Zwei wie wir: Roman (German Edition)
eilig.«
Nein, es war nicht die erhoffte Wende, auf die man sich in Hollywoodfilmen verlassen kann. Der Held, der schon jede Hoffnung aufgegeben hat, wird doch noch gerettet. Das Paar, das man für immer verloren glaubt, findet doch noch zusammen. So war es nicht, denn das Leben ist kein Hollywood-Drama. Eher schon ein deutscher Autorenfilm. Hauptsache Probleme. Happy End? Igitt.
Inna stand vor mir. Zitternd vor Wut, schniefend vor Trauer. Sie räusperte sich und sagte: »Was soll das, Alex? Wieso tauchst du hier so einfach auf? Wie stellst du dir das vor?«
»Wie ich mir das vorstelle? Nicht so jedenfalls«, sagte ich und rang dabei um Fassung.
»Und? Ich bin auf eine Erklärung gespannt.«
»Entschuldige bitte, Inna. Aber müsstest du nicht diejenige sein, die mir etwas erklärt? Immerhin finde ich dich hier in den Armen von einem anderen Typen.«
Inna presste die Lippen zusammen und nickte. »Was genau verstehst du daran nicht?«
Ich ruderte hilflos mit den Armen in der Luft. Ich hatte in den zurückliegenden Wochen oft genug daran gedacht, wie es wohl wäre, wenn meine Auszeit zu Ende geht. Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet.
»Ich dachte, wir hätten so etwas wie eine Auszeit beschlossen, damit ich mir über das klar werde, was ich will. Nun, das habe ich getan. Und jetzt kommt es darauf wohl gar nicht mehr an.«
»Stimmt, Alex. Ich bin mir nämlich auch darüber klar geworden, was ich will. Mit diesem Risiko musstest du rechnen. Ich meine, du kannst nicht erwarten, dass du hundert Prozent Freiheit, aber null Prozent Risiko bekommst. So etwas gibt es nicht.«
»Nein, offenbar nicht«, sagte ich leise. »Aber erklär’s mir trotzdem. Gib mir eine Chance, es zu verstehen.«
Sie nickte. Wir setzten uns in einem Hinterhof auf eine Stufe vor einer Tür. Nach ein paar stillen Minuten begann sie zu reden. »Es war für mich selbst überraschend. Aber in dem Augenblick, in dem du damals vor vier Wochen zur Tür raus bist, ging es mir besser. Ich hatte Luft zum Atmen. Ich hatte Zeit zum Nachdenken. Jetzt sei doch mal ehrlich. Bei dir war es doch genauso, oder nicht? Es ging dir doch auch besser. Besser als vorher. Ich denke, das sollte uns zu denken geben. Natürlich, Trennungen sind immer unangenehm und fies. Da müssen wir wohl durch. Vielleicht kriegen wir es ja sogar einigermaßen friedlich hin. Das Schlimmste haben wir sowieso hinter uns. Immerhin sind schon einige Wochen vergangen.«
»Es ist also wirklich das Ende?«, fragte ich und verlor dabei den Kampf um meine Fassung. Ich hatte mit allem gerechnet. Nur hiermit nicht. Es fühlte sich an, als würde mir jemand die Brust mit einem Samurai-Schwert durchlöchern.
Inna zuckte mit den Schultern. »Das ist so typisch für dich, Alex. Erst kriegst du den Arsch nicht hoch. Benimmst dich total daneben. Machst dir über nichts Gedanken. Lässt dir alle Zeit der Welt. Aber wenn es zu spät ist, wenn du etwas verlierst, dann endlich erkennst du den Wert davon. Es geht immer nur um dich, dich, dich. Aber es wird dich wundern. Es kommt nicht immer nur auf das an, was du willst! So funktioniert es nicht. Schon gar nicht mit einem Partner. Darüber solltest du mal nachdenken.«
»Ich habe in den zurückliegenden Wochen nichts anderes getan.«
»Tja, leider ist das Leben in der Zwischenzeit weitergegangen.«
Ich rieb mir mit der Hand übers Gesicht. Ich ließ Innas Worte eine Weile sacken. Dann sagte ich etwas, von dem ich schon vorher wusste, dass es alles nur noch schlimmer machen würde. Aber darauf kam es auch nicht mehr an.
»Muss es wirklich so ein Idiot wie Robby sein?«
Inna sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen entsetzt an.
»Bist du sicher, dass du auf so ein Niveau sinken möchtest?«
»Nein. Aber muss es wirklich so ein Idiot wie er sein?«
»Dir ist wirklich nicht mehr zu helfen, Alex.« Inna stand kopfschüttelnd auf. »Ich glaube, das hier hat im Moment gar keinen Sinn. Ist auch egal. Wir haben es ja nicht eilig. Für die Scheidung müssen wir sowieso ein Jahr in Trennung leben.«
Sie hatte schon ein paar Schritte zurückgelegt, als ich endlich aus meiner Erstarrung erwachte und hinter ihr herrief: »Warte, Inna, geh nicht. Bitte.«
Sie blieb stehen und drehte sich um: »Dafür ist es zu spät, Alex.«
»Aber es gibt so viel, was ich dir sagen möchte!«
»Dass du Robby für einen Idioten hältst, oder was?«
»Nein, natürlich nicht. Oder doch, schon.«
»Weißt du was? Lass mich einfach in Ruhe.«
39
I n den folgenden Tagen
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