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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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einer Verletzung. Und ganz anders als Angst.
    Nights Augen wurden schmal. »Du wirst doch nicht eifersüchtig sein?«, fragte sie lauernd. »Eifersucht ist menschlich.«
    Ban und Coy wechselten einen beunruhigten Blick. Cinna, die sich bisher abseitsgehalten hatte, trat etwas näher heran, immer noch unschlüssig und voller Furcht, aber fast schon wieder bereit, ihre Schwester zu verteidigen. »Natürlich denkt er an die andere«, fuhr Night fort. »Vermutlich liebt er sie. Was sollte er da mit dir anfangen, Mondmädchen?«
    Mo zuckte zusammen. »Er liebt sie nicht, er denkt nur, dass …« Sie wollte weiterreden, Night scharf zurechtweisen, doch etwas nahm ihr die Luft. Obwohl es nicht mehr regnete, war ihr Gesicht plötzlich nass und irgendein seltsamer Krampf schüttelte sie, ließ sie nur stoßweise atmen. Als würde ihr jemand den Brustkorb zusammendrücken. Zu spät erkannte sie, dass Night sie mit Absicht provoziert hatte. Vor Empörung wollte sie aufschreien, aber auch diesmal kam nur dieser seltsame, erstickte Laut aus ihrer Kehle. Es hörte sich an wie … Schluchzen. Jetzt bekam sie selbst Angst.
    »Sie weint«, flüsterte Coy halb fasziniert, halb angstvoll. »Was bedeutet das?«
    »Mondfieber«, erwiderte Ban mit Grabesstimme. »Er hat sie bereits verzaubert. Menschen können das.« Seine Augen wurden noch dunkler, als hätte Wut sie in unendlich tiefe Höhlen verwandelt. Mo konnte den Groll fühlen, der sich am Grund dieser Höhlen ballte, ein gewaltiges schwarzes Etwas, das wuchs und jeden Atem erstickte. Sie spannte alle Muskeln an.
    »Es reicht. Töte den Jungen«, sagte Night mit harter Stimme zu Ban. »Mach dem Ganzen ein Ende, bevor sie noch mehr Dummheiten macht.«
    Mo rannte gleichzeitig mit Ban los. Er war schnell, das wusste sie, aber heute würde sie schneller sein. Sie sah noch Nights entgeistertes Gesicht, als sie Ban mit einem gewaltigen Satz ansprang. Natürlich brachte sie ihn nicht zu Fall. Es war nur die Verblüffung, die ihn straucheln ließ. Der Schwung seines Taumelns schleuderte sie ein ganzes Stück weiter, aber sie landete geschickt und stellte sich ihm in den Weg.
    »Du wirst ihm nichts tun, Ban.« Ihre Stimme sank zu einem drohenden Grollen in ihrer Brust. Sie wusste, dass ihre Augen glühten und ihre Züge verzerrt waren. Sie zeigte ihr anderes, zorniges Gesicht, das sogar Night zögern ließ. Coy trollte sich sofort ein Stück in den Schatten. »Ihr habt es uns oft genug gesagt!«, stieß Mo hervor. »Cinna und ich sind Töchter des Mondes und stehen den Menschen näher als ihr. Und ihr ahnt nicht einmal, wie recht ihr damit habt. Jetzt werdet ihr sehen, wie nah wir ihnen sind!«
    »Mo, nicht!«, wisperte Cinna entsetzt.
    Aber Mo schloss die Augen und sandte den Ruf aus. Der Mond flackerte hinter ihren geschlossenen Lidern. Er hatte noch nicht seine ganze Kraft erreicht, aber schon jetzt genügte seine Magie. Heute schien sein kühles Licht ihre Haut zu versengen, doch sie sog es mit jeder Pore ein und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Sie straffte die Schultern und rief den Wind. Er erhob sich flüsternd mit Menschenstimmen und wurde zu einem Brüllen. Sturm zerrte an ihrem Haar. Als sie die Augen aufschlug, konnte sie sehen, wie die anderen sich duckten und aneinanderdrängten. Angst vibrierte wie ein fahles Flirren in der Luft. Die Ältesten fürchteten sich! Das war neu. Zum ersten Mal erkannte sie, dass sie tatsächlich stärker als Ban und auch stärker als Night war. Es war eine Erkenntnis, die ihr mehr Angst machte als die Magie. Gehe ich zu weit? Aber dann sah sie in Gedanken den Jungen vor sich und alle Schatten wurden zu weich fließender Wärme.
    Eine Handbewegung, und der Sturm wurde wieder zu Flüstern, ein verspielter Lufthauch zupfte an ihrem Haar. Coy wagte sich wieder ein Stück heran.
    Mo hob das Kinn. »Ihr irrt euch mit allem, was ihr über die Menschen denkt. Er wird mich sehen und mit mir sprechen. Ob ihr wollt oder nicht.«
    Cinna stieß einen klagenden Laut aus und auch Night wirkte mit einem Mal nur noch niedergeschlagen und sehr alt. Der Älteste rührte sich nicht, nur der Mond spiegelte sich in seinen aufgerissenen Augen.
    »Ich habe einen Plan. Aber dafür …« Mo schluckte und suchte Bans Blick. »… brauche ich eure Hilfe.« Niemand sagte ein Wort, sie waren wie erstarrt. Nur Cinna, die wusste, was Mo nun sagen würde, schlug die Augen nieder und schüttelte bekümmert den Kopf.
    »Ich werde ihn nicht zu uns holen«, flüsterte Mo.

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