Zwei Toechter und drei Hunde
Vielleicht zerhackt der Marc denen da drüben gerade die Kommode. Und auch mit dem Zimmermann kommt noch was nach! Zuletzt sind wir’s dann gewesen!«
Ich zische mein Glas Bier und stelle mich hinter sie. Drüben sind die Vorhänge im großen Zimmer zugezogen, und man sieht nur Schatten, die sich hinter der goldgelben Wand bewegen, bald tiefschwarz werden, wenn sie sich dem Vorhang nähern, und beängstigend wesenlos sind, sobald sie sich ins Innere des Raums entfernen.
»Man möchte ihnen so gern helfen«, meint das Frauchen.
Ich setze mich wieder an den Tisch: »Also mir langt’s jetzt!« sage ich beleidigt. »Ich habe das dumpfe Gefühl, daß ich mich für mindestens fünfzig Mark über Gebühr hinaus über diesen Zirkus aufgeregt habe.«
»Da kommt jemand aus dem Haus!« meldet die Mama.
»Addi!« sagt das Frauchen. »Sie läuft zu uns ‘rüber — ich mache auf.« Ihre Sandalen klappern die Treppe hinunter, die Mama starrt ihr nach. »Bestimmt hat er Susanne oder sich was angetan!«
Sie bricht ab, denn Addi und das Frauchen stürzen ins Zimmer.
»Du mußt ‘rüber und Marc bändigen!« sagt Frauchen zu mir.
Addi wirft sich an meine Brust: »Ach, Hannes, ich weiß, es ist eine Zumutung, du hast heute schon so viel — aber es ist Teddys wegen! Wegen seines Infarktes! Ich habe ihm bis heute abend soviel wie möglich ferngehalten, aber jetzt ist der Marc da ‘reingeplatzt...«
»Wie steht denn die Schlacht?« frage ich und stopfe mir noch schnell eine Essiggurke in den Mund. Es ist die reine Angabe, denn im Innersten habe ich nun doch Angst. »Bisher keine Toten und Verwundeten?«
Addi ist so ernst, wie ich sie selten sah: »Bis jetzt nicht. Aber wenn Teddy sich weiter so aufregt...« Ihre Augen füllen sich.
»Los, schnell«, sage ich.
»Trink nicht so viel drüben!« ruft die Mama hinter mir her.
»Ich komme auch mit«, erklärt das Frauchen. Ich nehme sie unter den Arm: »Ausgezeichnet, du übernimmst Susanne. Und ich schmeiße mich zwischen die Männer.«
»Also, was ist los?« frage ich Addi, als wir draußen im Garten sind, und in diesem Moment sehe ich die Sonne, wie sie sich anschickt, sich im See zur Ruhe zu betten. Am Rande des Horizontes liegt ein zarter violetter Schatten, den sich der Abend vor das Gesicht gezogen hat, wie eine mohammedanische Frau den Schleier. In seiner Lichtbrechung erscheint die Sonne als plattgedrückter dunkelroter Ball. Sie sieht ganz fremd und direkt drohend aus — so ein bißchen nach Weltuntergang — und stößt ein goldrotes Schwert quer über den See gegen uns.
Erst allmählich erfasse ich den Sinn dessen, was Addi erzählt: »...hat er erklärt, daß er Susanne umbringen wird, wenn er sie noch einmal mit diesem Zimmermann erwischt!«
»Was heißt hier erwischt?«
Addi bleibt auf halbem Weg stehen: »Na also, ganz so harmlos, wie dein Enrico und Susanne dir die Sache geschildert haben, war sie vielleicht wirklich nicht. Ich kenne meine Susanne!«
»Na, und wennschon — hat Marc vielleicht ein Recht?«
»Natürlich nicht, aber darum will er ja morgen zu dieser Circe fahren und ihr ihren Bau und alle sonstigen Aufträge vor die Füße schmeißen.«
»Na, großartig, endlich! Was macht denn Susanne?«
»Heult vor Glück. Aber Teddy...«
»Was ist mit Teddy?«
»Er hat Bedenken. Du darfst ihm das nicht übelnehmen! Wenn Marc nicht zu seiner Mutter zurück will und andererseits keine Aufträge mehr bekommt, haben wir die beiden auf dem Hals. Wir können sie doch nicht hängenlassen!«
»Marc hat ja schließlich sein Gehalt. Wir haben von weniger gelebt, als wir jung waren. Na, laß mal, ich werde mir den jungen Mann vorknöpfen.«
Als wir drüben ins Wohnzimmer treten, sehe ich Susanne im Kaminsessel. Auf der Sessellehne sitzt Marc mit hagerem, rotfleckigem Gesicht. Susanne hat ihr Gesicht in seinem Schoß und schluchzt. Margot steht auf und gibt ihr ein neues Taschentuch. Sie sieht teils interessiert, teils angewidert aus.
Am Eßtisch thront mit gefurchter Stirn und bedenklich rot im Gesicht Teddy. Sein Blick erhellt sich, als er uns sieht: »Nett von euch, daß ihr gleich mal gekommen seid! Addi, kümmere dich um Anette.«
»Nicht nötig«, sagt das Frauchen. Sie geht auf das wiederversöhnte Ehepaar zu und scheucht zunächst Marc von der Lehne: »Setzen Sie sich mal da ‘rüber an den Tisch zu den Männern.« Er gehorcht wortlos. Immer gehorcht er den Frauen! Dann nimmt Frauchen Susannes Kopf zwischen die Hände: »Na, na, na!«
Marc
Weitere Kostenlose Bücher