Zweimal ist einmal zuviel
in Braddock gemacht? Wo hat er gearbeitet?«
»In einem der Lagerhäuser.«
»Und wo wurden die verschwundenen Waffen gelagert?«
»Nebenan, aber Kenny hatte dort auf jeden Fall Zutritt.«
»Aha!«
Morelli lachte. »Werde bloß nicht übermütig. Daß Kenny im Lager gearbeitet hat, ist noch lange kein Beweis für seine Schuld. Hunderte von Soldaten gehen dort ein und aus. Und was Kennys Reichtum betrifft… Er könnte dealen, beim Pferderennen gewonnen haben oder Onkel Mario erpressen.«
»Ich glaube, er handelt mit Waffen.«
»Das glaube ich auch«, sagte Morelli. »Wißt ihr schon, wie er das Zeug weggebracht hat?«
»Nein, wir tappen noch im dunkeln. Er könnte alles auf einmal oder auch nach und nach abtransportiert haben. Die Bestände werden nie überprüft, es sei denn, es wird etwas gebraucht oder es ist etwas, wie in diesem Fall, als Diebesgut aufgetaucht. Zur Zeit sammeln wir Hintergrundinformationen über Kennys Armeefreunde und seine Kollegen im Lager. Bis jetzt haben sich aber noch keine Verdachtsmomente erhärtet.«
»Und wie machen wir jetzt weiter?«
»Ich dachte, Ranger könnte uns vielleicht helfen.«
Ich hatte mich bereits hinter das Telefon geklemmt.
»Yo«, meldete sich Ranger. »Ich hoffe, du hast gute Nachrichten.«
»Vielversprechende«, antwortete ich. »Können wir uns zum Mittagessen treffen?«
»Um zwölf, bei Big Jim.«
»Wir werden zu dritt sein«, sagte ich. »Du, ich und Morelli.«
»Ist er bei dir?« wollte Ranger wissen.
»Ja.«
»Bist du nackt?«
»Nein.«
»Es ist ja noch früh am Tag«, sagte Ranger.
Es klickte in der Leitung, und ich legte auf.
Nachdem Morelli gegangen war, rief ich Dillon Ruddick an, den Hausmeister. Er war ein netter Kerl und ein guter Freund. Ich schilderte ihm mein Problem, und eine halbe Stunde später stand er mit einem Werkzeugkasten und einem Eimer Farbe vor der Tür.
Während er die Tür reparierte, fing ich an zu streichen. Bis die Schmierereien wirklich weg waren, mußte ich sie dreimal überpinseln, aber um elf war die Wohnung frei von Drohungen, und neue Schlösser waren auch eingebaut.
Ich duschte, putzte mir die Zähne, fönte mir die Haare und zog Jeans und einen schwarzen Rollkragenpulli an.
Ich rief meine Versicherung an und meldete den Jeep als gestohlen. Ich erfuhr, daß mir kein Leihwagen zustand und daß ich mit der Zahlung erst in dreißig Tagen rechnen könnte, falls das Auto bis dahin nicht wiederaufgetaucht war. Ich hatte gerade mit einem enttäuschenden Seufzer aufgelegt, als das Telefon klingelte. Noch bevor ich den Hörer abgenommen hatte, merkte ich an dem plötzlichen Drang, laut loszuschreien, daß es nur meine Mutter sein konnte.
»Hast du den Wagen schon zurückbekommen?« fragte sie.
»Nein.«
»Mach dir keine Sorgen. Wir haben uns etwas überlegt. Du kannst Onkel Sandors Auto haben.«
Onkel Sandor war letzten Monat im Alter von vierundachtzig Jahren in ein Pflegeheim gekommen und hatte den Wagen seiner einzigen noch lebenden Schwester, Grandma Mazur, vermacht. Allerdings hatte sie nie Auto fahren gelernt, und es stand auch zur Erleichterung meiner Eltern und der restlichen Menschheit nicht zu befürchten, daß sie es auf ihre alten Tage noch nachholte.
Obwohl man einem geschenkten Gaul bekanntlich nicht ins Maul schaut, wollte ich Onkel Sandors Auto wirklich nicht haben. Es war ein hellblauer 1953er Buick mit weißem Dach und Weißwandreifen, die so breit waren, daß sie auf einen Bagger gepaßt hätten. Er hatte Ähnlichkeit mit einem kleinen Wal und fraß einem bei seinem Benzinverbrauch wahrscheinlich die Haare vom Kopf.
»Das kommt gar nicht in Frage«, sagte ich zu meiner Mutter. »Es ist wirklich ein reizendes Angebot, aber der Wagen gehört Grandma Mazur.«
»Deine Großmutter möchte, daß du ihn bekommst. Dein Vater ist schon auf dem Weg zu dir. Fahr vorsichtig, hörst du?«
Verdammt. Ich schlug die Einladung zum Essen aus und legte auf. Ich schaute nach Rex, um sicherzugehen, daß er den Schock des gestrigen Abends einigermaßen verkraftet hatte. Er schien guter Dinge zu sein, also gab ich ihm noch rasch ein Stück Brokkoli und eine Walnuß, bevor ich nach unten ging, um auf meinen Vater zu warten.
Von weitem näherte sich ein satt röhrendes Motorengeräusch. Ich konnte nur beten, daß es sich nicht um den Buick handelte.
Als sich die wulstige Schnauze des Autoungetüms um die Ecke schob, schlug mein Herz im Takt der stampfenden Kolben. Es war der Buick in all seiner Pracht, nicht
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