Zwergensturm
machte sich nun auf und ging Richtung Tür, nicht ohne vorher an der Theke die Zeche zu zahlen. Haggy sah immer noch nichts, nur einen Tisch und einen abgewandten Stuhl. Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, doch dort war nur die Rückenlehne des Stuhls. Doch, jetzt sah er etwas. Ein paar schwarze Haarbüschel waren dahinter zu erkennen. „Wie groß ist denn so ein Brecher?“, warf Zahrin ein, die vermutlich auch den Stuhl und die Haarbüschel gesehen hatte. Thrylas grinste noch immer, als er antwortete: „Nun, es gibt große und kleine. Menschen, Zwerge und … Gnome. Elfen natürlich auch, jedoch nicht hier. Lasst euch nur nicht von der Größe täuschen, darauf kommt es nicht an.“ Otto war skeptisch: „Auf die Größe kommt es nicht an? Wie soll denn ein … entschuldige, Tinch … ein Gnom die Schläge eines ausgewachsenen Orks aushalten?“ Wynlana beugte sich leicht zu Otto hinüber: „Kennt ihr nicht die Geschichte von Gnomm? Auch der war ein Brecher aus dem Volk der Gnome. Der Legende nach gab es einmal einen gewaltigen Drachen, der die Reiche bedrohte. Niemand hielt den Feueratem und die Schläge seiner Klauen aus. Bis Gnomm kam. Er lenkte die Wut des Drachen auf sich und trotzte drei Tage und Nächte lang seinen Angriffen. Die Armeen der Sterblichen nutzten diese Zeit und schossen eine endlose Menge von Pfeilen in den Körper des Drachen und schlugen ihm Tausende Wunden. Doch der Drache ließ nicht von dem Gnom ab und der nicht von dem Drachen. Schließlich verendete der Drache an seinen zahlreichen Wunden. Gnomm jedoch aß nur, so erzählt es die Legende, eine einzige verzauberte Stinkmorchel der Gnome und stellte sich einem neuen Gegner.“
Tinchena strahlte, als sie die Geschichte hörte. Otto blieb hingegen bei seiner Skepsis: „Schöne Geschichte, aber Legenden helfen uns hier nicht weiter. Seid ihr wirklich absolut sicher, dass ein Gnom uns helfen kann?“ Tinchena räusperte sich, sodass Otto sich zu ergänzen beeilte: „Also , als Brecher, meine ich.“
Beide lachten, Wynlana und Thrylas. Die Elfin sprach: „Ihr seid mir ein Haufen. Jahrzehntelang in Frieden gelebt und uns jetzt erzählen wollen, wie ein Brecher auszusehen hat.“ Otto schämte sich ein wenig, als er die Worte Wynlanas vernahm. Haggy stand auf und sagte: „Also gut, lasst uns mal mit ihm reden. Wie , sagtet ihr, heißt der? Bong?“ „Ja“, meinte Thrylas, „dem Reden nach ist das sein Name.“
Sie alle standen auf, nahmen ihre Ausrüstung mit und gingen vorsichtig auf den Stuhl zu, auf dem sie den Gnom vermuteten. Erst als Haggy den Stuhl komplett umrundet hatte, sah er genau hin. Tatsächlich, dort saß ein Gnom, kaum größer als Tinchena und somit etwa einen halben Kopf kleiner als er selber, aber nur halb so breit. Sein überdimensionierter Kopf war recht rund, und in ihm steckten die gleichen Kulleraugen, die auch Tinch hatte. Ein paar schwarze Haarbüschel ragten vom Kopf aus in alle Richtungen. Er trug keinen Helm, aber an Brust, Armen und Beinen eine mattschwarze, schwere Eisenrüstung. Haggy fragte sich, wie er die überhaupt tragen konnte. Oder kämpft ein Brecher im Sitzen?
Der Gnom nahm seine Gutachter nicht wirklich wahr, sondern starrte weiter geradeaus. Sein Gesichtsausdruck war so mürrisch, dass Haggy sich nicht sicher war, ob er überhaupt noch lebte. Auch Zahrin hatte sich mittlerweile zu dem Gnom hinabgebeugt und bewegte ihre Hand vor dessen Augen hin und her, um eine Reaktion zu provozieren. Plötzlich zuckten Bongs Augen und rollten von einer Seite zur anderen. Das dauerte keine zwei Sekunden, und danach saß er wieder still und blickte noch mürrischer geradeaus. Haggy sah Thrylas fragend an, doch auch der zuckte nur mit den Schultern. Zahrin kniete schließlich vor Bong nieder, sodass ihr Kopf mit dem seinen auf einer Höhe war. Ihre Gesichter waren kaum weiter als eine Ellenlänge voneinander entfernt. Ruhig begann sie zu sprechen: „Seid gegrüßt, Bong, wir sind …“ Barsch erwiderte der Gnom: „Geht mir aus dem Weg, ich sehe nichts.“ Erstaunt wandte Zahrin sich um, um dem Blick des Gnomes zu folgen, doch er starrte nur die Wand an. Jetzt zuckte auch sie mit den Schultern. Haggy räusperte sich. Er hatte sich einige Worte zurechtgelegt, die von der Bedeutung der bevorstehenden Mission berichten sollten: „Herr Gnom, wir sind eine Heldengruppe aus dem fernen Pruda und sind im Auftrag des Königs …“ Ruckartig wandte sich Bongs Kopf Haggy zu: „Ja, ich weiß,
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