Zwei Toechter und drei Hunde
Dann zerstreut sich die ganze Gesellschaft. Frauchen, die Mama und Margot mit Susanne besichtigen die alte Kirche. Teddy und ich spielen mit dem Coupé, indem wir die Gebrauchsanweisung aufschlagen und sie mit der Wirklichkeit vergleichen.
Der Professor hat sich mit Addi zu einem Spaziergang entfernt, und die beiden bleiben so lange, daß es schließlich sogar Teddy auffällt. Der Kirchenstoßtrupp sitzt schon an der Kaffeetafel und sieht recht hungrig aus. Teddy erwacht aus seinen Coupéträumen und schaut auf die Uhr: »Fünf — hm. Wo bleiben denn die beiden?«
»Apropos Uhr«, sage ich hastig, »die hier in deinem Wagen geht auch nicht richtig! Ich habe überhaupt noch keine richtiggehende Autouhr gesehen. Besonders diese elektrisch angeworfenen...«
Aber Teddy schaut nur auf die riesigen Eichen hinter der Kirche, in deren Schatten die beiden verschwunden sind. »Ziemlich wilder Mann, dein Enrico, hm?«
»Mach dich nicht lächerlich. Denk an die Sache im Krankenhaus.«
»Na schön. Aber — da kommen sie. Jetzt habe ich aber Kaffeehunger.«
Die beiden sehen ruhig und freundlich-harmonisch aus. Ich habe weder von Addi noch von Enrico erfahren können, worüber sie miteinander gesprochen haben. »Über Teddy und ihn, den Enrico«, das war alles, was mir Addi später hinwarf, wie man einem Hund ein Stück Brot vom Tisch wirft. Na schön.
Enrico entdeckt plötzlich, daß es höchste Zeit für seinen Aufbruch sei. Wir fahren in einem Höllentempo heim. Anette steuert seinen Wagen und legt einen Zahn vor, daß er ganz blaß daheim aussteigt: »Sportliche Fahrerin, deine Frau, alle Achtung! Jetzt muß ich packen und dann weg.«
Ich begleite ihn bis zum Ortsausgang und steige dort aus. Er hält meine Hand fest, als ich ihm auf Wiedersehen sage: »Bin dir wirklich dankbar für die beiden Tage! Dieses Susannchen — bezaubernd! Weißt du, was ich herausgefunden habe, als ich mit ihr im Schilf war?«
Ich stelle mich unwissend. Außerdem kann mich ja diese kleine Kröte, Susanne, angeschwindelt haben: »Ich wage nicht daran zu denken.«
»Keine Angst, alter Junge. Ich habe herausgefunden, daß sie diesen Schlawiner, ihren Mann, noch immer liebt! Das erste Erlebnis. Und noch was habe ich ‘rausgefunden: Addi, wunderbare Frau! Rasse, Humor und unbedingte Loyalität. Haupttreffer in der Ehelotterie. Wird natürlich von so ‘nem dicken Kerl gewonnen, der Waschmaschinen verkauft!«
»Teddy ist mein Freund, Enrico, das habe ich dir schon ein paarmal gesagt, und da hört bei mir die Gemütlichkeit auf.«
»Hu, was du für Augen machst! Physiognomie, die ich noch gar nicht kannte an dir! Ich glaube, mit dir ist nicht gut Kirschen essen, wenn du mal in Gang kommst!«
»Drum laß die Kirschen lieber in der Tüte, brother! Du hast keine Ahnung, was für ein wunderbarer Mensch Teddy ist.«
»Bezweifele ich nicht, um Himmels willen! Entgleisung meinerseits, alberner Hochmut, mir jetzt selber unverständlich.«
»Mir gar nicht. Du bist einfach eifersüchtig.«
Er wiehert wie ein Pferd und schlägt auf das Steuerrad: »Ausgezeichnet! Haargenau — aber eben völlig aussichtslos. Übrigens hoch interessant! Ich habe die beiden beobachtet, Addi und Teddy, besonders Addi, in ihrem Benehmen ihm gegenüber. Weißt du, was er für sie ist, außer Versorger, Vater der Kinder und Geliebter?«
»Keinen Schimmer.«
»Kind! Mach den Mund zu, sonst zieht’s! Kind, sage ich dir, lebenslanges Kind. Besonders jetzt, nach dem Infarkt. Die Kinder, die richtigen, sind im Begriff, das Nest zu verlassen. Können das mütterliche Herz nicht mehr ausfüllen. Vielleicht später noch mal, als so ‘ne Art zweiter Aufguß, bei den Enkeln. Aber jetzt — Teddy! Das arme, für die Familie abstrapazierte Herz, das geschützt werden muß und gehegt und gewiegt wie ein Säugling! Darum eben für mich — völlig aussichtslos! Selbst wenn die Frau in ihr auf mich angesprungen sein sollte — die Mutter würde ihr einen Tritt geben.«
»Sehr interessant, aber mir bekommt das Stehen nicht. Also entweder fährst du jetzt ab, oder wir gehen hier in die Wirtschaft.«
»Nein, fahre natürlich«, murmelt er geistesabwesend. »Irgendwo in der Mitte zwischen den beiden, wie gesagt. Entweder ganz unberührt, wo ich so was wie Lohengrin oder — bessere Lösung — junge Frau mit Erfahrungen. Witwe oder geschieden. Witwe wäre besser, oder nicht? Besser vielleicht geschieden? Dann hängt sie nicht mehr an dem anderen. Muß mir das noch sehr genau
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