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Zwergenblut: Roman

Zwergenblut: Roman

Titel: Zwergenblut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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mir, mein Freund.«
     
    Der Transport mit den Elbenschiffen eröffnete völlig neue Möglichkeiten bei der Evakuierung von Elan-Tart, doch hielt Selon sich keineswegs sklavisch an Tharlias Anordnungen. Vielfach waren sie noch verbesserungswürdig, weil sie Kleinigkeiten übersehen hatte, während er sich bereits weitaus intensiver mit dem Thema beschäftigt hatte.
    So waren die Passagiere bei der ersten Fahrt vierhundert kerngesunde Arbeiter unter dem Kommando von Schürfmeister Torgan und keineswegs Kranke, Alte, Kinder und Verletzte, die ohnehin nicht schnell genug nach Clairborn gelangt wären, weshalb die Schiffe hätten leer zurückfahren müssen, nachdem sie die Krieger in der Nähe des Tharakol abgesetzt hatten. So jedoch hatte Torgan die Arbeiter zu einem Eilmarsch angetrieben, damit sie ihr Ziel rechtzeitig erreichten und an Bord gehen konnten.
    Auch Selon selbst befand sich unter den ersten Passagieren, allerdings hatte er sich mit einem Pferdewagen nach Clairborn bringen lassen, da ein solcher Gewaltmarsch über seine Kräfte gegangen wäre. Seine Absicht bei der ganzen Sache war nicht nur gewesen, eine leere Schifffahrt zu verhindern, sondern vor allem der Gedanke, dass die Arbeiter bereits damit beginnen konnten, alles für die Ankunft der anderen vorzubereiten.

    Rund ein Jahrtausend war Zarkhadul von der Außenwelt abgeschnitten gewesen, da stand nicht zu erwarten, dass die rund fünfzehntausend Flüchtlinge mitsamt der paar tausend Opfer, die aus der Gewalt der Thir-Ailith befreit worden waren, dort von einem Tag auf den anderen einfach Zuflucht suchen konnten und darauf hoffen durften, alles, was sie benötigten, vor Ort vorzufinden. Die Arbeiter würden sich noch vor dem Eintreffen der übrigen Zwerge bemühen, so viele Vorarbeiten wie möglich zu leisten, angefangen von der Bestattung der mumifizierten Leichen, die den gesamten Weg bis hinab in die Mine säumten, bis hin zu einer Instandsetzung der Wasserversorgung und anderer dringend benötigter Einrichtungen.
    Selon rechnete nicht mit Schwierigkeiten, es sei denn organisatorischer Art, doch er traf früher als erwartet auf Hindernisse. Auf direkten Befehl von Vizegeneral Nagaron hatte man an den Anlegestellen vor den Mauern Clairborns Säcke voller Mehl und Obst, Kisten und Fässer mit gepökeltem Fleisch und andere Nahrungsmittel bereitgestellt, doch wesentlich weniger, als nötig waren. Immerhin, helfen würden sie auf jeden Fall.
    Größere Sorgen bereitete Selon, dass man ihn und die Arbeiter nicht einmal in die Stadt hineinlassen wollte. Stattdessen blieben die Tore geschlossen, und sie wurden angewiesen, direkt am Flussufer zu warten.
    »Diese Narren!«, schimpfte Torgan. »Selbst jetzt halten sie noch an diesen unsinnigen Streitigkeiten fest. Sehen wir vielleicht aus wie eine Eroberungsarmee? Die meisten meiner Männer tragen nicht einmal Waffen.«
    »Eine Spitzhacke in der Hand eines Zwergenarbeiters ist vermutlich gefährlicher als die meisten Schwerter, die die Angehörigen der Stadtgarde tragen«, entgegnete der
Schriftmeister spöttisch. »Also nehmt es als Kompliment.« Seufzend fügte er hinzu: »Aber ich glaube nicht, dass Angst die Triebfeder hinter diesem Befehl ist. Der größte Narr, mit dem wir es zu tun haben, ist Bürgermeister Sindilos, und dies ist sein Werk. Er fürchtet, dass man ihn aus dem Amt jagt, wenn die Menschen erfahren, was wirklich los ist, und dass sie in wesentlich größerer Gefahr schweben, als sie es sich in ihrer Angst vor uns Zwergen ausgemalt haben.«
    »Obwohl wir vermutlich schon ohne sie genügend Probleme haben werden, können wir nicht mehr tun, als den Menschen anzubieten, ebenfalls in Zarkhadul Schutz zu suchen«, sagte Torgan, dann deutete er nach Süden. »Seht, die Schiffe!«
    Anmutig wie Schwäne kamen die beiden Elbenschiffe den schmalen Cadras herabgesegelt. In seinem langen Leben hatte Selon bereits viel gesehen, aber dieser Anblick schlug selbst ihn in seinen Bann. Pfeilschnell kamen die Schiffe herangeschossen, dann wurden die Segel gerafft, und sie verloren an Fahrt, bis sie genau an den winzigen Bootsstegen zur Ruhe kamen.
    Mit einem leicht beklommenen Gefühl ging Selon unmittelbar hinter dem Schürfmeister an Bord des ersten Schiffes und begrüßte ehrerbietig die Elben, die es steuerten. In aller Eile verluden die Zwergenarbeiter währenddessen die Nahrungsmittel.
    Die Fahrt dauerte bei der Geschwindigkeit der Elbenschiffe kaum mehr als eine Viertelstunde; eine Viertelstunde, um

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