Zwergensturm
gleichen Göttern gehuldigt, obwohl wir auch mit der Natur verwoben sind. Doch die Götter gaben uns damals, wie auch euren Völkern, die Hellmagie. Nur haben wir nie aufgehört, sie auszuüben. Und es stimmt, was mein Mann sagt. Als ihr gegen die Dunkelelfen … nun ja, ich will es mal ‚gekämpft‘ nennen … also ‚gekämpft‘ habt, hat niemand das Volk der Elfen um Hilfe ersucht, obwohl unsere Gesandten in allen Hauptstädten der Reiche zugegen waren. Vermutlich hatte die Degeneration schon begonnen.“ „Die was?“, fragte Haggy erstaunt. „Die Degeneration“, wiederholte Wynlana. „Und das bringt mich zurück zu der größeren Bedrohung, von der Thrylas sprach. Der Heermeister der Orks, Duradon, tanzt nach der Pfeife eines Dämonenlords, der sich Ushgor nennt, doch von den meisten, die ihn kennen, der ‚Traumdieb‘ genannt wird. Er ist es, der sich nachts entmaterialisiert und als Energiewolke über das Land schwebt, immer auf der Suche nach Lebewesen, die träumen.“
„Ist das so eine große, grüne, unheimliche Wolke?“, fragte Haggy und erinnerte sich an die unangenehme Begegnung auf der Landstraße südlich Prudas. „Ja“, ergänzte Wynlana, „das ist er. Seine Energiefinger dringen in die Hirne der Sterblichen ein, stöbern die Träume auf und rauben sie. Und es sind nicht nur die nächtlichen Träume, die euch geraubt werden. Es sind auch eure Wünsche und Sehnsüchte, also Träume im übertragenen Sinne. Das alles erfüllt ihn mit Energie. Von der zehrt er, um zu leben und die Monster des Gefallenen Landes zu erschaffen. Unter anderem die Orks und Oger, und auch deren Heermeister, Duradon.“
Haggy dachte nach: „Dann schlägt er uns doppelt: er raubt uns unsere Träume. Und wenn wir keine Träume, keine Sehnsüchte und somit keine Ziele mehr haben, werden wir antriebslos. ‚Degeneriert‘, wie ihr so schön sagt. Zudem macht er daraus die Monster, die uns bekämpfen.“ „Ja“, nickte Thrylas, „und kann durch den Terror, den seine Monster verbreiten, die Anzahl an Albträumen vermehren. Wiederum mehr Ernte für den Herrn der Monster, und damit mehr Monster.“ „Das ist aber schlau“, warf Tinchena ein, die vom Vorgehen des Dämonenlords sichtlich beeindruckt war. „Kann man den verhauen, diesen Dämonenlorddings?“, fragte sie denn auch. Die Elfen lachten. „Na, das hat seit Jahrhunderten niemand mehr versucht“, erläuterte Thrylas. „Das letzte Mal, dass sich jemand ins Gefallene Gebiet traute und einen Schlachtzug gegen einen Dämonenlord und sein Heer anführte, ist mehr als 350 Jahre her. Und derjenige hatte eine ganze Armee aus den erfahrensten Kämpfern und Magiern, Hell- wie Dunkelmagiern, zur Verfügung. Also ja, technisch gesehen kann man den … ‚verhauen‘, wie Ihr so schön sagt, praktisch aber ist das so gut wie ausgeschlossen. Wir, also ich meine Ihr, solltet Euch in der Tat erst einmal seiner Brut, dem Heermeister widmen. Wenn Ihr den besiegt habt, was eigentlich schon so gut wie ausgeschlossen ist, dann gibt es eine neue Lage und dann kann man weitersehen.“ „Aber wenn wir den besiegt haben“, dachte Haggy laut nach, „dann kommt doch dieser Ushdings einfach wieder, um uns die Träume zu klauen, und baut daraus neue Orks.“ „In der Tat, so in etwa ist es“, pflichtete Wynlana ihm bei. „Daher ist das, was die kleine Gnomin vorschlägt, eventuell die einzige Lösung. Einen großen Vorteil hättet ihr“, gab die Elfin zu bedenken, „denn nie im Leben würde ein Dämonenlord einen Angriff auf seine Feste erwarten. Es dürfte nicht einmal viele Wachen geben.“ „Wo ist dessen Feste eigentlich?“, fragte Otto. Wynlana antwortete: „Die Feste Ushgors ist südöstlich der Grenze zum Gefallenen Gebiet, dicht am Dunklen Wald entlang. Etwa einen halben Tagesritt von der Grenze entfernt.“
Die Erwähnung des Dunklen Waldes ließ nicht nur Haggy schaudern. Alle kannten die Schauergeschichten um den Wald, in dem es kein Licht gab und aus dem noch nie ein Lebewesen, das sich hineingewagt hatte, wieder heraus gekommen war. Man sagte, der Wald selbst hätte sie verschlungen.
Zahrin, die wie die anderen gebannt den Elfen zugehört hatte und mittlerweile deutlich besser aussah, mischte sich nun ein: „Hört, Ihr sagtet, Ihr beherrsch tet die Hellmagie und wärt bereit, uns zu begleiten. Was würdet Ihr dafür verlangen?“ Thrylas sah verwirrt seine Frau an und Wynlana ebenso verwirrt ihren Mann. „Was meint Ihr, was ‚verlangen‘ wir dafür?“,
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