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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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los.«
    Aber sie machte keine Anstalten aufzustehen und auch Jay rührte sich nicht. Oben hatte das Poltern der Waschbärenjagd aufgehört und plötzlich war es unheimlich still, sogar Feathers hörte auf, sich hinter dem Ohr zu kratzen.
    »Sollen wir es versuchen?«, sagte Madison plötzlich.
    »Feuer zu machen? Nein, wir bräuchten richtigen Zunder dafür – und noch ein paar andere Sachen.«
    »Komm schon, nur ein Versuch!« Madison rieb sich die Hände. »Wenn wir hier nur herumsitzen, bis Aidan endlich ein Feuerzeug findet, erfrieren wir.«
    Jay betrachtete den Holzstapel. Die Traurigkeit pochte immer noch in seiner Brust, eine seltsam hohle Stelle, ohne Klang, ohne Echo.
    Wenigstens habe ich nichts zu verlieren.
    Wenig später kniete er auf dem Fliesenboden, vor sich ein weicheres, verbogenes Stück von einer Kiste, Holzwolle, Watte und Sägespäne aus Matts Werkstatt und in der Hand einen Kochlöffel aus hartem Holz. Er wusste nicht, warum, aber als er den Löffelstiel auf dem Weichholz ansetzte und begann, den Stiel zwischen seinen Händen zu drehen, schlug sein Herz so schnell, als hätte er Lampenfieber. Sieh dich nur an , spottete Charlie in seinen Gedanken. Du meinst, du kommst diesem Verrückten näher, wenn du dich genauso aufführst wie er? Du bist ja wirklich der Sohn deines Vaters!
    Ja, das bin ich , dachte er trotzig.
    Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf den Tag im Central Park, vor so vielen Jahren, auf Sonnenwärme auf seiner Haut und den Duft von Frühling. Es war wie eine Beschwörung. Einige Atemzüge lang schwebte er losgelöst von allem in dieser Erinnerung. Robin betrat die hohle Kammer in seiner Brust und alles wurde warm. In der Erinnerung sah er ebenso jung aus wie auf dem Foto. »Genau so, drillen, Jay!« Doch Jays Muskeln brannten schon von der Anstrengung und nichts geschah. Nach ein paar weiteren Minuten gab er auf und wischte sich über die Stirn. Zweiherz war fort. »Es geht nicht.«
    Aber Madison beugte sich tief über das Holzstück und hob es so behutsam hoch, als würde sie fürchten, es könnte zerbrechen.
    »Sieh nur!«, sagte sie andächtig. Sie hielt ihm das Holz mit der angebohrten Mulde vor den Mund. Jetzt sah er es auch: eine fadendünne Rauchsäule kräuselte sich aus der Mulde. »Es braucht Luft.« Wie in Trance hauchten sie beide vorsichtig auf das Holz. Ein Funke glühte überraschend hell auf.
    Sofort griff er auf Watte und die trockene Holzwolle über. Jay nahm die Feuerschale aus Madisons Händen und bettete sie in den Ofen. Gemeinsam kauerten sie sich vor die Klappe. Madisons überraschtes Lächeln ließ ihr Gesicht weich aussehen. »Ich fasse es nicht – du hast tatsächlich Feuer gemacht. Und es ist … grün!«
    »Das sind die Kabelreste im Ofen, die verbrennen«, erwiderte Jay ebenso fasziniert. »Es ist eine chemische Reaktion auf …«
    Sie lachte und küsste ihn so stürmisch, dass er den Halt verlor. Im nächsten Moment lagen sie Seite an Seite auf den kalten Fliesen, während die Hitze des Ofens sie bereits zu wärmen begann. Für einige Momente versank Jay in ihrer Nähe und war einfach nur glücklich. Es war Schweben zwischen Heiß und Kalt, Licht und Schatten.
    »Jay?«, raunte Madison ihm zärtlich ins Ohr. »Liebst du mich?«
    Das kam so unerwartet, dass es ihm die Sprache verschlug. Und obwohl sich alles in ihm immer noch danach sehnte, sie an sich zu ziehen, war ihm unbehaglich zumute. Irgendetwas in ihm wollte Madison nachgeben, aber ein anderer Teil wehrte sich mit aller Kraft. Es ging zu schnell, viel zu schnell. Und warum kam ihm genau in diesem Moment wieder Ivys Lachen in den Sinn?
    »Warum sagst du nicht einfach ja?«
    Weil es zwar keine Lüge wäre . Aber auch nicht die Wahrheit.
    »Wir kennen uns doch erst ein paar Tage«, erwiderte er vorsichtig. »Das ist nicht lange, jedenfalls noch nicht lange genug, um … von Liebe zu sprechen.«
    Liebst du Madison schon so sehr, dass du sie keinen Augenblick vergessen kannst? Aber warum war Ivy so sicher gewesen, dass er Madison tatsächlich liebte? Woher weiß man überhaupt, ob man jemanden liebt? Oder weiß nur ich es nicht?
    Madison konnte nicht verbergen, wie verletzt sie war. Hastig rappelte sie sich auf und klopfte sich die Späne von der Jacke. Ihr Gesicht glühte, und sie zwinkerte so oft, als würde sie versuchen, die Tränen zurückzuhalten. Das Schlimmste war, dass sie gar nicht wütend wirkte, nur unendlich enttäuscht und ratlos.
    »Madison!«, sagte er sanft. »Ich

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