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Zweimal ist einmal zuviel

Zweimal ist einmal zuviel

Titel: Zweimal ist einmal zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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darauf? So todlangweilig, wie es hier ist.« Grandma steckte den Kopf zu mir herein. »Du bist doch wohl nicht schwanger?«
    Einmal in der Woche ließ sich meine Großmutter die Haare waschen und legen. Bis zum nächsten Friseurbesuch schlief sie dann anscheinend mit dem Kopf über der Bettkante, da ihre adretten kleinen Wellen zwar mit der Zeit ein wenig an Präzision einbüßten, aber nie wirklich durcheinandergerieten. Heute sah sie aus, als ob sie ihre Haare mit Wäschestärke eingesprüht hätte und dann in den Windkanal gekommen wäre. Ihr Kleid war vom Schlafen zerknittert, und sie trug rosa Pantöffelchen. Ihre linke Hand war verbunden.
    »Was macht deine Hand?« fragte ich.
    »Es pocht ein bißchen. Ich schlucke lieber noch ein paar von den Pillen.«
    Trotz des Bügelbretts und der Nähmaschine hatte sich mein Zimmer in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert. Es war ein kleiner Raum mit nur einem Fenster. Die schweren weißen Wintervorhänge wurden in der ersten Maiwoche abgenommen und durch Stores ersetzt. Die Wände waren mattrosa gestrichen, die Fußleisten weiß. Auf dem Bett lag eine gesteppte Tagesdecke mit rosa Blümchenmuster, das im Laufe der Zeit durch häufiges Waschen etwas verblaßt war. Ansonsten standen in dem Zimmer ein schmaler Kleiderschrank, eine Kommode und ein Nachttisch aus Ahornholz, darauf eine Lampe mit einem Milchglasschirm. An der Wand hing noch mein High-School-Abschlußfoto und eine Aufnahme von mir als Majorette. Ich hatte es zwar in der Kunst des Taktstockwerfens nie zu großer Meisterschaft gebracht, dafür aber immer eine gute Figur gemacht, wenn ich auf den Football-Platz marschierte. Einmal war mir bei einem Auftritt in der Halbzeitpause der Stock im hohen Bogen aus der Hand geflogen und mitten zwischen den Posaunen der Schulkapelle gelandet. Noch bei der Erinnerung überlief es mich heiß und kalt.
    Ich holte meinen Wäschekorb nach oben und stellte ihn in die Ecke. Essensdüfte zogen durch das Haus, und das Klappern des Geschirrs drang bis in den ersten Stock herauf. Mein Vater, der im Wohnzimmer vor dem Fernseher saß, drehte den Ton lauter, um gegen das Geschepper aus der Küche anzukommen.
    »Stell es leiser!« rief meine Mutter. »Sonst werden wir noch alle taub.«
    Mein Vater tat so, als hätte er nichts gehört.
    Als ich zum Essen nach unten ging, vibrierten meine Zahnplomben, und ich hatte ein nervöses Zucken im linken Auge.
    »Ist das nicht schön?« sagte meine Mutter. »Die ganze Familie um den Tisch versammelt. Schade, daß Valerie nicht auch da ist.«
    Meine Schwester Valerie war seit hundert Jahren mit demselben Mann verheiratet und hatte zwei Kinder. Valerie war die »normale« Tochter.
    Grandma Mazur, die mir gegenübersaß, machte mir regelrecht angst mit ihren ungekämmten Haaren und dem nach innen gekehrten Blick. Um es mit den Worten meines Vaters zu sagen: Das Licht war an, aber es war niemand zu Hause.
    »Wie viele Kodeintabletten hat Grandma bis jetzt genommen?« fragte ich meine Mutter.
    »Soweit ich weiß, nur eine«, antwortete sie.
    Mein Auge zuckte, und ich legte schnell den Finger darauf. »Sie kommt mir ein bißchen weggetreten vor.«
    Mein Vater hob den Kopf. Er hatte schon den Mund geöffnet, um etwas zu sagen, aber dann überlegte er es sich doch wieder anders und butterte lieber sein Brot weiter.
    »Mom«, rief meine Mutter. »Wie viele Pillen hast du geschluckt?«
    Grandma schraubte den Kopf zu ihr herum. »Was für Pillen?«
    »Es ist wirklich furchtbar, daß man heutzutage eine alte Frau nicht mehr alleine aus dem Haus lassen darf«, sagte meine Mutter. »Wir leben doch nicht in Washington. Als nächstes wird man womöglich noch aus einem fahrenden Auto heraus beschossen. Früher hätte es so etwas nicht gegeben.«
    Ich wollte ihr nicht die Illusionen rauben, aber in der guten alten Zeit, von der sie sprach, hatte bei uns im Viertel vor jedem dritten Haus ein Mafia-Auto geparkt. Männer wurden nachts aus dem Bett geholt, mit vorgehaltener Waffe zu einer Kiesgrube gebracht und auf bewährte Weise aus dem Weg geräumt. Normalerweise bestand für Familien und Nachbarn keine Gefahr, aber es konnte trotzdem gelegentlich vorkommen, daß sich eine verirrte Kugel in den falschen Körper bohrte.
    Außerdem machten die Männer der Familien Mancuso und Morelli die Gegend unsicher. Kenny war gemeingefährlicher als die meisten, aber es hätte mich sehr gewundert, wenn er der erste Mancuso gewesen wäre, der zum Vergnügen Frauen quälte.

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