Zwergenblut: Roman
Köpfe einer Menge Thir-Ailith niedersausen zu lassen.« Er warf einen Blick zu seiner an der Wand lehnenden Streitaxt.
»Es gibt noch einiges, was Ihr wissen solltet«, sagte Gelinian. »Während der Beschwörung werdet Ihr körperlos sein, aber keine große Veränderung spüren. Ihr werdet Euch ganz normal bewegen wie sonst auch, ohne jedoch Erschöpfung zu empfinden. Feste Hindernisse stellen für Euch kein Problem dar; wenn Ihr sie zufällig berührt, werdet Ihr ohne Widerstand hindurchgleiten und höchstens ein seltsames, etwas unangenehmes Gefühl wahrnehmen. Dagegen wird es Euch vermutlich nicht gelingen, mit Vorsatz durch eine massive Felswand zu gehen. Nicht, weil es nicht möglich wäre, sondern weil sich Euer Geist dagegen sträuben würde, da Ihr Euer ganzes Leben lang die Erfahrung gemacht habt, dass so etwas nicht geht. Das lässt sich nicht innerhalb von ein paar Stunden so einfach ändern.«
»Und wenn ich mit einem Dunkelelben zusammenprallen sollte?«, erkundigte sich Barlok.
»Es wird Euch Unbehagen bereiten, aber er wird durch Euch hindurchgehen. Dennoch solltet Ihr es nach Möglichkeit vermeiden. Es wäre möglich, dass auch er etwas spürt, selbst wenn er sich nicht erklären kann, was es war. Die Gefahr ist äußerst gering, dass er daraus die richtigen Schlüsse zieht, aber sie besteht, und selbst als körperlose Seele seid Ihr nicht unangreifbar.«
Barlok setzte sich erneut ruckartig auf, während seine Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten.
»Was soll das bedeuten?«
»Wenn die Thir-Ailith Eure Gegenwart wahrnehmen sollten und sie ähnliche Kräfte wie wir besitzen, dann können sie Euch auch bekämpfen, Euch mit ihrer Magie zumindest Schmerzen zufügen, um Euch zu vertreiben. Und wenn sich viele von ihnen zusammenschließen, können sie Euch möglicherweise sogar töten. Ich weiß zu wenig über ihre Fähigkeiten. Also lasst es erst gar nicht so weit kommen. Wenn Ihr merkt, dass man Euch entdeckt hat, dann flieht auf der Stelle und kehrt hierher zurück. Sobald Ihr Euren Körper berührt, werdet Ihr wieder mit ihm verschmelzen.«
Barlok brummte etwas Unverständliches und legte sich wieder hin. Nur zu gut konnte sich Warlon vorstellen, wie sehr die Worte der Magierin seinen Freund beunruhigten, weniger wegen der Gefahr, getötet zu werden, sondern wegen der unausgesprochenen Möglichkeit, dass die Dunkelelben seine Seele auf irgendeine Art fangen oder sie gar in die unendliche Finsternis schleudern könnten, wie es ihm fast ergangen wäre, als er durch ihre Magie verletzt auf Leben und Tod darniedergelegen hatte.
Aber nachdem er seine Entscheidung einmal gefällt hatte, stand er auch dazu und machte keinen Rückzieher mehr.
»Seid Ihr bereit?«, fragte die Magierin.
Barlok nickte stumm und schloss die Augen.
Gelinian stimmte einen leisen, monoton klingenden Gesang an. Es waren Worte einer fremden Sprache, die Warlon nicht verstand, die ihn aber dennoch seltsam berührten. Sie weckten Erinnerungen an vieles in ihm, was er während seiner Reise an der Oberfläche zum ersten Mal erlebt hatte. Die Melodie war wie das Plätschern eines Bachs, der
in kleinen Kaskaden über Fels sprudelte, wie das Rauschen des Windes in den Blättern mächtiger Bäume …
Immer mehr zog der Gesang ihn in seinen Bann, und er merkte, wie er müde wurde und seine Gedanken sich verwirrten. Unwillig schüttelte er den Kopf und streifte den fremden Einfluss ab, der sich wie Blei über seinen Verstand legte und ihn schläfrig zu machen begann.
Wenige Sekunden später endete der Gesang. Barlok war tief und fest eingeschlafen, so tief, dass man genau hinsehen musste, um zu erkennen, dass seine Brust sich überhaupt noch hob und senkte.
»Er befindet sich in Trance«, verkündete Gelinian. »Nun ölt und salbt ihn.«
Die beiden Magier, die Barlok zuvor gewaschen hatten, begannen nun, seinen Körper nacheinander mit verschiedenen Salben und Ölen einzureiben. Die Salben waren äußerst wohlriechend, die Öle hingegen verströmten einen sehr merkwürdigen, fremden Geruch.
Obwohl bislang nichts Bedeutungsvolles geschah, fühlte Warlon ein wachsendes Unbehagen. Ohne die magischen Kräfte der Priesterinnen hätte sein Volk nicht einmal den ersten Angriff der Thir-Ailith überstanden und wäre vermutlich bereits ausgerottet worden. Auch hatte sich seine Einstellung zu den Hexen, wie sie vielfach genannt wurden, vor allem durch die Bekanntschaft mit Ailin verändert. Aber er war Krieger und daran gewohnt,
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