Zweilicht
der Spur.«
grünes feuer
d ie Heizung war nicht mehr zu reparieren und mit dem Regen kroch die Kälte in jeden Winkel des Hauses. Jay hätte gerne mit Aidan geredet, aber Linda war herübergekommen und stand in der Küche, wo sie auf der Anrichte einen Haufen undefinierbarer Knollen zerkleinerte. Jay bemühte sich, wenigstens ein neutrales Gesicht zu machen, aber Linda ließ sich nicht täuschen. »Da, wo ich herkomme, nennt man das Essen«, bemerkte sie spitz. »Und wenn du meinen Kuchen essen konntest, wirst du das auch runterkriegen.«
»Bis jetzt sieht es so aus, als müssten wir sie roh essen«, kam es aus der Ecke, wo Aidan hinter dem Grill kniete und versuchte, die durchgerosteten Streben zu reparieren.
Jay wischte sich die ölverschmierten Hände an einem Lappen ab und ging ins Wohnzimmer, das mit Fahrrädern und Ersatzteilen vollgestellt war. Sicher zum fünfzigsten Mal wählte er Madisons Nummer. Wieder ertönte nur die Stimme ihrer Mutter auf dem Anrufbeantworter, immer noch der Spruch vom Sturmtag. Der Gedanke, dass Madison bereits allein zu ihm unterwegs sein könnte, beunruhigte ihn. Zu deutlich hörte er noch Ivys hasserfüllten Tonfall, wenn sie von Madison sprach. Kurz entschlossen schnappte er sich die Jacke und den Hausschlüssel.
»Aidan? Ich hau ab. Falls Matt sich aufregt, sag ihm, ich hole Madison ab.«
Linda blickte mit gerunzelter Stirn von den Knollen hoch. »Sie will doch nicht, dass jemand sie abholt. Ihr Vater mag keine Jungs. Hat sie mir jedenfalls neulich erzählt.«
Und wenn schon! Ich will nicht, dass ihr Ivy über den Weg läuft.
»Feathers?«, rief er. Er ging in den Flur und zerrte auch noch einen Schal vom Haken. Doch als er die Hand auf die Klinke legte, umschlangen ihn von hinten zwei Arme. Es war, als würde die Wirklichkeit wieder in ihre Balance zurückschwingen. Das Bild von Ivy und der Pistole verschwand wie weggeweht. »Matt hat mich durch die Werkstatt reingelassen«, sagte Madison atemlos. Er drehte sich um, dann umgab ihn wieder die schwebende Euphorie, die er schon bei ihrem ersten Kuss verspürt hatte.
»Ich habe mindestens hundertmal bei dir angerufen«, murmelte er und strich ihr eine schwarze Strähne aus der Stirn. »Und jetzt war ich gerade auf dem Weg zu dir.«
»Ich« – sie küsste seinen Mundwinkel – »habe dich auch vermisst! Sehr sogar, Jay!«
Und ich lasse mich von einer wildfremden Amokläuferin küssen und vergesse dich dabei sogar für ein paar Augenblicke. Mit einem Mal kam er sich wie ein Schurke vor.
Krallen klackten auf Holz, Feathers erschien an der Küchentür.
»Oh, ist das dein Hund?«, rief Madison.
»Ja, aber sei vorsichtig, neuerdings knurrt er und …«
Aber als Madison ohne Scheu auf Feathers zuging, warf er sich vor ihr auf den Rücken und winselte so welpenhaft, dass sie lachen musste. Schleimer, dachte Jay fassungslos. Matt war aus der Werkstatt getreten. »Du grillst doch mit uns, Maddy?«
Mit einem Mal verstand Jay, was sein Cousin gemeint hatte. Seit er hier war, hatte er Matt noch nie richtig lächeln gesehen, aber jetzt war alles Grobe, Mürrische aus seiner Miene verschwunden.
Madison zuckte bedauernd die Schultern. »Ich kann leider nicht lange bleiben. Meine Tante wartet. Es war schon schwierig genug, für eine halbe Stunde zu verschwinden. Ich wollte nur Jay sehen.«
Ein Gepolter über ihnen ließ sie alle aufblicken. Es hörte sich an, als würde eine Football-Mannschaft im oberen Stockwerk durch die Zimmer galoppieren. Etwas fiel scheppernd zu Boden und zerbrach.
»Schon wieder«, knurrte Matt. »Verdammte Waschbären!« Er griff nach einem Besenstiel, der in der Ecke lehnte, und machte sich auf den Weg nach oben. Feathers quetschte sich auf der Stiege an ihm vorbei und rannte voraus.
Madison trat an Jay heran. Ihre Hände fuhren unter sein Shirt und er erschauerte bei der Berührung. Ihre Fingerspitzen schienen zu glühen. Sie glitten hinauf über seine Brust, bis die Hand direkt über seinem Herzen lag. Sie stutzte. »Du hast ja den Kojotenanhänger abgenommen!« Dann ging ein Strahlen über ihr Gesicht, als hätte er ihr ein Geschenk gemacht. »Also hast du doch gemerkt, dass ich ihn nicht mag.«
Es wäre einfach gewesen, zu nicken und sich damit weitere Pluspunkte bei ihr zu sichern, aber das ließ sein Stolz nicht zu. Er mochte all das sein, was Charlie ihm bei dem letzten Streit an den Kopf geworfen hatte. Aber eines war er ganz sicher nicht: Jemand, der log, um sein Mädchen leichter
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