Zweimal ist einmal zuviel
einmal falsche Hoffnungen. Ich war immerhin keine sechzehnjährige Gans mehr, die einen Heiratsantrag erwartete. Ich erwartete lediglich einen Orgasmus, mehr nicht. Und ich hatte mir wahrhaftig mal wieder einen verdient. Den letzten Höhepunkt in männlicher Gesellschaft hatte ich gehabt, als Ronald Reagan noch Präsident gewesen war.
Ich warf einen prüfenden Blick auf die Fenster. Von oben bis unten beschlagen. So weit, so gut. Also dann, ran an den Speck.
Ich strampelte mir die Schuhe von den Füßen und zog mich bis auf den schwarzen Tanga splitternackt aus.
»Und jetzt du«, sagte ich zu Morelli. »Ich will dich sehen.«
Er brauchte keine zehn Sekunden, um sich auszuziehen, und davon ging auch noch die Hälfte für Knarren und Handschellen drauf.
Mir lief das Wasser im Munde zusammen. Morelli war noch imposanter gebaut, als ich ihn in Erinnerung hatte. Und dabei hatte ich ihn sowieso schon als ziemlich monumental in Erinnerung.
Er hakte einen Finger unter den Tangastring und zog mir mit einer geschmeidigen Bewegung das Höschen aus. Als er auf mich klettern wollte, stieß er sich den Kopf am Lenkrad an. »Ich habe es schon ewig nicht mehr in einem Auto gemacht«, sagte er.
Wir zogen nach hinten um. Dort fielen wir sofort übereinander her, Morelli im aufgeknöpften Jeanshemd und in weißen Sportsocken, ich voller neuer Zweifel.
»Wenn Spiro das Licht ausmacht, kann Kenny durch die Hintertür kommen«, sagte ich.
Morelli küßte mich auf die Schulter. »Roche würde es merken, wenn Kenny im Haus ist.«
»Und woran würde er es merken?«
Morelli seufzte. »Roche würde es merken, weil das ganze Bestattungsinstitut verwanzt ist.«
Ich machte mich von ihm los. »Davon hast du mir nichts gesagt! Wie lange wird das Haus schon abgehört?«
»Du willst doch jetzt hoffentlich aus einer Mücke keinen Elefanten machen, oder?«
»Was hast du mir sonst noch verschwiegen?«
»Das war alles. Ich schwöre.«
Ich glaubte ihm kein Wort. Er hatte sein Polizistengesicht aufgesetzt. Plötzlich fiel mir ein, daß er völlig unverhofft zum Abendessen aufgekreuzt war. »Woher wußtest du, daß meine Mutter eine Lammkeule gebraten hatte?«
»Das habe ich gerochen, als du die Tür aufgemacht hast.«
»Das glaubst du doch selbst nicht!« Ich nahm meine Handtasche vom Vordersitz und kippte sie zwischen uns aus. Haarbürste, Haarspray, Lippenstift, Tränengas, Taschentücher, Elektroschocker, Kaugummi, Sonnenbrille… schwarzes Kästchen. Verdammt!
Ich hielt Morelli das Gerät empört unter die Nase. »Du fiese Ratte! Du hast mir eine Wanze in die Tasche gesteckt.«
»Es war nur zu deinem Besten. Weil ich Angst um dich hatte.«
»Das ist widerwärtig. Das ist eine Verletzung der Privatsphäre! Wie konntest du das tun, ohne mich zu fragen?« Außerdem war es gelogen. Er hatte bloß Angst, ich würde ihm zuvorkommen und Kenny finden, ohne ihm etwas davon zu sagen. Ich kurbelte das Fenster hinunter und warf die Wanze im hohen Bogen auf die Straße.
»Scheiße«, sagte Morelli. »Das Ding ist vierhundert Dollar wert.« Er sprang aus dem Wagen, um das Gerät zu suchen.
Ich zog die Tür zu und verriegelte sie. Er konnte mir mal im Mondschein begegnen. Wie hatte ich nur so blöd sein können, mit einem Morelli zusammenzuarbeiten? Ich kletterte nach vorne und rutschte hinter das Lenkrad.
Morelli versuchte die Beifahrertür zu öffnen, aber sie ging nicht auf. Ich hatte alle Türen verriegelt. Von mir aus konnte er sich ruhig den Schwanz abfrieren. Er hatte es verdient. Ich gab Gas und ließ ihn in Hemd und Socken auf der Straße stehen, den Ständer auf Halbmast.
Nach ein paar Minuten kamen mir Bedenken. Wahrscheinlich war es keine geniale Idee, einen Bullen mitten in der Nacht nackt auf der Straße auszusetzen. Was wäre, wenn nun ein Verbrecher vorbeikäme? Am Ende konnte Morelli in seinem Zustand noch nicht einmal weglaufen. Okay, an mir sollte seine Rettung nicht scheitern. Ich wendete und fuhr in die kleine Seitenstraße zurück. Morelli hatte sich in der Zwischenzeit nicht vom Fleck gerührt. Er stemmte die Hände in die Hüften und machte ein wütendes Gesicht.
Ich bremste ab, kurbelte das Fenster hinunter und warf ihm seine Waffe hinaus. »Nur für den Fall des Falles«, sagte ich. Dann trat ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und schoß davon.
14
Ich schlich leise die Treppe hinauf und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als ich heil in meinem Zimmer angekommen war und die Tür hinter mir
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