Zwei Toechter und drei Hunde
Frau hängt, nicht nur erotisch, sondern weil er ohne ihre Empfehlungen und Honorare auf dem trockenen säße.«
Sie hat ihre Riesentasche geöffnet und sich die Nase geputzt. Jetzt schließt sie die Tasche mit einem Knall: »Ah — das ist gut, was Sie da sagen! Es gibt also eine ganz einfache Lösung. Ich stelle ihm — ohne Bedingung diesmal — alles Geld zur Verfügung, das er braucht, ich kaufe ihn einfach los von dieser Keks-Schlange.«
»Geht nicht.«
»Nicht?«
»Nein. Tut mir furchtbar leid. Sie haben einen Punkt übersehen: im Grunde liebt er doch Susanne, das ist mir bei der Aussprache mit ihm vollkommen klargeworden. Und alles, was er angestellt hat, tat er im Grunde nur, um ihr zu beweisen, daß er auch allein weiterkommt und ein richtiger Mann ist — und kein Muttersöhnchen.«
»Muttersöhnchen — Muttersöhnchen — Sie schenken mir aber auch gar nichts, Herr Zahnarzt! Und wie soll es weitergehen — wenn alles nicht geht?«
»Zunächst sollte man meiner Ansicht nach nur abwarten. Vielleicht passiert gar nichts. Vielleicht wird der Vamp seiner müde und sucht sich ein anderes Spielzeug. Oder es passiert ganz was anderes, woran wir überhaupt nicht denken. Das Schicksal hat ja tausend Wege und tausend Türen, die es auf- und zumachen kann. Vielleicht kann man auch etwas nachhelfen, ich habe keine Ahnung, wie — aber vielleicht...«
»Das ist ziemlich lahm, Herr Zahnarzt. Muttersöhnchen! Haben Sie eigentlich noch eine Mutter?«
»Ja, Gott sei Dank. Sie hat Ihnen vorhin die Tür aufgemacht — in der Schürze, was ihr streng verboten ist und was sie deshalb bei jeder Gelegenheit tut.«
»Das war — oh, das ist mir außerordentlich peinlich, und ich bitte Sie...«
»Wie konnten Sie das wissen? Ich habe also eine Mutter.«
»Und es freut mich, daß Sie meine Frage eben mit Gott sei Dank beantwortet haben. Aus Ihren Büchern kenne ich sie nur als eine sehr sympathische Figur, von der ich aber leider nicht wußte, ob sie wirklich existiert. Haben Sie immer mit Ihrer Mutter gelebt?«
»Nein, erst seitdem sie ausgebombt wurde.«
»Das ist lange her. Sie verdienen gut. Haben Sie niemals versucht, den früheren Zustand wiederherzustellen und ihr eine eigene Wohnung einzurichten?«
»Inzwischen war ich alt genug, um zu verstehen, was eine Mutter ist.«
Es blitzt in ihren Augen auf: »Ah!«
»Sie hat aber nie den Versuch gemacht, mir ihren Willen aufzuzwingen.«
»Danke!«
»Bitte.«
Sie zupft an ihren Handschuhen. Dann fragt sie mich mit dem kläglichen Versuch eines Lächelns: »Glauben Sie, daß Marc — daß die beiden auch mal einsehen werden — was eine Mutter ist?«
»Da es gute und normale Menschen sind, halte ich es für wahrscheinlich... Wenn Sie warten können, bis es in Freiheit geschieht, und wenn Sie nicht versuchen, sie durch Mitleid oder sonstige Pathetik zu erpressen.«
In ihren Augen flammt es wieder auf; der Blick einer zum Sprung gekauerten Löwin. Aber es gelingt mir, diesem Blick standzuhalten, bis sie als erste die Augen senkt. »Sie haben einer alten Frau ganz hübsch die Jacke vollgehauen, junger Mann!«
»Ich bin kein junger Mann — und Sie sind keine alte Frau. Sie sind ja noch nicht mal Großmutter.«
Sie horcht diesem letzten Satz nach wie einer ganz leisen Melodie der Verheißung: »Glauben Sie, daß die beiden, wenn mal was Kleines da ist und Susanne selber Mutter ist...?«
»Wenn Sie nicht versuchen, ihnen vorzuschreiben, wie sie ihr Kind erziehen sollen.«
»Sie schenken mir aber auch gar nichts!«
»Halten Sie Lügen für Geschenke?«
»Verzeihen Sie, ich war undankbar. Ich habe Ihnen so viel von Ihrer kostbaren Zeit...« Sie steht auf. Ich küsse ihr die Hand und tue es mit voller Genugtuung: »Es war mir eine Ehre und ein Vergnügen.«
Als ich sie hinausbegleite, kommt die Mama zum Abschied herunter. Sie hat sich umgezogen und trägt die große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft, die mein Urgroßvater vom alten Kaiser Wilhelm verliehen bekommen hat: »Kommen Sie noch zu uns hinauf«, sagt sie. »Wir haben sicher mehr Verständnis für Ihre Probleme als mein Filius.«
Die Adele-Augen sehen mich nachdenklich an, dann wendet sie sich meiner Mutter zu: »Sie sind sehr gütig, gnädige Frau, aber Ihr Sohn hat, glaube ich, als Mann durchaus verstanden, was ich nötig hatte. Und das hat er mir in reichlichem Maße verabfolgt.« Sie hält mir noch einmal die Hand hin: »Wenn Sie sich gelegentlich überzeugen wollen, ob Ihre Medizin gewirkt
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