Zwergenblut: Roman
eine Strecke zurückzulegen, für die normalerweise mehrere Tagesmärsche nötig gewesen wären. Selon wusste nicht, in welchem Umfang die Elben den Zwergen durch ihr Wissen, ihre Magie oder ihre Schwerter bislang
schon Beistand geleistet hatten. Allein durch den raschen Transport der Krieger nach Elan-Dhor, und derjenigen, die zu langen Märschen nicht in der Lage waren, nach Zarkhadul, waren sie jedoch eine unermesslich wichtige Unterstützung.
So schnell, wie sie sie an Bord geschafft hatten, entluden die Arbeiter die Lebensmittel wieder und machten sich damit auf den Weg zum gut zwei Meilen entfernten Kalathun, während die Schiffe mit zahlreichen Zwergenkriegern an Bord wieder flussaufwärts segelten. Rund ein Viertel des Heeres war bereits verschifft worden. Ein einziger Tag würde ausreichen, nicht nur das gesamte Zwergenheer, sondern zusätzlich auch die Armee der Menschen zum Tharakol zu befördern, aber Selon fürchtete, dass die Thir-Ailith ihnen diese Zeit nicht lassen würden. Immerhin würden schon wenige weitere Stunden reichen, dass wenigstens die Streitkräfte der Zwerge in voller Stärke Elan-Dhor erreichten. Weitere Zeit würden sie sich dann vermutlich erkämpfen müssen, doch immerhin würde in regelmäßigen Abständen Verstärkung eintreffen und die Verteidigung weiter unterstützen. Ob und wie lange sie hielt, würde sich dann erweisen müssen.
Selon sah einen Menschen in besonders prunkvoller Uniform auf sich zueilen, viel zu aufwändig für einen einfachen Soldaten.
»Ich bin Vizegeneral Nagaron«, sagte er, als er die beiden Ratsmitglieder erreichte. »Habt Ihr irgendwelche Neuigkeiten vom Tharakol?«
»Schriftmeister Selon und Schürfmeister Torgan«, stellte Selon sich und seinen Begleiter vor. »Einer Eurer berittenen Reiter brachte uns kurz vor unserem Aufbruch Nachrichten. Die Thir-Ailith haben einen Zugang ins Innere des
Berges geöffnet, den wir nicht wieder verschließen können, aber es ist gelungen, einen ersten Angriff der Dunkelelben zurückzuschlagen und sie alle zu töten.«
»Das sind endlich einmal gute Neuigkeiten.«
»Nun, es war wohl nur ein kleiner Trupp von ihnen, wenige Hundert, die in Elan-Dhor lauerten und sich sofort den Weg an die Oberfläche freizukämpfen versuchten, als sich ihnen die Gelegenheit bot. Anschließend ist es den Kriegern gelungen, bis nach Elan-Dhor vorzudringen und dort Verteidigungsstellungen zu errichten.«
»Auch Valutus und seine Reiterei?« Das Gesicht des Vizegenerals verfinsterte sich. »Dazu hatte er keinen Befehl! Er sollte lediglich mithelfen, einen Ausbruch der Thir-Ailith zu verhindern, aber nicht selbst unter die Erde gehen.«
»Aber die Umgebung dort ist viel besser geeignet, ganz besonders, um einen zahlenmäßig überlegenen Feind aufzuhalten«, entgegnete Torgan.
»Aber nicht für uns Menschen, und erst recht nicht für eine wertvolle Reiterei, die ihre Vorteile nur im offenen Gelände entfalten kann und gewiss nicht in irgendwelchen engen Stollen und Höhlen. Ich …« Nagaron brach ab und räusperte sich. »Nun, was geschehen ist, ist geschehen. Ich danke Euch auf jeden Fall für die Neuigkeiten.«
Die beiden Ratsmitglieder verabschiedeten sich von ihm, auch wenn Selon dabei ein beklommenes Gefühl verspürte, von dem er nicht einmal zu sagen vermochte, woher genau es stammte. Die Bemerkung über enge Stollen und Höhlen hatte ihm gezeigt, dass der Vizegeneral nicht nur ein völlig falsches Bild von dem Leben unter der Erde und von ihrem Volk hatte, sondern dass er trotz vorgeschobener Höflichkeit immer noch mit einem gewissen Hochmut darauf herabblickte.
Rasch gelang es dem Schriftmeister jedoch, diese Gedanken zu verdrängen. Sie näherten sich dem Kalathun, und schon in Kürze würde er Zarkhadul betreten. Selbst für jemanden in seinem hohen Alter würde das ein ganz besonderes Erlebnis sein.
Auf dem Rückweg trafen Warlon und Barlok auf einen weiteren gut vierhundertköpfigen Trupp Krieger, der mit den Elbenschiffen den Cadras heraufgebracht worden war und Elan-Dhor gerade erreicht hatte. Die Transportkette schien zu funktionieren. Barlok schickte sie zum Südtor, damit sie dort beim Aufbau der Verteidigungslinien halfen.
Anschließend kehrten sie in den Palast zurück, wo ihnen mitgeteilt wurde, dass sich Tharlia und die Magierin zum Dunkelturm begeben hätten, dem Domizil des Priesterinnenordens. Sie folgten ihnen. Als sie das ganz aus schwarzem Stein errichtete Gebäude erreichten, fanden sie im
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