergang von Atlantis ankündigt â¦Â« »Wenn dem so ist«, hatte Usir lächelnd erwidert, »so werde ich nur noch über ein Reich von Schutt und Asche herrschen.«
Torr hatte ihn lange und eindringlich betrachtet. »Du bist der letzte Nachkomme der Herrscher über Atlantis. Deine physischen Merkmale sind zwar nicht mehr so stark ausgeprägt wie bei deinen Vorfahren. Auch sind die ursprünglichen Fähigkeiten hoher Abstammung bei dir nur noch zum Teil vorhanden. Doch nur ein Mann, in dessen Adern sich das königliche Blut mit dem eines Meisters der Künste vereinigt, kann die Dynastie auf neuen Grundlagen aufbauen. Sollten wir eines Tages gezwungen sein unsere Heimat zu verlassen, weil der Zorn des Himmels und des Meeres Atlantis verwüstet, so wirst du die Ãberlebenden in eine neue, gewiss bessere Zeit führen â¦Â«
Usir dachte viel über diese Worte nach. Er dachte an seine Mutter, Atara, die Letzte ihrer Dynastie; an seinen Vater, den Harfenisten, der den Schlägen eines Mörders zum Opfer gefallen war. Ich werde ihn rächen!, gelobte er sich. Seine Gedanken kehrten zu Isa zurück. Wo konnte er sie finden? Er wusste nicht, in welchem Flügel des Palastes man sie gefangen hielt.
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