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Zwei Stunden Mittagspause

Zwei Stunden Mittagspause

Titel: Zwei Stunden Mittagspause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist der komplette Irrsinn, und er weiß es auch … aber er steht es durch. Er will sich selbst betäuben damit: Ich habe alles getan, was menschenmöglich ist! Es ist wie der Rausch eines Masochisten.« Er sprang auf und wanderte um den frei im Raum stehenden Fernseher herum. »Ich habe mir gedacht, Sie telegrafieren Vater, daß Sie eine Spur von Margot haben. Dann kommt er sofort.«
    »Ich? Wieso ich?« Zumbach starrte auf das Fernsehbild. Die Puszta. Atelieraufnahme mit künstlichem Gras. »Damit er mir nachher den Kopf abreißt. Fliegen Sie hin, Dieter … vielleicht braucht er Sie jetzt wirklich dringend. Sie kennen doch Ihren Vater … der Koloß auf den Glasfüßen.«
    Zumbach beugte sich vor, drehte den Ton wieder an. Selige, beschwingte Operettenherrlichkeit. Zigeunerromantik im Wohnzimmer. Mutter, noch 'n Bier …
    Nach einer Stunde Fernsehen verabschiedete sich Dieter wieder.
    Luise brachte ihn zur Tür, einen traurigen, hilflosen Jungen.
    »Du solltest dich wirklich auch um Benno kümmern«, sagte sie, als sie zurückkam und sich neben Heinrich setzte. »Er ist schließlich dein bester Freund.«
    Zumbach knurrte ein paar unverständliche Worte, zeigte auf den Bildschirm und wedelte mit den Fingern.
    Ruhe! Die Nachrichten.
    Am Suezkanal wieder Schüsse. Sonst ein ruhiger Tag.
    Keine Flugzeugentführung.
    Keine Bombenanschläge.
    Kein Sexualmord.
    Kein Banküberfall.
    »Morgen habe ich eine Konferenz mit der Landeskirche«, sagte Zumbach, gähnte und begab sich ins Schlafzimmer.
    Auf Mallorca telefonierte Großmann immer noch …
    Aber wie immer, wenn das Leben zu stagnieren scheint, kommt ein Anstoß von außen. Bei Zumbach war es am nächsten Morgen eine Karte aus Marokko.
    Der Baustoffgroßhändler Windrock schickte herzliche Grüße aus dem Land der Kamele und verschleierten Frauen. Er schrieb in alter Stammtischmanier: Hier sind die Weiber wie Wundertüten. Man weiß nie, was in der Verpackung steckt! Habe bisher aber immer die richtige Wundertüte erwischt …
    Marokko! In Zumbach sprang ein Funke über.
    Er kramte in seinem Schreibtisch. Marokko. Da war doch noch eine Karte, eine leere Ansichtskarte, die er vor vier Jahren von seiner Nordafrikareise mitgenommen hatte. Er hatte sie immer in ein Reisealbum kleben wollen … aber wie bei den meisten Männern bleibt so etwas ein Vorsatz, bis er total vergessen wird. Marokko!
    Zumbach fand die Karte in einem Gewirr von alten Bauentwürfen und Skizzen. Die Ansicht einer orientalischen Märchenstadt. Moscheen und Minaretts, weiße, flachdachige Häuser. Menschen in leuchtenden Dschellabahs. Tetuan. Die alte Königsstadt.
    Sieh dir die Welt an, Benno! dachte Zumbach.
    Es lag kein Sarkasmus in dem Gedanken, sondern vielmehr die immerwährende Angst vor dem noch unentdeckten, einsamen Grab im Wald.
    Tetuan ist eine wunderschöne Stadt. Du solltest den Bazar besuchten, Benno …
    Zumbach beschrieb die Karte wieder mit der gleichen Maschinenschrift, steckte sie in ein Kuvert, kritzelte ein paar Zeilen an den Stammtischfreund Windrock dazu und brachte den Brief selbst zum Postamt. Per Luftpost. Und Eilboten.
    Es handelt sich um einen Scherz, hatte er Windrock geschrieben. Stecken Sie die Karte bitte irgendwo in Marokko ein. Wenn Sie es vergessen, soll Allah Ihnen in den ›Wundertüten‹ eine Urgroßmutter bescheren …
    Windrock, Stammtischbruder und Lieferant für viele Zumbach-Bauten, zögerte nicht und wunderte sich noch weniger. Derlei Scherze kennt man ja … hinterher zum Totlachen!
    Bei Dieter Großmann aber – denn die Karte war an Benno Großmanns deutsche Adresse gerichtet – schlug die Karte wie eine Bombe ein. Mallorca – Marokko: Das war ein direkter Weg. Das war sogar logisch. Vor allem aber: Selbst Dieter begann nach dieser Karte zu glauben, daß Margot seinen Vater wirklich verlassen hatte, um die weite Welt mit ihrer Schönheit zu erobern.
    Großmann zeigte sich nicht im geringsten erstaunt, als ihm beim Mittagessen plötzlich sein Sohn gegenüberstand. Er saß auf der Terrasse unter einem Sonnenschirm und aß eisgekühlte Melone mit Schinken.
    »Noch siebenundfünfzig Pensionen, dann bin ich durch«, sagte er, als rede er übers Wetter. »Ich lasse keine aus … auch wenn Margot schon weg sein sollte.«
    »Sie ist weg, Vater. Hier!« Dieter warf ihm die Karte auf den Tisch. Großmann las sie und steckte sie in seine Brusttasche.
    »Marokko. Tetuan! Lauf zur Rezeption, mein Junge, und frag, wann eine Maschine nach Marokko geht. Und bestell

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