Zweifel
gehen und Fiona ist eine Schnecke.
Als ich mit dem Tablett wieder in Richtung K ü che sprinte, packt mich pl ö tzlich eine kr ä ftige Hand am freien Arm. » Hey Kleiner, ich w ü rde gern bestellen. «
Wie in Zeitlupe segelt das Tablett vor meinen Augen zu Boden. Die Gl ä ser zerschellen und die Teller zerbrechen in gro ß e Scherben. Ein paar Idioten klatschen sogar. Das alles geht voll an mir vorbei. Ich bekomme eine G ä nsehaut. Diese Stimme kenne ich. Nicht die Hand, sondern sie war der Grund, warum mir das Tablett runter gefallen ist. Aber das kann doch nicht sein …
Ganz langsam und vorsichtig wende ich mich zu ihrem Besitzer um. Ein Paar eisblauer Augen blickt zu mir auf – leicht schuldbewusst, aber auch am ü siert. Jedenfalls scheint er genug Selbstbewusstsein f ü r uns beide zu haben, denn die peinliche Situation scheint ihn nicht im Geringsten zu belasten.
» Einen Kaffee, bitte, schwarz und eine Packung Zigaretten. «
Schwarzes Haar, hellblaue Augen, maskulines Gesicht, um die drei ß ig – wahnsinnig gut aussehend. Ich kenne ihn nicht. Wieso tr ä ume ich von ihm? Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen. Stumm nicke ich und mache mich von ihm los. Ich muss ohnehin zur Theke, um den Besen zu holen. Da kann ich gleich einen Kaffee und die Zigaretten – die er hier eh nicht mehr rauchen darf – mitbringen.
Wer ist der Kerl?
» Hey Fiona « , zische ich leise, als sie ebenfalls hinter die Theke kommt. Ich nicke in Richtung des Mannes. » Kennst du den? «
» Den Dunklen? « , fragt sie zur ü ck. » Klar, das ist dieser Nachrichtensprecher vom Radio Sazu mit der tollen Stimme. Gehst du nie ins Kino? Da lief doch letztens im Vorspann st ä ndig diese Werbung: ‚ Das Radio zeigt Gesicht . ‘«
» Ach so. « Jetzt geht mir ein Licht auf. Daher kenne ich seine Stimme. Aus dem Radio! Er moderiert auch diese Sendung sp ä tabends, die ich gelegentlich h ö re: ‚ Du bist nicht allein ‘ . Eine Kontaktsendung f ü r Homosexuelle. Nicht, dass ich da mitmachen w ü rde. So n ö tig habe ich es dann doch nicht.
Aber er hat eine tolle Stimme: Dunkel, warm … aber ganz klar. Nur wenn er leiser spricht, wird sie ein wenig rau und unwahrscheinlich sexy. Gestern Abend habe ich seine Sendung auch geh ö rt. Kein Wunder, dass ich von ihm dann bis in meine Tr ä ume verfolgt werde.
» Willst du eine? « , bietet er mir l ä ssig eine seiner Zigaretten an, als ich ihm den Kaffee vor die Nase stelle und die Packung daneben lege. » Quasi als Entsch ä digung f ü r den Schreck …«
Ich sch ü ttle den Kopf. » Danke, ich rauche nicht. «
» Ist auch besser so. « Er l ä chelt charmant zu mir auf.
Ich l ä chle fl ü chtig zur ü ck und k ü mmere mich dann um die Scherben, ehe noch jemand hineintritt. Die Nähe zu dem Mann verwirrt mich sehr. Ich spüre den Traum noch heiß in meinen Gliedern. Und jetzt sitzt er in der kalten Wirklichkeit neben mir. Es ist so surreal. Eigentlich sollte ich sauer auf ihn sein: Eine Zigarette als Entsch ä digung – ha! Dank dieses Schreckens arbeite ich die n ä chsten zwei Stunden umsonst. Kaputtes Geschirr wird von meinem Gehalt abgezogen. Obwohl Zigaretten teurer geworden sind, k ö nnte ich mir doch immerhin zwei gro ß e Packungen von dem Geld kaufen. Mistkerl. Andererseits kann er das ja nicht wissen.
Irgendwie habe ich das Gef ü hl, dass er mich beobachtet, als ich mich ans Werk mache. Da ich ihm den R ü cken zukehre, ist es nicht mehr als eine Vermutung … Aber ich habe den irren Verdacht, dass er mir auf den Arsch glotzt. Zumindest kribbelt der ganz sch ö n.
Nat ü rlich kann das auch Einbildung sein. Sehr wahrscheinlich ist es das. Vielleicht wegen dem Traum. Als ich mich von ihm entferne, finde ich mich selbst ziemlich l ä cherlich. Was sollte so ein hei ß er Typ mit meinem Arsch anfangen?
Keine f ü nf Minuten sp ä ter ist er dann auch nicht mehr allein und meine letzten Zweifel damit ausger ä umt. Ein blonder Sch ö nling hat sich ihm gegen ü ber niedergelassen. Wenn auch nicht auff ä llig, so flirten sie doch recht beharrlich miteinander. War zu erwarten. So ein cooler Typ setzt sich nicht in ein Cafe, nur um einen Kaffee zu trinken. Und das auch noch allein. Das ist v ö llig absurd. Der Traum ist zu Ende. Das hier ist die Wirklichkeit.
Ich konzentriere mich wieder auf meinen Job. Schlie ß lich muss ich zu ihrem Tisch und den Sch ö nling fragen, was er bestellen m ö chte. Dann brauchen sie mich auch nicht noch einmal so zu
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