Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Stunden Mittagspause

Zwei Stunden Mittagspause

Titel: Zwei Stunden Mittagspause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
nie gesehen und nie zu ihrem Ensemble gehört hatte.
    »Soll ich schicken Fatima?« fragte sie an der Teppichtür.
    »Nein!« Großmann streckte den rechten Arm wie eine Lanze aus. »Der Portier im Sheikh kennt die Frau, die ich suche. Sie soll bei Ihnen wohnen!«
    »Mustafa ist ein Idiot!« sagte das dicke Weib laut. »Ich werde ihn heute noch verprügeln.«
    »Soll ich die Polizei rufen, Madame?«
    Polizei. Das ist ein Wort, das in keinem Bordell der Welt gern gehört wird. Polizei in den Mauern des wohligen Stöhnens ist so widerlich wie ein Salzhering mit Marmelade.
    Polizei gar in Marokko ist eine Strafe Allahs. Wer mit ihr droht, unberechtigt droht, zieht sich den Zorn allen orientalischen Stolzes zu.
    Polizei – das ist so etwas wie ein tätlicher Angriff auf die Ehre. Und auch eine Bordellmutter hat eine Ehre … noch bevor man mit bunten Steinen oder Lebensmitteln handelte, verkaufte der Urmensch Frauen. Es ist das älteste Gewerbe überhaupt, die zweite Entdeckung des Menschen nach der des Feuers.
    Die dicke Frau verzog das Gesicht, als habe man sie in beide Brüste gekniffen, und verschwand schnell hinter dem Teppich.
    Großmann wollte ihr nach, aber Dieter hielt ihn fest.
    »'raus, Vater!« sagte er schnell. »Du weißt nicht, zu was diese Araber fähig sind …«
    »Und sie wissen nicht, zu was ich fähig bin!« schrie Großmann. »Margot ist hier in diesem Haus. Ich spüre es. Verdammt, laß mich los … ich möchte sehen, wer mich jetzt noch aufhalten kann …«
    Die Frage wurde sofort beantwortet. Durch die Teppichtür kamen zwei riesige, starke Männer in Pluderhosen und weißen Hemden; marokkanischen Ringern ähnlich, die erst eine Schau ihrer Muskeln geben, bevor sie sich aufeinanderstürzen.
    Wortlos gingen sie auf Großmann zu, ergriffen seine Arme, hoben ihn hoch, als sei er eine Puppe und trugen ihn aus dem Raum. Dieter rührten sie nicht an … er ging hinterher, mit gesenktem Kopf, die Fäuste geballt, aber seine Ohnmacht gegen diese Riesen einsehend.
    Vor dem Flur, der den Innenhof und die Straße verband, warfen sie Großmann einfach auf die Erde, und das mit so viel Schwung, daß er sich dreimal im Staub überschlug und dann keuchend an der Hauswand liegenblieb. Dann stellten sich die schweigenden Rausschmeißer nebeneinander in den Hof, eine kleine, aber unüberwindliche Mauer für Großmann.
    In der Tür des Tanzzimmers erschien das dicke Weib und schrie in arabischer Sprache über den Hof. Es waren keine Höflichkeiten … am Tonfall konnte man es hören. Man brauchte dazu keinen Dolmetscher.
    Dieter hob seinen Vater auf, klopfte ihm den Anzug ab und führte ihn durch den Gang auf die Straße. Hohl klappte hinter ihnen die rote Tür zu.
    Großmann lehnte sich an die Mauer und wischte sich mit seinem Taschentuch immer wieder über das Gesicht.
    »Die Polizei …«, stotterte er. »Die Polizei. Margot ist hier! In einem Puff! O Himmel, was soll das alles bedeuten? Ich begreife nichts mehr …«
    Am Abend erschien der stellvertretende Polizeichef von Tetuan selbst im Hotel und sprach mit Großmann. Er war ein höflicher Mensch, in Madrid erzogen, von dem Charme, dem man alles glaubt, auch wenn man weiß, daß der Mann lügt. Aber dieses Mal hatte er die schwere Aufgabe, die Wahrheit zu erklären.
    »Monsieur Großmann«, sagte er und rauchte eine der süßlichen, parfümierten Zigaretten, »wir haben das Haus untersucht. Ihre Frau ist nie dort gewesen … und wenn sie jemals dort war, dann ist ihre Spur restlos verwischt. Sie kennen Marokko nicht, die Verhältnisse sind hier anders als in Europa. Wenn hier ein Mensch verschwinden will, dann kann er das vollkommen. Spurlos. Da helfen keine Verhöre mehr. Es ist bedauerlich, Ihnen das sagen zu müssen … was wollen Sie jetzt tun?«
    »Ich fahre zurück nach Deutschland.« Großmann umklammerte sein Glas mit schwerem marokkanischem Wein. »Vielleicht meldet sich Margot wieder. Ich werde ihr immer nachreisen, verstehen Sie das?«
    »Ja und nein.« Der Polizeioffizier drehte die Zigarette zwischen seinen Fingern. »Warum lassen Sie Ihre Frau nicht einfach ihre eigenen Wege gehen? Ist die Frage, warum sie von Ihnen fortgegangen ist, so wichtig?«
    »Für mich ja. Ich muß wissen, was ich im Leben falsch gemacht habe … Ich war immer ein korrekter Mensch. Für mich ist meine heile Welt zusammengebrochen …«
    Am nächsten Morgen flogen er und Dieter zurück nach Deutschland.

11
    Heinrich Zumbach hatte viel Zeit und Ruhe, darüber

Weitere Kostenlose Bücher