Zwei Worte bis zu Dir - Die Wildrosen-Insel 1: Ein Serienroman (German Edition)
setzte sich, füllte eines der Gläser mit Wasser und schob es über den Tisch.
»Das ist der Unterschied zwischen dir und Kim.« Vanessa setzte sich und nahm das Glas in die Hand. »Während sie mir für den erfolgreichen Eroberungsversuch regelrecht applaudieren würde, erhebst du mahnend den Zeigefinger gegen mich.«
»Nicht weil ich es dir nicht gönne, Vanessa, sondern weil es einfach nicht zu dir passt. Das bist nicht du. Die Vanessa, die ich kenne, lässt sich nicht auf den erstbesten Typen ein, nur um sich von den Gedanken an den Ex abzulenken.«
»Erstens ist Gregor nicht der Erstbeste, und zweitens war es eine Erfahrung, die ich …« Vanessa senkte den Blick.
»Die du was?«
»Die ich nicht missen möchte.«
»Und das soll ich dir glauben? Nach all der Zeit, die du wegen Lenny gelitten hast, willst du mir weismachen, dass du so einfach über ihn hinweg bist? Ausgerechnet jetzt, wo er plötzlich aus dem Nichts wieder auftaucht? Versteh mich nicht falsch, es wäre toll, wenn es so wäre, und niemand würde sich mehr darüber freuen als ich, aber die Methoden, zu denen du greifst, um dir selbst diese Unabhängigkeit einzureden, sind mehr als zweifelhaft.«
»Aber so ist das nicht. Wirklich nicht.« Vanessa blickte auf das Meer hinter den Dünen, als könnte es ihr bei ihren kläglichen Erklärungsversuchen weiterhelfen. »Vielleicht hat es als Ablenkungsmanöver angefangen, aber dann war es einfach unglaublich befreiend.«
»Befreiend«, wiederholte Carina mit einem Augenrollen.
»Könntest du das bitte lassen?«
»Was?«
»Mit mir zu reden, als wäre ich ein Schulmädchen, das beim Schwänzen erwischt worden ist. Du tust ja gerade so, als sei Sex etwas Schäbiges.«
»Da missverstehst du mich. Sex ist toll. Toller Sex erst recht.« Sie nippte an ihrem Wasserglas und musterte Vanessa aufmerksam. »Aber gerade weil er so toll ist, sollten wir ihn nicht einfach so verschenken.«
»Ich habe ihn nicht einfach so verschenkt, ich habe es einfach geschehen lassen. Und wenn man schon von einem Geschenk reden will, dann könnte man ebenso gut behaupten, dass Gregor mir ein Geschenk gemacht hat.«
»Ganz gleich, wie du es nennen willst, hast du auch nur einen Gedanken daran verschwendet, worauf du dich mit diesem Schritt eingelassen hast?«
»Aber genau darum ging es doch dabei: Ich wollte einmal in meinem Leben nicht nachdenken, einmal den Gefühlen das Kommando überlassen. Was haben mir meine Gedanken denn bisher eingebracht? Nichts als Grübelei und zwei einsame Jahre.«
Carina schob die Ärmel ihres korallenfarbenen Hemdes bis zu den Oberarmen hoch und seufzte. Es war an diesem Samstagmorgen wärmer als an den anderen Tagen der Woche, und der Regen des Vorabends hatte sich in einen Mix aus Sonne und Sommerahnung verwandelt.
»Grundsätzlich finde ich es ja auch toll, dass du dich wieder nach neuen Männern umsiehst. Für mich ist es nur mehr als fragwürdig, dass dein Nachbar ausgerechnet dann anfängt, interessant für dich zu werden, wenn Lenny wieder hier auftaucht.«
»Falls du denkst, ich will Lenny eifersüchtig machen … er weiß ja gar nichts davon. Niemand weiß es bisher.«
»Mir ist schon klar, dass du das getan hast, um dir selbst etwas zu beweisen. Aber das macht es nicht besser.«
Vanessa schwieg. Jedes Wort aus Carinas Mund machte ihr die verzwickte Situation, in der sie steckte, nur umso deutlicher. Hatte sie sich wirklich nur etwas vorgemacht? Warum schämte sie sich plötzlich für etwas, das ihr am Abend zuvor noch derart verlockend vorgekommen war?
»Ach Carina«, sagte sie mit verzweifeltem Blick, »wenn du doch nur endlich mit der Predigt aufhören könntest. Sag mir lieber, was ich jetzt tun soll.«
»Was du tun sollst?«
»Ich habe Gregor gestern Abend mehr oder weniger stehen lassen. Ein Kuss, ein paar belanglose Worte, und dann habe ich mich verabschiedet, als sei nichts gewesen.«
Carina fuhr sich mit den Fingern durch das kinnlange Haar, in dem wie so oft – wann immer sie vergaß, ihr Kopftuch umzubinden – winzige Farbkleckse zu sehen waren.
»Und dann?«, fragte sie mit aufmerksamem Blick.
»Na, nix und dann. Dann war ich weg und habe mich nicht mehr umgesehen.«
»Und er? Hat er es dabei belassen?«
»Keine Ahnung. Heute Morgen hat es einmal an der Tür geklingelt, ich bin aber nicht runtergegangen. Kurz darauf hat meine Mutter angerufen, was ich ebenfalls ignoriert habe. Entweder stand sie an der Tür, oder sie hat Gregor dort gesehen und wollte
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