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Zwei Toechter auf Pump

Zwei Toechter auf Pump

Titel: Zwei Toechter auf Pump Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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ähnlich. Am Haus vorbei lief ein schneller, tiefer Bach, der abwärts in den Fluß mündete. Es gab auch eine Bahnstation mit einem winzigen Bahnsteig ohne Dach. Man kam mit der Kleinbahn an. Eine keuchende Lokomotive mit Riesenschornstein schleppte drei hochbeinige Personenwagen und einen Güterwaggon.
    Mit dieser Bahn kam auch ich an. Onkel Alex und Tante Lisi standen auf dem Bahnsteig. Tante Lisi gab mir einen Kuß und musterte mich besorgt. Sie hatte ein großes, immer blasses Gesicht und eine wagnerische, korsettgepanzerte Figur. Onkel Alex schüttelte mir die Hand: >Willkommen, junger Mann!< Auch Willkens in Chauffeursuniform kam jetzt zum Vorschein, gab mir die Hand und nahm meinen Koffer. Tante Lisi streichelte mit ihren kleinen, ganz weichen Händen mein Gesicht: >Na, wir kriegen dich schon wieder hoch, mein Jungchen<.
    Es war mir peinlich, daß sie mich so als kleinen Jungen behandelte, nachdem mich Onkel Alex doch eben als richtigen Mann begrüßt und Willkens vor mir die Mütze gezogen hatte. Aber sie meinte es ja so gut.
    Nach dem Essen saß ich mit Onkel Alex und Tante Lisi vor dem Kamin und trank einen alten Sherry, der mich außerordentlich optimistisch und erwachsen stimmte. Dazu rauchte ich mit Heldenmut die dritte Zigarre meines Lebens.
    >Na, was willst du nun hier anfangen?< fragte Onkel Alex.
    Ich lehnte mich in den Sessel zurück. Das gute Essen, der schöne Wein, diese ganze Atmosphäre gediegenen, unbeschwerten Bürgertums, die mich umgab — es war nach den wüsten Jahren und dem wilden Leben in der Großstadt wie ein Traum: >Ausruhen!< sagte ich. >Nichts als ausruhen. Mich im Wald auf den Bauch legen, lesen, aber keine Zeitungen, kein Foxtrott (der gerade damals aufgekommen war)...<
    >Sehr vernünftig<, nickte Onkel Alex. >Also, du bist hier zu Hause. Nebenan ist die Bibliothek, wo Schnaps und Zigarren stehen, weißt du, und wenn dir mal nach einem kleinen Ausflug ist, brauchst du es bloß zu sagen. Recht hat der Junge, nicht wahr, Lislchen?<
    Tante Lisi, gewohnt, ihrem Manne immer zuzustimmen, schien aber nicht ganz einverstanden.
    Das klärte sich auf, als sie abends noch mal in mein Zimmer kam. Sie bückte sich ächzend nach einem Strumpf, der sich auf dem Bettvorleger kringelte, und setzte sich dann in den Sessel an meinem Bett.
    >Du freust dich sehr auf das Alleinsein?< fragte sie vorsichtig.
    >Ja! Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich darüber bin und wie ich euch danke, daß ich’s sein kann!<
    Sie lächelte und strich mir über das Haar. Dabei fiel mir ein, daß sie sich immer einen Sohn gewünscht hatte. Statt dessen hatte sie eine Tochter bekommen, die dann mit neunzehn Jahren bei der Geburt ihres ersten Kindes gestorben war. Das Enkelkind war mit dem Vater nach Südamerika gegangen, dort hatte er wieder geheiratet. Sie hatte es nie mehr gesehen.
    >Na, du hast ja noch zwei Wochen Zeit, dich zu erholen<, sagte sie dann.
    >Zwei Wochen?« Ich war so erschrocken, daß ich alle Form vergaß. >Aber du schriebst doch, daß ich die ganzen Ferien...<
    Sie war derart mit ihren Gedanken beschäftigt, daß sie meinen Formfehler gar nicht bemerkte: >Dann kommt nämlich Judith<, erklärte sie.
    >Judith? Doch hoffentlich nicht irgend so ‘ne Gans?<
    Sie sah mich streng an: >Es ist keine Gans, sondern die Tochter von Herrn Schultes, der uns das Haus hier gebaut hat. Mit der Mama Schultes bin ich seit zwanzig Jahren befreundet. Sie ist ein ganz entzückendes Mädchen, und außerdem spielt sie wunderschön Klavier.<
    >Wer? Frau Schultes?<
    >Nein, Judith natürlich.< Sie beugte sich vor, daß ihre Korsettstangen knarrten: >Weißt du, ich habe mir gedacht, du bist doch mit dieser Marion verlobt, und Judith ist auch verlobt...<
    >Gott sei Dank!«
    Sie überhörte meine Bemerkung: >... und da habe ich mir gedacht, ich könnte doch Judith auch einladen, dann fühlen sich die beiden jungen Leute nicht so allein, und du< — ihr Blick wurde wieder streng —, >du wirst dich als Kavalier benehmen und sie auch mal hinunter zum Tanzen führen; ihr könnt auch Tennis miteinander spielen...<
    >Spiele ich nicht.<
    >Na, dann könnt ihr zusammen schwimmen oder Waldspaziergänge machen oder musizieren — habe ich dir schon gesagt, daß sie so sehr schön Klavier spielt?<
    >Du hast es mir gesagt<, erklärte ich ergeben.
    Sie stand auf und lächelte mich an: >Ich weiß, daß du ein Kavalier bist, und daß du dir nichts aus anderen Mädchen machst, ist mir nur recht. Hast du nicht ein Bild von deiner

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