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Zweibeiner sehen dich an

Zweibeiner sehen dich an

Titel: Zweibeiner sehen dich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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lange aufhalten. Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich mich setze, oder?“
    „Aber bitte!“
    „Haben Sie in letzter Zeit irgend etwas von Zellini gehört?“
    „Von wem?“
    Tassen runzelte die Stirn und legte seine Zigarre auf dem Rand des Aschenbechers ab. „Sind Sie überhaupt schon wieder in Paris gewesen seit damals?“ Er sah ihn fragend an.
    „In Paris?“ fragte der junge Mann verdutzt. „Nein.“
    „Ich nehme an, daß Sie wissen, daß man Sie gefeuert hat.“
    „Wie bitte?“
    „Man hat Sie entlassen.“
    „Das wußte ich nicht.“
    Tassen sog an seiner Zigarre und starrte sein Gegenüber an. Einen Augenblick später meinte er: „Soviel ich weiß, waren Sie vor kurzem noch ein aufstrebender, junger Journalist. Dann kam die Sache mit dem Zweifüßler dazwischen. Dann folgte die Kletterpartie im Kaufhaus. – Sie sind wohl jetzt fein raus, wie?“
    „Natürlich.“
    „Es geht Ihnen also gut?“
    „Es geht mir gut.“
    Tassen sah verblüfft und beleidigt zu gleicher Zeit aus. „Wenn Sie keine Lust haben, mit mir zu sprechen …“ meinte er nach einer Weile.
    „Ich weiß nicht, wovon Sie reden.“
    Tassen blinzelte. „An was können Sie sich nicht erinnern?“ fragte er.
    „An nichts, was sich vor den Ereignissen im Kaufhaus abgespielt hat.“
    „Ach, so ist das“, sagte Tassen, „Sie haben also keine Lust, mir zu erklären, was es mit dem Zweifüßler auf sich hat, nicht wahr?“
    „Nein.“
    „Hm. – Auf jeden Fall ist es gut zu wissen, daß Sie wieder auf eigenen Füßen stehen. Ich nehme an, Sie haben in letzter Zeit nichts Nennenswertes geschrieben?“
    „Genau.“
    „Haben Sie Lust, wieder etwas zu machen?“
    „Ich habe darüber noch nicht nachgedacht“, erwiderte der junge Mann.
    „Es wird nicht leicht für Sie sein, einen Job bei einer der Berliner Zeitungen zu bekommen nach dieser ganzen Sache“, meinte Tassen. „Aber vielleicht könnten Sie freiberuflich arbeiten. Features oder einen Bericht über Ihre Erfahrungen im Kaufhaus.“ Er erhob sich und nahm eine Karte aus seiner Manteltasche. „Hier haben Sie meine Adresse. Falls Ich Ihnen irgendwie helfen kann …“ Er winkte freundlich, als er ging.
    Am nächsten Tag erinnerte sich der junge Mann an die Frucht. Er gedachte sie zu öffnen, bevor sie schlecht wurde. Die grüngelbe Schale war recht dünn. Das Innere bestand aus ziemlich unappetitlich aussehendem gelbem Fruchtfleisch. Julia aß eine Scheibe davon und fand, daß sie schmeckte. Der junge Mann nahm lediglich einen Bissen, den er aber sofort wieder ausspuckte. Das Fruchtfleisch war weich und unschmackhaft, irgendwie wirkte es ranzig. Seine Enttäuschung war so groß, daß er ins Grübeln verfiel.
     
    Die Umwandlungswelle bewegte sich langsam von der Erde weg. Die letzten Transformationen traten auf; römische Priester aus der Epoche des Julius Cäsar untersuchten Eingeweide von Geflügel auf Vorzeichen hin, fanden stinkenden Asphalt und prophezeiten den Untergang. Ein Regen blutigen Strohs bot eine kurze Sensation, zur Freude der Vergnügungsstadt ‚Kikume ru’ in der Antarktis im Jahr 3019. Eine Schrift erschien an der Wand eines babylonischen Palastes, die niemand zu deuten vermochte. Ein plötzlicher Temperatursturz unter Null fror in einer sibirischen Ebene Mammuts ein. Die Umwandlung verlagerte sich in Richtung auf den Sektor Wega, wo sie die intelligenten Kopffüßler des dritten Planeten verwirrte – und dies Millionen Jahre in der Zukunft und in der Vergangenheit. Auf der Erde hatten die wenigen Menschen, die über diese ungewöhnlichen Dinge Bescheid wußten, seit langem beschlossen, ihre Augen vor der Realität zu verschließen.
     
    Das schöne Wetter hielt bis Oktober an. Dann wurde es stürmisch und kalt, Schnee fiel und gelegentlich gab es auch Hagelschauer. An einem Abend im Spätnovember betrat der junge Mann die Bar des Presseclubs.
    Er stand einen Moment lang in der Tür und schüttel te den nassen Schnee von seinem Hut. Die Bar war nur halbgefüllt.
    Die kleinen grünen Telefonlichter glühten entlang der Theke und die Spiegel reflektierten das Licht vereinzelter Lampen.
    Emil, der Barkeeper, ein rotgesichtiger Sachse, nickte dem Ankömmling zu. „Guten Abend, Herr Naumchik. Wir haben Sie lange nicht mehr hier gesehen.“
    „Ich war in Westfalen, Emil. Geben Sie mir einen Long John. Aber einen Doppelten.“
    „Gerne.“ Emil langte nach einer Flasche und füllte ein Glas randvoll. Er stützte sich auf den Tresen und sagte „Jemand

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