Zwei Worte bis zu Dir - Die Wildrosen-Insel 1: Ein Serienroman (German Edition)
Fahrtwind alle überflüssigen Zweifel aus dem Kopf geblasen. Sie wollte nicht mehr zögern, das eigene Leben keinen einzigen Tag länger in der Warteschleife verlaufen lassen. So sehr Lennys Worte sie auch verletzt hatten, in einem Punkt hatte er recht: Verlangen konnte die Basis für Vertrauen sein. Und sie verlangte. Nach mehr. Nach sehr viel mehr. Nach Leidenschaft, nach Freiheit, nach absoluter Bedingungslosigkeit. Und im Augenblick kam alledem nichts näher als ihre Erinnerung an den Abend mit Gregor am Strand.
»Willst du dich nicht erst mal setzen?«, fragte Gregor.
Er deutete mit einer Handbewegung aufs Sofa, aber sie war zu aufgewühlt, um Platz zu nehmen. Stattdessen ging sie zum Fenster und schaute in den anbrechenden Abend hinaus. Von hier aus konnte sie ihr eigenes Grundstück auf der anderen Straßenseite sehen; dahinter war das Meer zu ahnen, das sich langsam in zunehmender Dunkelheit verlor.
Gregor kam näher, blieb neben ihr stehen und begann zu reden.
»Es tut mir leid, Vanessa.«
»Was tut dir leid?«, fragte sie, ohne sich umzudrehen.
»Das alles. Auch wenn du es mir vielleicht nicht glauben wirst, aber der Abend hat einen vollkommen anderen Verlauf genommen, als ich gedacht hatte. Ich mag dich. Ich mag dich sehr, aber …«
Nun drehte sie sich doch um. »Aber was?«, fragte sie mit erwartungsvollem Blick.
»Aber es ist sonst eigentlich nicht meine Art, die Dinge derart zu überstürzen.«
Vanessa lächelte. »Überstürzung ist eine sehr charmante Umschreibung des gestrigen Abends.«
»Schön, dass du verstehst, was ich meine«, erwiderte er, »aber was ich sagen wollte: Wir sind zwar schon seit einigen Jahren Nachbarn, und ich bitte dich auch schon seit langem immer wieder um ein Date, aber es gleich am ersten Abend so weit kommen zu lassen, das war … das war wirklich nicht mein Plan. Wirklich nicht. Ich bin sonst nicht so. Und erst recht nicht bei dir. Ich meine …« Er stockte. »Du bist etwas Besonderes, Vanessa. Und ich hatte mich so über deinen Anruf gefreut. Ich hätte nie gedacht, dass ich die Dinge gleich am ersten Abend überstürzen würde. Ich meine, du bist sexy, und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nie davon geträumt hätte … ich meine, wer würde das nicht? Aber als es dann passiert ist, war ich doch verwirrt. Ich hätte gedacht, dass wir …«
Instinktiv legte Vanessa ihren Finger auf seine Lippen, um ihre Hand gleich danach mit wissendem Blick wieder herunterzunehmen.
»Wenn jemand etwas überstürzt hat«, sagte sie leise, »dann wir beide. Nicht nur du. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, irgendetwas gegen meinen Willen getan zu haben.«
»Das ist schön zu hören.« Ein leicht rosiger Schimmer legte sich auf seine Wangen. »Aber so schön diese Erfahrung mit dir auch war, ich möchte nicht, dass sie uns den Anfang verdirbt, auf den ich so lange gewartet habe. Dazu bist du mir zu wichtig. Außerdem bin ich auch gar nicht der Typ für Schnellschüsse dieser Art.«
»Schnellschüsse«, wiederholte sie leise.
Nun lachten sie beide.
»Was ich sagen wollte«, setzte er seine Erklärungsversuche fort, »ich fände es einfach schade, wenn das gestrige Erlebnis unsere Bekanntschaft auf eine Ebene schieben würde, die es dir schwermacht, mich auch menschlich näher kennenlernen zu wollen. Ich würde gern von vorn anfangen. Ganz in Ruhe. Allein, um dir zu beweisen, wie wichtig du mir bist.«
Seine Worte waren geradezu rührend, und es beruhigte sie, dass er mehr in ihr sah als den süßen Höhepunkt eines Strandspaziergangs. Trotzdem erreichte er mit seinem Geständnis nicht, dass sie den Wunsch verspürte, es ruhiger angehen zu lassen. Im Gegenteil: Sein Streben nach einem Neuanfang weckte eine unerklärbare Neugier in ihr. Eine Neugier auf die Möglichkeiten, die der angebrochene Abend in sich trug.
Allein in seiner Gegenwart schien die Chance, ihre Gedanken völlig loszulassen, zum Greifen nah. Diese Gedankenlosigkeit war nach der Begegnung mit Lenny umso wichtiger geworden. Unweigerlich drängten sich die Bilder des Abends am Strand in ihren Kopf. Wie frei sie sich gefühlt hatte! So unbeschwert, so begehrenswert, so hemmungslos unbefangen.
»Ich finde es wirklich ehrenhaft, dass du mir beweisen willst, welchen Respekt du für mich empfindest«, sagte sie, während sie langsam auf ihn zuging. »Aber ich finde nicht, dass sich Respekt zwingend durch unnötige Warterei definieren muss.«
»Wie darf ich das verstehen?« Er
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