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Zwei Toechter und drei Hunde

Zwei Toechter und drei Hunde

Titel: Zwei Toechter und drei Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G Bentz
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deinem schlafenden Gesicht den alten Marc sucht, den richtigen Marc, und sich verzweifelt fragt: Was habe ich denn falsch gemacht? Das kann doch gar nicht wahr sein! Warum — o Gott! — Soll ich dir sagen, was du jetzt denkst?«
    Er fährt zusammen, als habe ihn ein Schuß getroffen: »Wie — was — was ich denke?«
    »Du denkst: Quatsch nur weiter Goldschnitt, Opa, Poesiealbum und Blümelein — kommt ja gar nicht mehr in Frage für uns Supermänner! Wir lassen uns nicht fangen, wir lassen die Peitsche über unseren Weibern knallen, und sie lecken uns die Stiefel dafür! Aber in Wirklichkeit bist du ein kleines, mieses Hähnchen, das auf seinem ziemlich erheblichen Mist kräht. — Stimmt’s?«
    Hündchen Veilchenauge, das sich inzwischen eingeschlichen und sich Marcs Schuhsenkeln gewidmet hat, hat seinen einen Senkel erledigt, spuckt das Ende aus und nimmt den zweiten in Angriff. Marc starrt auf seine Hände, die er so heftig ineinandergeschlungen hat, daß die Knöchel weiß hervortreten. Wie zwei selbständige Wesen sind diese Hände, sie kriechen ineinander, als suchten sie Schutz vor etwas Entsetzlichem. Aber da ist kein Schutz. Seine Stimme klingt heiser: »Es stimmt nicht ganz. Vor allem haben Sie eine Sorte Angst bei mir vergessen.«
    »Und die wäre?«
    »Armut — kein Geld haben. Ich — ich glaube doch, daß Steffi sich rächt, wenn ich... Und dann herumgehen, um einen Auftrag betteln, irgend ‘ne kleine Bar umbauen oder Leute anpumpen und mir anhören müssen: >Sie könnten sich doch mit Ihrer Frau Mama aussöhnen! Ich würde Ihnen gern — aber im Moment bin ich leider selber etwas knapp<... Hausieren gehen, betteln und sehen, wie Susanne ihre alten Kleider wendet und mir das eine, dünne Schnitzel zuschiebt und lügt, daß sie bumssatt ist — arm! Jedermanns Beute, jedermanns Fußmatte. Kontrakte für ‘n Butterbrot, nur damit ‘n bißchen was ‘reinkommt! Kann ich nicht, Colonel, nein — kann ich nicht!« Er schreit plötzlich los: »Nein, will ich nicht!« Springt auf, und dann überstürzen sich die Ereignisse.
    Er springt auf, kippt in seinen entsenkelten Schuhen nach vorn und fällt — während Veilchenauge und Weffi nach beiden Seiten wegspritzen — mit dem Gesicht gegen den Schreibtisch. Der schwere Renaissanceleuchter, der darauf steht, fällt um, poltert ihm nach und trifft ihn genau auf den Kopf. In diesem Augenblick erscheint von oben das Frauchen: »Was ist denn passiert?« Hinter ihr in der Tür das bleiche Gesicht des Schloßgeistes, die Hand vor den Mund geschlagen, in den Augen ein fahler, triumphierender Schein: Ich wußte es ja — das kommt dabei ‘raus!
    Marc steht in der Gegend — auf Socken und hat eine blutige Nase. Seine Schuhe stehen noch brav unter dem Stuhl, und dazwischen sitzt das Wollknäuel. Es verdreht die Augen, krächzt, würgt und spuckt dann das zweite Metallende aus.
    »Mein Gott, du Ärmster!« sagt das Frauchen. »Geh mit ihm ins Bad, Hannes. Ein Lappen mit kaltem Wasser wird das beste sein. Ich hole gleich neue Senkel.« Und zu Peter: »Was hast du denn da gemacht?« Das Wollknäuel sieht sie veilchenblau und jammervoll an und macht dann vor Angst eine Pfütze auf den Teppich. Das Frauchen nimmt ihn unter den Arm und verschwindet. Weffi besichtigt sachverständig die Pfütze, und Marc putzt sich die Nase. Er steckt das blutige Taschentuch weg und sagt dann: »Ja, da bin ich also aus den Pantinen gekippt und habe mir eine blutige Nase geholt. Das Leben ist manchmal zweifellos symbolisch.«
    »Zweifellos«, sage ich.
    Marc sieht unruhig zur Terrassentür: »Ich werd’ mich jetzt mal dünnemachen. Ich wollte nämlich nicht, daß Susanne weiß, daß ich hier bin. Den Wagen hab’ ich im Dorf gelassen und hab’ mich durch die Hintertür bei euch ‘reingeschlichen. Aber jetzt sehe ich jemanden drüben hinter der Gardine, das könnte Susanne sein. Vielleicht hat sie es doch gemerkt. Sie merkt ja alles.«
    Er fädelt fieberhaft den ersten Senkel ein, den Frauchen brachte, während ich den zweiten einziehe. Marc ist fertig, murmelt ein hastiges Adieu und saust zur Tür, das blutige Taschentuch vor das Gesicht gedrückt. Im Augenblick, als er die Tür öffnet, steht Susanne auf der Schwelle: »Ich möchte wissen...«, beginnt sie und starrt dann mit entsetzten Augen auf sein Gesicht.
    »Entschuldige bitte«, murmelt er hinter dem Taschentuch, drückt sich vorbei und rennt in Richtung Dorf. Susanne sieht ihm nach. Dann wendet sie sich mit den Augen einer

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