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Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)

Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Dare
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schmerzvollen Knacken auf das Fenster. Seine Welt zögerte sekundenlang, ob es hell oder dunkel war, während er am Rand einer Ohnmacht balancierte.
    Als sein Bewusstsein zurückkehrte, bemerkte er, dass die Kutsche nicht mehr rollte. Gleichwohl war sie nicht zum Halten gekommen. Die verdammte Karosse holperte und polterte von einem Hindernis zum nächsten, schlitterte den felsigen Untergrund hinunter, den Gesetzen der Schwerkraft gehorchend. Rutschte langsam, aber unaufhaltsam auf jene Klippen zu.
    Rhys konnte das nur recht sein. Oh ja, das konnte es.
    Er lag wie gelähmt und atemlos mit verschränkten Gliedmaßen auf dem Boden. Sein Kopf hämmerte vor Schmerz. Es wäre ein Leichtes gewesen, einfach liegen zu bleiben. Zu billigen, dass das Kutschenwrack ihn über die Klippen trug und er tief unten auf den Felsen zerschellte. Endlich allem ein Ende setzte.
    Er harrte darauf, dass sich jene Stimme erhob, die in solchen Situationen immer von den Windungen seines Schädels widerhallte. Steh auf. Hoch mit dir, du missratener Taugenichts. Steh auf und halt durch.
    Er wartete vergebens. Anders als sonst, wenn er den Tod herbeigesehnt hatte, blieb es in dem finsteren Keller seines Bewusstseins gespenstisch still. Er vernahm nicht die Stimme seines Vaters, der ihn höhnend und spottend ins Leben zurückbefahl. Der alte Bastard war endlich zum Verstummen gebracht.
    Stattdessen hörte er sie. Er hörte Meredith. Seine schöne, starke, süße Meredith. Ihre Worte waren es, die stattdessen von den Wänden seines Schädels widerhallten. Ich liebe dich, Rhys. Bleib bei mir. Geh nicht fort.
    Bei allen Heiligen des Himmels, ein Wunder war geschehen. Er mochte diese Erde heute nicht verlassen. Er wollte bleiben, auf dass sich alles zum Guten wendete.
    Doch dann musste er dieser Todesfalle schleunigst entkommen. Wenn es nicht schon zu spät war.
    Ein ungestümes Aufbäumen der Kutsche, die ungebremst den Hang hinunterpolterte, warf ihn zweckmäßigerweise gegen die Tür. Der nächste Aufprall hätte ihn unversehens zurückgeworfen, doch Rhys gelang es, den Rand der Türöffnung zu ergreifen, und er packte mit aller Kraft zu.
    Ein weiterer knirschender Aufprall und lautes Krachen von Holz verkündete, dass ein Rad oder eine der Achsen brach. Die Kutsche geriet heftig ins Schlingern und Schwanken. Der Verschlag über Rhys’ Fingern knallte zu, sodass Rhys laut aufstöhnte.
    Doch auf irgendeine Weise und ungeachtet der drohenden Zertrümmerung der Kutsche gelang es ihm, sich aufzurichten und mit einer Schulter die Tür aufzustemmen. Mit einem kurzen Blick zum Boden schätzte er die Entfernung ein …
    Er sprang.
    Einen Moment zu spät.
    Es war ein wunderschöner Tag zum Sterben.
    Die Sonne erstrahlte warm und tröstlich hoch oben am Himmel. Eine frische, salzige Brise streichelte seine Haut. Rhys lauschte dem Lied der Seemöwen in der Ferne und dem sanften Rauschen der Wellen.
    Dann folgte das ohrenbetäubende Krachen, als die Kutsche tief unten an den gezackten Klippen zerschellte.
    Er zuckte zusammen, während er sich mit dem Mut der Verzweiflung an einen Felsvorsprung klammerte. Zwei Hände voll krümeligen Basaltgesteins waren alles, was ihn von dem Schicksal trennte, dem gleichen senkrechten Weg wie die Kutsche in sein eigenes Verderben zu folgen. Er verrenkte sich den Hals, um nach unten zu spähen, und erhaschte einen Blick auf die Kutsche. Oder besser das Treibholz und Strandgut, das ehemals eine Kutsche gewesen war.
    Rhys tastete sich auf der Suche nach einer Stelle, von wo aus er sich abstoßen könnte, prüfend mit einem Fuß vor. Sein Stiefel schrammte über glattes Klippengestein, indes fand er keinen festen Halt. Wären nur seine Finger nicht von der Kutschentür eingeklemmt worden! Dann hätte er gewiss mehr Kraft in seinen Händen, um sich festzuhalten, sich hochzustemmen und ein Bein über den Rand zu schwingen. So wie es derzeit um ihn stand, würde er schwerlich verhindern können, dass er über kurz oder lang in den wogenden Ozean stürzte.
    Seine Wahrnehmung wurde unscharf, kräuselte sich wie die Oberfläche eines Sees. Herr im Himmel! War es nicht eine Ironie des Schicksals? Er hatte endlich aufgehört, seinen eigenen Tod herbeizusehnen. Und noch am selben Tag schaffte es ein lächerlicher Kutschenunfall, ihn zu töten.
    Gott, er liebte Meredith. Er liebte sie so sehr. Jetzt hätte er niemals Gelegenheit, ihr seine tiefe Liebe einzugestehen. Er konnte einzig hoffen, dass sie es auf irgendeine unerfindliche Weise

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