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Zwei Stunden Mittagspause

Zwei Stunden Mittagspause

Titel: Zwei Stunden Mittagspause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nachzudenken, welche neue Spuren er ins Unendliche legen konnte, um Großmann endlich davon zu überzeugen, daß eine Suche nach Margot sinnlos war. Denn erst, wenn Großmann vor den Tatsachen kapitulierte, war auch für Zumbach das Problem Margot begraben.
    Begraben … ein Wort, das ihm Schauer über den Rücken jagte. Es setzte sich bei ihm derart als Komplex fest, daß er sich weigerte, an Begräbnissen teilzunehmen.
    Gerade in den Tagen, in denen Großmann der Spur Margots nachjagte, starb eine Tante Luises und verunglückte ein Mitarbeiter Zumbachs mit dem Auto tödlich. Zweimal hintereinander weigerte sich Zumbach, an den Beerdigungen teilzunehmen … er schützte einen Kreislaufkollaps vor, was nicht schwer war, denn er litt seit langem unter zu niedrigem Blutdruck, und beim zweiten Trauerfall inszenierte er eine Panne auf der Rückfahrt von einem Bauherrnbesuch und kam eine Stunde zu spät zum Friedhof, als schon alles vorbei war.
    Die offene Grube … das Versenken der Leiche, auch wenn sie jetzt in einem Sarg lag und nicht wie bei Margot rotbraunes Haar über seine Arme fluteten und ein wunderschönes Gesicht mit jedem Spatenwurf weiter unter der Erde versank.
    Mein Gott, ein Bild, das ihn wie ein Brandzeichen nie wieder losließ – dieses Wegwerfen eines Menschen zur Auflösung noch einmal zu erleben, war ihm einfach unmöglich, nahm ihm den Atem.
    Der Zufall, diese unberechenbare Waffe des Schicksals, griff bei Zumbachs Spiel ein, als er glaubte, die Spur Margots mit Tetuan endgültig verwischt zu haben. Hinter Tetuan lag nur noch die schweigende Wüste … hier endete auch für Großmann das Leben mit Margot. Er mußte es einsehen.
    Keine neue Spur, dachte Zumbach. Von jetzt ab Schweigen. Und wir alle werden auf Benno einreden, bis er Margot aus seinem Leben gestrichen hat.
    Wir werden ihn zu Gesellschaften mitschleifen, er wird neue Frauen kennenlernen, der Reitverein und der Golfklub werden dafür sorgen, daß er auf andere Gedanken kommt; man kann sich auf die Kameraden verlassen … und einmal wird auch Benno Großmann an einer anderen Frau Gefallen finden und sich erinnern, daß er ein Mann ist. Das wird das völlige Ende der Affäre Margot sein … noch war Großmann mit seinen fünfzig Jahren kein alter Mann, und es gibt kein besseres Pflaster auf seelische Wunden als einen glatten, heißen, beweglichen Körper im Bett. Zwischen den Schenkeln der Frauen ertrinken die Erinnerungen.
    Zumbach war mit sich selbst sehr zufrieden. Er wartete auf die Rückkehr Bennos aus Marokko.
    Es war der Leichtsinn Zumbachs, der ihn zu Fall brachte.
    Am Morgen hatte er den Anzug gewechselt und nicht, wie üblich, auf einen Bügel in den Schrank zurückgehängt, sondern ihn über die Stuhllehne im Ankleidezimmer liegenlassen. Hier fand ihn Luise, und weil sie eine ordentliche Frau war, bürstete sie den Anzug erst aus, bevor sie ihn in den Schrank hängte.
    Zum Ausbürsten aber gehört auch, die Taschen sauberzumachen. Der Rückstand in männlichen Anzugtaschen gehört zur Phänomenologie des Mannes.
    Auch Zumbach bildete darin keine Ausnahme. Luise kannte das und wunderte sich deshalb nicht, als eine zerdrückte Zigarette, Papierschnipsel, drei Büroklammern, ein Knopf, eine Briefmarke, eine Zigarettenspitze und ein Streichholzbrief zum Vorschein kamen.
    Sie warf alles auf den Tisch, bürstete die Taschen aus und hängte dann den Anzug über den Bügel. Als sie den Tascheninhalt zusammenschieben wollte, um ihn wegzuwerfen, fiel ihr Blick auf die Reklamestreichhölzer.
    Pension Sonneck.
    Luise stutzte, nahm den Streichholzbrief, las noch einmal den Werbeaufdruck und wollte das Mäppchen mit einem Achselzucken wegwerfen, als ein merkwürdig drängendes Gefühl sie daran hinderte.
    Pension Sonneck. Sicherlich ein Kunde von Heinrich, dachte sie. Umbau, Vergrößerung oder dergleichen. Sie drehte die Streichhölzer in der Hand, unschlüssig, von plötzlichen unerklärlichen Zweifeln bestürmt.
    Was sagte Heinrich seit Monaten? Keine kleinen Aufträge mehr. Nur Großbaustellen. Kirchen, Schulen, Bürohäuser … für kleine Sachen habe ich gar keine Zeit mehr. Und die Pension Sonneck mußte eine kleine Sache sein im Vergleich zu Zumbachs Neubauten.
    Sie klappte das Heft auf … nur zwei Streichhölzer waren herausgebrochen, die Packung neu und noch nicht wie sonst zerdrückt.
    Luise Zumbach steckte die Streichhölzer in ihre Kitteltasche und ging in die Diele. Dort suchte sie im Telefonbuch die Pension Sonneck und

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