Zweimal ist einmal zuviel
hatte sie garantiert einen Generalschlüssel, und sobald wir weg waren, würde sie sich Spiros Lager trotz ihrer Sargphobie vornehmen und feststellen, daß es leer war.
»Die Särge sind verschwunden«, sagte ich. »Die Halle ist leer.«
»Das ist unmöglich! So leicht läßt sich eine Ladung Särge nicht beiseite schaffen. Die waren doch bis unter die Decke gestapelt. Hier fahren zwar ständig Laster vor, aber ich hätte mitbekommen, wenn jemand Särge eingeladen hätte.«
»Lagerraum 16 liegt ziemlich weit hinten«, sagte ich. »Von hier aus kann man ihn nicht sehen. Vielleicht sind sie nicht alle auf einmal abtransportiert worden.«
»Wie sind die Diebe reingekommen?« wollte sie wissen. »Haben sie das Schloß aufgebrochen?«
Ich konnte ihr nicht sagen, wie sie sich Zugang verschafft hatten. Das Schloß war unbeschädigt, und Spiro hatte mir versichert, daß er den Schlüssel nicht aus der Hand gegeben hätte. Natürlich konnte das eine Lüge sein.
»Ich würde gerne eine Liste Ihrer Kunden sehen«, sagte ich. »Außerdem wäre es hilfreich, wenn Sie überlegen würden, welche Laster in der Nähe von Mr. Stivas Lagerraum geparkt waren.«
»Er ist versichert«, sagte sie. »Wir verlangen von allen Kunden, daß sie eine Versicherung abschließen.«
»Um sich an die Versicherung zu wenden, müßte er Anzeige erstatten, und zur Zeit möchte Mr. Stiva die Sache noch vertraulich behandeln.«
»Um ganz ehrlich zu sein, ist es mir auch lieber, wenn es nicht an die große Glocke gehängt wird. Die Leute sollen ja nicht denken, daß ihre Sachen bei uns nicht sicher sind.« Sie druckte mir eine Kundenliste aus. »Das ist der aktuelle Stand. Wenn jemand sein Lager räumt, bleibt er noch drei Monate gespeichert, dann wird er automatisch aus der Datei gelöscht.«
Morelli und ich überflogen die Liste, aber wir kannten keinen der Namen.
»Muß man sich bei Ihnen ausweisen?« fragte Morelli.
»Wir lassen uns den Führerschein zeigen«, sagte sie. »Die Versicherung besteht darauf.«
Ich faltete den Computerausdruck zusammen und steckte ihn ein, dann gab ich Roberta meine Visitenkarte und bat sie, mich anzurufen, falls sie sich noch an etwas erinnerte. Im Gehen fiel mir ein, sie zu bitten, die anderen Lagerräume zu überprüfen. Vielleicht waren die Särge ja gar nicht abtransportiert worden, sondern nur in eine andere Halle gebracht worden.
Als wir wieder im Jeep saßen, gingen Morelli und ich die Liste noch einmal durch, kamen aber keinen Schritt weiter.
Roberta kam aus dem Büro. In der Hand hielt sie einen Schlüsselbund, das Handy hatte sie in die Tasche gesteckt.
»Die große Sargsuche«, sagte Morelli und sah ihr nach, bis sie hinter den ersten Lagerräumen verschwunden war. Er machte es sich auf seinem Sitz bequem. »Ich verstehe das nicht. Warum klaut jemand Särge? Sie sind groß, unhandlich und so gut wie unverkäuflich. Hier stehen doch bestimmt genug Sachen herum, die wesentlich einfacher zu verscherbeln wären. Warum also Särge?«
»Vielleicht braucht der Dieb welche. Könnte doch sein, daß irgendein am Hungertuch nagender Leichenbestatter sie geklaut hat. Einer wie Mosel. Seit Stiva expandiert, geht es mit ihm bergab. Vielleicht wußte Mosel von den Särgen und hat sich eines Nachts hier eingeschlichen, um sie sich unter den Nagel zu reißen.«
Morelli sah mich an, als ob ich vom Mars käme. »Könnte doch sein«, sagte ich. »Es gibt nichts, was es nicht gibt. Wir sollten uns mal umsehen, ob irgendwer Tote in Spiros Särgen aufbahrt.«
»O Mann.«
Ich zog den Schulterriemen meiner Handtasche hoch. »Bei Bues' Aufbahrung gestern abend war auch ein gewisser Sandeman. Kennst du ihn?«
»Ich habe ihn vor zwei Jahren bei einer Drogenrazzia festgenommen.«
»Ranger hat mir erzählt, daß Sandeman genau wie Moogey in der Tankstelle gearbeitet hat. Er soll auch an dem Tag dagewesen sein, als Moogey ins Knie geschossen wurde. Ich wollte nur wissen, ob ihr ihn schon verhört habt.«
»Nein. Noch nicht. Scully bearbeitet den Fall. Er hat Sandeman befragt, aber es ist nicht sehr viel dabei herausgekommen. Die Schießerei fand im Büro statt, und zu der Zeit hat Sandeman in der Werkstatt an einem Wagen gearbeitet. Bei dem Krach der Maschinen hat er nicht einmal den Schuß gehört.«
»Ich dachte, ich frage ihn mal, ob er was von Kenny weiß.«
»Leg dich nicht mit Sandeman an. Der ist ein Wichser. Mies drauf und gefährlich.« Morelli holte seine Autoschlüssel aus der Tasche. »Aber ein
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