Zwei Stunden Mittagspause
Parfüm stinkende Hand und winkte mit dem Zeigefinger.
Großmann war verwirrt. Er stand bewegungslos vor der Alten und starrte über ihre Schulter ins Innere des Hauses.
Ein Flur, der auf einen Innenhof ging. Dann wieder Sonne, eine Palme, einige Türen im Flur, ein Stück Hinterhaus, blendendweiß mit blauen Türen, als sei es in Appartements aufgegliedert. Ein Blick in eine von außen abgeschlossene, eigene Welt. Die arabische Art zu leben: zur Straße abweisend, ohne Fenster … aber im Innenhof, und sei er noch so schmutzig, ein Hauch von orientalischem Zauber.
»Geld? Wieso Geld?« stotterte Großmann.
Die dicke Frau grinste breit. »Nix umsonst, Monsieur. Nur dreißig Dirham … aber schöne Mädchen, wunderschöne Mädchen, komm, aussuchen, welche, alle Mädchen tun, was wollen Sie von ihnen … nur dreißig Dirham, Extrapreis für Germani …«
Sie hielt noch immer die Hand hin und versperrte die Tür mit ihrer imponierenden Breite. Dieter griff in die Tasche und drückte ihr ein Bündel Geldnoten in die Finger, ohne hinzusehen, wie viele es waren.
Das dicke Weib lächelte wie ein polierter Kupfertopf, überblickte schnell die Summe und wogte zur Seite.
»Dafür tanzen vier Mädchen«, sagte sie. »Ihr könnt bleiben, so lange ihr wollt …«
Sie drehte sich um, winkte und lief den Flur entlang zum Innenhof.
Großmann machte ein paar Schritte vorwärts und blieb dann stehen. »Wo sind wir hier?« fragte er, noch immer verwirrt.
»In einem Puff, Vater!« sagte Dieter hart.
»Unmöglich. Das ist eine falsche Adresse. Margot in einem …«
»Wir werden sehen. Komm, Vater.«
Das dicke Weib führte sie in einen Raum, der groß, halbdunkel und ganz mit dicken Teppichen ausgelegt war. Von der geschnitzten Decke hingen zwei maurische Lampen herab, deren gedämpftes Licht die getünchten Wände mit bizarren Schattenrissen überzog.
Plötzlich, aus einem versteckten Lautsprecher, ertönte marokkanische Musik, eintönig, rhythmisch, der Zwiegesang von Trommel und Flöte.
Ein Vorhang aus Teppichen öffnete sich, und vier nackte Mädchen mit langen, wehenden Haaren tanzten in die Mitte des Raumes, verbeugten sich tief vor Großmann und Dieter und begannen dann, mit hocherhobenen Händen und wippenden Brüsten ihre Bäuche zu drehen und den Unterleib im Takt der Trommel vorzuschnellen. Es war ein Tanz voller Lockung, eine Aufforderung, eine Hingabe.
In jeder anderen Situation hätte Großmann dieses Bild genossen, wie jeder Mann nicht unbeteiligt geblieben wäre, wenn vier wunderschön gewachsene Mädchen sich in dieser rhythmischen Form darboten. Aber jetzt wischte er mit beiden Händen durch die Luft, als wolle er Visionen verscheuchen.
»Schluß!« schrie er. »Aufhören!«
Er riß Margots Bild aus der Tasche und warf einen kurzen Blick darauf. Sein Herz verkrampfte sich wieder. »Ich habe nur eine Frage …«
Die Musik erstarb mit einem kläglichen Flötenton. Die Mädchen starrten die beiden Männer verblüfft an, warfen dann ihre langen Haare über ihre Blößen und huschten durch den Teppichvorhang hinaus. Dafür erschien das schrecklich dicke Weib wieder, Sorgenfalten auf der Stirn.
»Nix gut?« fragte sie. »Waren beste Mädchen. Aber ich kann bringen noch Fatima, die Blume der Wüste …«
»Ich will keine Fatima!« schrie Großmann. »Ich will eine Auskunft. Wo ist diese Frau?«
Er hielt Margots Foto dem dicken Weib vor die Augen.
Sie betrachtete es genau und schüttelte den Kopf. »Nix kennen«, sagte sie.
»Sie lügen!« brüllte Großmann. »Sie ist hier. In diesem Haus. Sie versteckt sich!«
Das dicke Weib sah Großmann an, wie man einen lallenden Idioten anblickt. Dann holte sie tief Luft und drückte Großmanns Hand mit dem Foto weg von ihren Augen.
»Nix hier!«
»Ich gebe Ihnen hundert Dirham, wenn Sie mich zu ihr führen!« Großmann steckte das Bild in seine Tasche. Plötzlich zitterte er. »Nur ein paar Worte, nur eine kurze Frage … weiter nichts.«
»Frau nicht hier, auch für tausend Dirham nicht.«
Das dicke Weib wich langsam zum Ausgang des Zimmers zurück. Der Mann aus Deutschland wurde ihr unheimlich. Es gab viele merkwürdige Gäste in diesem Etablissement, das gehörte zum Geschäft. Aber alle bekam sie in den Griff; denn letztlich landeten sie alle auf den Diwanen der Mädchen und wurden dann friedlich auf eine gewisse Art.
Aber dieser Mann da verschmähte die Mädchen, das war schon unnatürlich, und er wollte eine Frau haben, die es bei ihr nicht gab, die sie
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