Zwei Toechter und drei Hunde
stehen, wirst du von der Walze eingeholt und geplättet. Nichts für mich, Colonel! Ich will leben, richtig leben, und zwar mit meiner Frau! Wir werden nicht gleich einen Babyladen aufmachen und nicht gleich die Wirtschaft komplett haben. Weder Fernseher noch Auto. Ich werde nur zwei Anzüge und sie drei Kleider haben und zwei kleine Zimmer höchstens, vielleicht im Anfang nur eins. Dafür aber werden wir uns haben und in unseren vier Wänden glücklich sein und viel Zeit füreinander haben. Um die Ferien brauchen wir uns nicht zu sorgen: wir haben ja beide unsere Eltern hier. Und dann, so ganz allmählich, wenn mein Gehalt steigt, werden wir auch so ‘n bißchen aufdrehen... Ich hab’ das alles mit meinem Vater besprochen, der natürlich zuerst auch sehr gegen meinen neuen Plan war. Dann aber hat er ‘ne Weile nachgedacht und gesagt: >Vielleicht hast du doch nicht so ganz unrecht, Junge, wenn du auf langsam und sicher gehst. Wenn ich mir so überlege, wie Mutter und ich uns über die ersten selbstverdienten Bettlaken und den Küchentisch gefreut haben, und dann die ersten anständigen Gardinen, und wie wir darin wohnten — wie die Fürsten. Jetzt haben wir den großen Laden hier und das Gut und noch so ‘n ganzen Haufen Krempel, den man auch angeblich haben muß... Nur von uns, von uns haben wir kaum noch was — Mutter und ich. Und ‘ne Ehe, wo Mann und Frau sich nicht gegenseitig immer das erste und wichtigste bleiben, glaub mir, das ist keine richtige Ehe.< Was sagen Sie dazu, Colonel?«
»Dein Vater ist ein kluger und aufrichtiger Mann ...«
»... und hat sich trotzdem breitwalzen lassen. Aber ich nicht.«
»Hast du mit Margot mal darüber gesprochen?«
»...‘türlich. Hundertmal, halbe Nächte lang. Aber, Sie sehen ja, sie glaubt mir nicht. Sie glaubt nicht daran, daß ich’s durchhalte. Aber vielleicht ist sie es selber, die Angst hat, schlappzumachen, und es darum auf mich abwälzt?«
Er verstummt und starrt vor sich hin, fährt dann wie aus tiefem Traum erwacht auf: »Ja, also — Colonel — vielen Dank und guten Erfolg!«
Er steigt aus. Und kaum, daß er die Wagentür geschlossen hat, erwacht Cocki, sich nunmehr unbedroht fühlend, zum rasenden Verteidiger seiner Höhle. Ich schaue in den Rückspiegel: Buddy steht mitten auf der Straße, im Staub meines Wagens, streicht sich die Haare aus der Stirn und starrt mir nach. Warum habe ich ihn eigentlich so gern? Vielleicht, weil er im Kern ein guter Kerl ist, ein guter, lieber und auch anständiger Kerl.
Man muß ihnen helfen, allen beiden. Jetzt kann ich mir wenigstens ein Bild davon machen, um was es zwischen ihnen geht. Aber wer von ihnen ist sich selbst klar? Beide? Oder keiner von beiden?
In München bin ich so gegen Mittag, habe Glück und finde eine Parklücke. Bevor ich essen gehe, beschließe ich, den Dicken abzufüttern, damit er im Lokal nicht so drängelt. Ich mache also die Kofferklappe auf, hole seinen Napf heraus und stelle ihn hinter den Wagen.
Ganz im Gegensatz zu sonst jedoch atmet er den Schüsselinhalt, den die Mama doch wieder, trotz Verbotes, bis zum Rand vollgefüllt hat, nicht ein. Er steht davor und bellt den Brunnen in der Mitte des Platzes an. Hat er vielleicht Durst? Ich hole seinen Wassernapf und fülle ihn am Becken. Stelle ihn neben sein Futter. Er blökt weiter. Ist ein anderer Hund in der Nähe? Ich sehe mich um — nichts. Ein paar Leute in der Umgebung werden aufmerksam.
»Cocki«, sage ich jetzt ärgerlich, »stell dich nicht so an! Ich nehme dir sonst den Napf wieder weg.« Er sieht mich an, bellt weiter und immer wütender, schaut verwundert:
>Ja, Menschenskind, begreifst du mich denn nicht? Du verstehst doch sonst alles! Da — Herrchen!<
Ich hocke mich neben ihn und folge seinem Blick, und dieser Blick ist starr auf einen der großen, zähnefletschenden Löwen gerichtet, die die Brunnenschale tragen. Ist es möglich, daß er die Form erkennt? Daß er sie nicht für einen Steinklotz, sondern für die Konkurrenz hält? Ich gehe auf den Löwen zu, streichele ihn, lege ihm eine Hand in den offenen Rachen: »Ist doch nichts, du Dummerle! Guck mal, ist ein ganz liebes Hündchen, tut dir überhaupt nichts!«
Und da kommt er angekrochen, zähnefletschend, auf dem Bauch, aber er kommt näher, unentwegt wedelnd, drängt sich dann dicht an mich und stößt mit der Nase gegen den Löwen. Dann plötzlich ist das Zittern aus seinem Körper wie weggeblasen, er sieht mich ganz gut und lustig an, schießt wie ein
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