Zweimal Hölle und zurück (German Edition)
…«
»Bitte sieh doch mal nach, ob Mutter uns empfangen kann!«, bat Laura und bewies einmal mehr die untadeligen Manieren, die ihr Adoptivvater, der Pfarrer, ihr beigebracht hatte. Auch gut. So vergnüglich es auch war, Ant verbal in den Arsch zu treten, es brachte uns nicht weiter.
Und da war es wieder: Mutter . Nicht: meine Mutter . Und war mein Eindruck falsch, oder sprach Laura inzwischen in wärmerem Ton über Satan? Fing sie gar an, den Teufel zu mögen? Würde sie sich in Zukunft bereitwilliger zu Untaten anstiften lassen?
Denn früher hatte sie Satan gehasst. In jüngster Zeit schien die Gesellschaft des Teufels sie jedoch nicht mehr zu stören , wenn Sie wissen, worauf ich hinauswill.
»Sofort«, flötete Ant und verschwand wie eine schillernde Seifenblase. Garrett starrte stur vor sich hin. Er vibrierte sichtlich vor Erwartung, wartete aber wie ein angeleinter Rottweiler auf sein Kommando. Laura versuchte, nicht zu erfreut zu erscheinen, und ich gab mir Mühe, meine Besorgnis zu verbergen.
Ich nahm mein Handy aus der Handtasche. Ich hatte meine abgenutzte Tasche (ich bin eine Schuh- und keine Handtaschenfetischistin) aus Sinclairs geschrottetem Auto geholt und in die Hölle mitgenommen, obwohl ich keinen Grund dafür nennen konnte. Hatte ich gedacht, ich würde in der Hölle Hunger auf Hotdogs bekommen oder Karussell fahren wollen?
Ich starrte mein Handy an und sagte mir wieder einmal, dass es völlig in Ordnung war, Sinclair nicht von meinem Tun und Treiben zu unterrichten. Er würde vor Sorge ausflippen, er würde das Haus zusammenbrüllen, er würde einen Nervenzusammenbruch erleiden, er würde mich zunächst in meinem Kopf anschreien und mir später, sobald er mich gefunden hatte, einen ermüdenden Vortrag halten. Ich spürte, wie mich bei der bloßen Vorstellung das Gähnen überkam.
Also simste ich, dass ich aufgehalten worden sei (wahr), aber so bald wie möglich zurückkommen würde (wahr), und dass er sich überhaupt keine Sorgen machen müsse (unwahr).
Denn wenn Sinclair sich auch in Gefahr begeben hätte … diese Überlegung machte mir die Entscheidung leichter. Mir war schon klar, dass ich mich wie eine Heldin aus einem Horrorfilm verhielt, Saw XXXVI oder etwas in der Art. Einer spontanen Eingebung folgend war ich mit dem Antichristen und einem verwilderten Vampir zur Hölle gefahren, ohne eine Menschenseele einzuweihen. Dafür verdiente ich es, den Kopf abgeschlagen oder mein Gesicht zerfressen zu bekommen, oder was auch immer einem eifrigen Drehbuchschreiber einfallen mochte. Aber das war schon in Ordnung, ich konnte alles ertragen, wenn nur Sinclair (einigermaßen) in Sicherheit war.
Sinclair? In der Hölle? Ausgeschlossen! Nur ein Mitglied des Sink-Leer-Clans fuhr dreimal innerhalb einer Woche in die Hölle, und das war gewiss nicht der Mann, der seine sämtlichen Angehörigen verloren hatte, bevor er hatte wählen dürfen.
Oh. Oh. Oh. Hatte … hatte ich mich gerade als eine »Sink Leer« bezeichnet? War es wirklich schon so weit mit mir gekommen? Wieder einmal war ich in die Hölle gereist, diesmal zur Rettung Antonias; wieder einmal musste ich mich mit der anderen Antonia herumärgern; in tausend Jahren erwartete mich eine sommerlose Zukunft; ich besaß keine Louboutin-Schuhe mehr, da Louboutin nie gelebt hatte … Und jetzt auch noch das ? Verflucht seist du, Satan, denn du vergiftest alles, was du berührst!
»Ich muss mich mal kurz setzen!«, stieß ich hervor und plumpste auf einen Stuhl. Und war zum ersten Mal froh, dass die Hölle ein Wartezimmer war. An Stühlen herrschte wahrlich kein Mangel. Aber sie waren reichlich unbequem, und das war, wie ich vermutete, beabsichtigt.
37
»Unerwarteter Besuch!«, rief Satan heiter, als sie mit Ant im Schlepptau ins Wartezimmer schwebte. »Was bin ich doch für ein Glückspilz!«
Wie immer sah Satan wunderschön und absolut entspannt aus. Sie nahm gern die äußere Erscheinung einer älteren Dame – einer hinreißenden älteren Dame – an und trug wie üblich ein umwerfendes Designerkostüm und ebensolche Schuhe. Ich versuchte zwar, wie Lots Weib den Blick abzuwenden (Laura hatte mir erzählt, wer diese Gestalt war und was ihr widerfahren war), konnte jedoch nicht umhin, die Herrin der Hölle anzustarren.
Heute trug Satan eine hervorragend geschnittene lohfarbene Kostümjacke aus einer Art Wollstoff. In der Hölle! Aber wenn Hitze Satan nichts ausmachte … und das musste wohl so sein, sonst hätte sie den Job ja nicht
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