Zweifel
Augenbraue blickte Sam seinen Freund an.
David wurde blass. »Einzelheiten?«
Die Versuchung, ihn aufzuziehen, war groß, aber Sam hatte Mitleid mit ihm. »Keine Sorge, David. Selbst wenn es Einzelheiten zu erzählen gäbe, würde ich dich damit verschonen.«
Es war ja nur eine winzige Lüge. Sam war der Meinung, dass die echten Details ohnehin niemanden etwas angingen. Am allerwenigsten jetzt, da er und Dean sowieso nicht zusammenkommen würden. Bevor David weitersprechen konnte, öffnete sich die Tür und der Gegenstand ihrer kleinen Unterhaltung trat in Person ein.
»Oh, Mann, da draußen friert man sich ja den Arsch ab.« Dean rieb sich die Hände und nickte seinen Arbeitskollegen zu. »Morgen, Leute.«
»Hi, Dean.« Mit einem zweideutigen Blick in Sams Richtung ging David wieder zu seinem eigenen Schreibtisch zurück und ließ sich in den Stuhl fallen. »Sam hat uns gerade von eurem netten Gespräch gestern Abend erzählt.«
Deans Gesichtsausdruck änderte sich nicht im Geringsten. Sam war äußerst beeindruckt.
»Ja, wir haben uns echt gut unterhalten«, stimmte Dean zu. »Ist das frischer Kaffee?«
»Ja.« Sam lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schenkte Dean ein – wie er hoffte –unverfängliches Lächeln. »Hab‘ ihn erst vor einer Viertelstunde gemacht.«
»Fantastisch.« Dean durchquerte den Raum mit schnellen Schritten, schenkte sich eine Tasse ein und begann, sie in kleinen Schlucken zu leeren. Genießerisch schloss er die Augen und leckte sich die Lippen. »Oh Gott, ihr habt keine Ahnung, wie sehr ich das jetzt gebraucht habe.«
»Hattest du zu wenig Schlaf?«, fragte David mit unschuldiger Engelsmiene.
Sam fühlte seine Wangen heiß werden. Er rollte seinen Stuhl herum und tat so, als wäre er ganz und gar in die Liste vertieft, an der er gerade arbeitete. ‚ Bitte sag jetzt nichts‘ , flehte er Dean in Gedanken an.
»Hab‘ geschlafen wie ein Baby, danke der Nachfrage«, entgegnete Dean fröhlich. »Aber auf dem Weg von der Bushaltestelle hierher hab ich mir echt den Arsch abgefroren. Ich mach‘ drei Kreuze, wenn mein Auto endlich repariert ist.«
Sam starrte weiterhin auf das Dokument auf seinem Bildschirm, nahm es aber nicht wirklich wahr. Neben ihm ließ Dean sich in einen Stuhl fallen und schlürfte seinen Kaffee. Die zufriedenen Laute, die er dabei von sich gab, erinnerten Sam lebhaft an letzte Nacht. Hätte er nicht solche Sorge gehabt, dass sein Gesichtsausdruck der ganzen Welt verraten würde, dass er mit Dean im Bett gewesen war, hätte es ihn eigentlich stören müssen, dass Dean an einem mittelmäßigen Kaffee ebensoviel Genuß hatte wie am Sex mit Sam.
Das Quietschen der sich öffnenden Eingangstür war geradezu eine Erlösung. Sam blickte auf und lächelte. »Hi, Andre.«
»Hi.« Andre öffnete den Reißverschluss seiner Jacke, streifte sie ab und warf sie oben auf die Garderobe. »Ich hasse den Winter.«
»Dito«, stimmte David ihm zu.
Andre schlenderte zu ihnen herüber und ließ sich seufzend in seinen Stuhl fallen. »Also, was machen wir heute?«
»Dean und David gehen noch mal zur Bibliothek, um die Geschichte des Grundstücks der South Bay weiter zu recherchieren«, meinte Cecile. »Sam und ich hatten vor, mit einigen Schülern zu sprechen. Ich bin mir nicht sicher, wie Bos Pläne aussehen.«
»Bos Pläne bestehen aus Bergen von Papierkram«, antwortete Bo, der gerade aus seinem Büro kam. In der Hand hielt er ein Zettelbündel, das verdächtig nach Rechnungen aussah, und hinters Ohr hatte er sich einen Stift geklemmt. »Andre, wir haben ein paar potentielle Klienten, die wir anrufen müssten, macht’s dir etwas aus, mal damit anzufangen? Sobald ich mit der Buchhaltung fertig bin, kann ich dir helfen.«
»Klar, kein Problem.« Andre streckte die Hand aus, um die Liste mit den Namen in Empfang zu nehmen, die Bo ihm reichte. Er legte sie auf seinen Schreibtisch. »Da wir morgen alle frei haben, schätze ich, dass wir am Freitag wieder zur Schule fahren, oder?«
Im ersten Moment wusste Sam nicht, was genau Andre meinte. Dann fiel es ihm wieder ein: Morgen war ja Thanksgiving. Zum ersten Mal in seinem Leben würde Sam einen Feiertag allein verbringen. Schon der Gedanke daran war deprimierend.
»Ja«, sagte Bo. »Wir treffen uns um acht Uhr morgens hier und fahren dann gemeinsam zur South Bay. Ich dachte, wir untersuchen die Tunnel am besten in der Gruppe. Auf diese Weise können wir sowohl Fotos als auch Video- und Audioaufnahmen machen und zusätzlich
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