Zweimal Hölle und zurück (German Edition)
offenbar einen Scheiß.
»Ihr habt es gesagt«, erinnerte er mich, als befänden wir uns noch im Sandkasten.
»Tja, also, ich nehme an, mein Ich aus dem ursprünglichen Zeitstrom hat es dir versprochen, aber muss das denn sofort sein?«
Ich hätte nicht erwartet, dass Garrett Antwort gab, doch er antwortete mir. Und hatte ich eine Gehirnerschütterung, oder hörte er sich tatsächlich sauer an? »Wenn es um den König ginge, würden wir dann noch hier stehen und reden?«
»Aber es geht nun mal nicht um den König.« Sobald dieser Satz über meine Lippen gekommen war, hätte ich mir am liebsten den Mund zugehalten. Wow. Ganz schön elitär, was? Der raffinierte, untote Wollhandwerker hatte nicht ganz unrecht. Ich jedoch auch nicht. Sinclair war der König: Sollten für ihn nicht andere Gesetze gelten als für normale Untote? Und ebenso für mich?
Ich hatte keine Ahnung, ob ich recht hatte, und war noch weniger daran interessiert, es herauszufinden. Als ich die Worte »… nicht um den König« aus meinem Mund kommen hörte, hatte der Teil von mir, der nicht die ältere Betsy werden wollte, beschlossen, dass ich Garretts Wünsche erfüllen würde.
»Ich weiß nicht, ob uns das gelingt«, warf Laura, die Spaßbremse, ein. »Es gibt so vieles in Mutters Heimat, von dem ich keine Ahnung habe. Aber immerhin kann ich uns hinbringen. Kann euch helfen, mit ihr zu reden und Antonia zu finden.«
»Das ist lieb von dir.« Ich bemühte mich um einen möglichst neutralen Ton. Hatte Laura je zuvor von Mom oder Mutter gesprochen, wenn von Satan die Rede gewesen war? Soweit ich mich erinnerte, hatte es früher immer nur sie oder meine Mutter oder diese böse Kreatur geheißen. Was wohl als Nächstes kam? Frühstück zum Muttertag? »Ich bin froh, dass du uns helfen willst, und Garrett sicher auch.«
»Ihr habt es versprochen«, nervte er wieder. Als Antonias Ehegatte würde er einen wunderbaren Hausmann abgeben. Er würde Pullover stricken und Antonia anweisen, den Rasen zu mähen. Eine typische Fünfzigerjahre-Spießerfamilie, mit Fangzähnen.
»Also, ich werde dir helfen«, versicherte Laura ihm.
Hmmm. (Viele Hmmms im Laufe der letzten Tage.) Mit anderen Worten: Es tut mir leid, und bitte nutze doch mein Bedauern aus, damit ich deinem Lakaien helfe. So musst du mich nicht erst groß überreden, ist das nicht gut so?
Lauras Miene drückte Ähnliches aus: Es tut mir leid, bitte lasst mich helfen! Es tut mir ja so leid!
Und genau so war es auch. Ich glaubte ihr. Es tat ihr ja so leid. Bis zum nächsten Mal.
Ich hasse Unentschlossenheit, besonders, wenn ich diejenige bin, die sie an den Tag legt. Lauras Angebot bedeutete zumindest eine Zeitersparnis. Und seit wann verzichtete ich auf Abkürzungen?
36
Die Hölle ist ein Wartezimmer.
Eine Wiederholung, stimmt’s? Sie haben das schon mal gehört, weil ich es Ihnen erzählt habe. (Übrigens: Toll, dass Sie so gut aufpassen!) Wobei ich die Vorstellung einer Hölle als Wartezimmer immer noch als bizarr und beunruhigend empfinde. Da ich Lavafälle, Flammen, Schreie der Verdammten, keine Parkplätze oder Rückfahrkarten und allgemeine Hoffnungslosigkeit erwartet hatte, war ein Wartezimmer eine erschreckend enttäuschende Entdeckung.
Und um das Schreckensbild noch scheußlicher zu machen, saß meine ekelhafte tote Stiefmutter, die andere Antonia, an ihrem angestammten Platz hinter dem Empfang, mithin an dem Platz, wo im Vorzimmer des Oberbosses dessen rechte Hand gesessen hätte.
Aber Ants Pflichten umfassten weitaus mehr, als nur die Verdammten oder auf Stippvisite Befindlichen willkommen zu heißen. Sie unterstützte Satan tatkräftig bei der schweren Aufgabe, die Hölle Tag für Tag und Tausende von Jahren zu leiten. Die beiden waren zwar keinesfalls Freundinnen, doch Ant hatte vor Satan einen Heidenrespekt, während Satan Ant andererseits dankbar dafür war, dass sie ihre (Satans) Tochter ausgetragen hatte.
Wer führte Satans Terminkalender? Wer sprach von der Lady der Lügen mit geradezu glühender Verehrung? Ich war überhaupt nicht überrascht, als ich erfuhr, dass es sich bei dieser Person um meine verhasste, abstoßende, abscheuliche Stiefmutter handelte.
»Sie hat keine Zeit«, sagte sie sofort anstelle einer Begrüßung. Ärgerlich stellte ich fest, dass Ant im Vorzimmer der Hölle eine hervorragende Assistentin abgab – zu Lebzeiten hatte sie nämlich im Beruf kläglich versagt. Aber ihr Modegeschmack war noch schlechter als früher. Vielleicht jedoch färbte
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