Zweite Chance fuer die Liebe
er grimmig. Dann fasste er Lilys Kinn und studierte ihr Gesicht. „Alles in Ordnung?“
„Ja, sicher.“ Sie lächelte bemüht.
Mit einer Fingerspitze strich er ihr über die Wange. Unerbittlich unterdrückte er die prompte Reaktion seines Körpers. Sie hatte ihn gebeten, gestern Nacht zu vergessen, und das würde er tun.
Kopfschüttelnd stapfte er in die Küche und wusste nicht, auf wen er wütender war – auf sich, auf sie oder auf die Meute da draußen in seinem Vorgarten.
Lily folgte ihm. „So schlimm ist es in New York nie. Mir stellt nur ganz selten mal ein Reporter nach. Hier ist es ganz anders.“
„Es ist abscheulich.“
„Tut mir leid.“
Er fluchte laut, und Lily zuckte zusammen. „Hör auf, dich zu entschuldigen“, knurrte er. „Du kannst schließlich nichts dafür. Falls überhaupt, ist es meine Schuld.“ Er zog sein Handy hervor. „Mach dir einen Kaffee oder sonst was, es wird wohl noch eine Weile dauern, bis wir hier weg können.“
Nach einigen Telefonaten in seinem Arbeitszimmer ging Tristan in den Garten hinunter, wo er Lily mit einer Tasse Tee auf einer Steinbank sitzend vorfand. In Gedanken versunken studierte sie eine der Statuen.
„Planänderung“, verkündete er knapp. Es schmeckte ihm ganz und gar nicht, wie perfekt Lily in sein Zuhause passte. „Wir fliegen mit dem Helikopter nach Hillesden Abbey.“
„Nach Hillesden Abbey? Aber ich habe doch heute die Anprobe bei Jordana …“
„Du hattest “, verbesserte er. „Die Schneiderin kommt im Lauf der Woche zur Abbey raus.“
„Chanel wird sicher nicht …“
„Doch, Chanel wird. Jetzt hör mit dem Diskutieren auf und komm.“
Zwei Polizisten auf schweren Motorrädern eskortierten die Limousine zum Heliport, wo der Hubschrauber bereits wartete. Tristan half Lily beim Einsteigen, schnallte sie an und reichte ihr die Kopfhörer. Er selbst flog als Kopilot mit.
Eigentlich freute er sich darauf, in seinem Elternhaus zu sein. Sein Vater war geschäftlich unterwegs, am Freitag würde Jordana ankommen und die letzten Hochzeitsarrangements erledigen. Zu Hause auf dem Land konnte er wunderbar entspannen und Energie auftanken. Und ein Aspekt war besonders angenehm: Die Abbey war riesig. Bei über zweihundert Zimmern sollte es möglich sein, Lily aus dem Weg zu gehen und dennoch die Hausarrestvereinbarung zu befolgen. Er war sicher, wenn er Lilys Nähe nicht ständig ausgesetzt war, dann würde sich die knisternde Anziehung zwischen ihnen bald legen.
Als die Hubschrauberkufen vom Boden abhoben, fragte sich Tristan verärgert, warum er nicht schon eher an die Abbey gedacht hatte.
9. KAPITEL
Lily schloss das Manuskript und starrte in die Flammen des Kaminfeuers, das Thomas, der Butler, angezündet hatte.
Der Autor handelte eine Seite des Lebens ihrer Eltern ab, von der sie nicht viel gewusst hatte. Er beschrieb den brennenden Ehrgeiz und das Streben nach Ruhm um jeden Preis, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Eigentlich hatte Lily erwartet, wie immer enttäuscht und angeekelt zu werden von der sinnlosen Vergeudung zweier Leben. Und in der Tat waren manche alten Gefühle wieder aufgewallt, jedoch begleitet von dem schmerzhaften Wunsch, die beiden würden noch leben, damit sie sie besser kennenlernen könnte. Damit hatte sie überhaupt nicht gerechnet.
Ein Scheit knackte und sprühte Funken. Lily stand auf und schürte das Feuer. Dann hängte sie den schmiedeeisernen Haken zurück und schritt die hohen Bücherregale ab, die die Wände der großen Bibliothek säumten.
Seit fünf Tagen war sie inzwischen in Tristans Elternhaus, einem palastartigen dreistöckigen Herrenhaus im Stil des Klassizismus, inmitten eines elftausend Morgen großen Parks mit gepflegten Rasenflächen, blühenden Blumenrabatten und alten Bäumen. Es gab einen See, auf dem Enten und Schwäne schwammen, und ein eigenes Polo-Feld. Lily hatte lange Spaziergänge gemacht, die Pferde in den Ställen gestreichelt, Jamie, dem Gärtner, mit den Rosen geholfen und lange mit Mrs Cole, der Haushälterin, geplaudert.
Sie genoss die Tage ohne die Hektik, die sonst ihr Leben beherrschte, fühlte sich wie in eine andere Zeit versetzt. Noch schöner allerdings wäre es gewesen, wenn sie Tristan öfter als nur beim Abendessen gesehen hätte. Und wenn er sich ihr gegenüber dann nicht wie ein höflicher Fremder verhalten hätte.
Zuerst hatte sie angenommen, er würde sie in die Abbey bringen, um den aufdringlichen Paparazzi zu entkommen. Inzwischen wurde
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