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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Geheimnis
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Kippe an und wartete. Einige Minuten später, der Tisch war bereits bis auf wenige Plätze am Kopfende und zwei Stühle rechts von Rainer gefüllt, traf auch die Familie Pawlitsch, flankiert von einigen älteren Männern, ein. Sie verteilten sich auf die freien Plätze.
    Für einen Moment erstarben die mit gedämpfter Stimme geführten Gespräche. Dann setzte das gleichförmige Gemurmel wieder ein.
    Die Frau, die links von Rainer saß, rutschte auf ihrem Stuhl etwas weiter nach rechts und sprach ihn an: »Gehören Sie zur Familie?«
    »Nein«, antwortete Esch.
    »Hier aus der Gegend sind Sie aber auch nicht. Das müsste ich wissen. Ich wohne nämlich direkt neben Pawlitschs.« Sie machte eine Pause und sah Rainer fragend an. Als der nicht antwortete, sagte die Frau unvermittelt: »Ach ja. Jetzt ist Georg auch tot.« Sie seufzte tief und schüttelte verständnislos den Kopf. »Und dann so plötzlich. Aber ich sag immer, kann man nichts dran machen. Man steckt ja nicht drin, oder?«
    »Vermutlich nicht.« Eine intelligentere Antwort fiel Rainer nicht ein.
    Glücklicherweise verlor die Frau das Interesse an einer Unterhaltung mit ihm und beugte sich wieder nach links. Esch kam sich ziemlich überflüssig vor. Er fragte sich, welcher Teufel ihn geritten hatte, auf diese Beerdigung zu gehen.
    Rainer hatte sich gerade entschlossen, das Lokal so unauffällig wie möglich zu verlassen, als sich Ruth Pawlitsch auf den freien Stuhl rechts neben ihn setzte.
    »Sie sind also Anwalt?«, fragte die junge Frau.
    »Ja. Ich habe meine Praxis in der Castroper Straße.«
    »Und mein Vater war kürzlich bei Ihnen?«
    »Letzte Woche Montag.«
    »Was wollte er?«
    »Auskünfte über das Presserecht.«
    »Presserecht? Warum das?«
    »Keine Ahnung. Er wollte sich beraten lassen. Und er hat mich gefragt, ob ich ihn gegebenenfalls vor Gericht vertreten würde. Er hat sogar eine Vollmacht unterschrieben. Er ist –
    entschuldigen Sie – war gewissermaßen mein Mandant.«
    »In welcher Sache sollten Sie ihn denn vertreten?«
    »Das hat er mir nicht gesagt.«
    »Und warum sind Sie hier? Sie bekommen doch hoffentlich nicht noch Geld von ihm?«, fragte Ruth Pawlitsch verunsichert. »Ich meine, er hat doch…«
    »Natürlich«, beschwichtigte Rainer. »Er hat sofort gezahlt.
    Nein, das ist es nicht… Also, ich weiß nicht genau, wie ich es sagen soll. Ihr Vater hat… hm… Andeutungen gemacht. Nein, Andeutungen ist falsch, es war eher eine Befürchtung, so eine Art Vorahnung.«
    »Welche Befürchtung?«
    »Er sagte: Und wenn mir etwas passieren sollte… Das hat er gesagt. Mehr nicht.«
    »Das war alles? Seltsam.«
    »Finde ich auch. Und als ich dann in der Zeitung gelesen habe, dass Ihr Vater möglicherweise… Also, ich meine…«
     
    »Sagen Sie’s schon. Die Polizei geht davon aus, dass mein Vater ermordet worden ist, das hat sie uns bereits mitgeteilt.
    Aber was haben Sie damit zu tun?«
    »Wenn der Täter gefasst wird und es zu einem Prozess kommt, können Ihre Mutter und Sie als Nebenkläger auftreten.
    Da wäre es hilfreich, wenn Sie anwaltlich…«
    »Ach, daher weht der Wind. Sie sind auf Kundenfang.« Ruth Pawlitschs Stimme klang verärgert. »Meinen Sie wirklich, dass eine Beerdigung der richtige Zeitpunkt ist, Mandanten zu ködern?« Sie machten Anstalten aufzustehen.
    Esch fühlte sich missverstanden, konnte allerdings den Ärger Ruth Pawlitschs nachvollziehen. »Bitte warten Sie. Ich habe mich unklar ausgedrückt. Es geht mir nicht um Mandate.« Sie sah ihn skeptisch an, blieb aber sitzen. Rainer entschloss sich, ehrlich zu sein. Er holte tief Luft. »Jedenfalls nicht in erster Linie. Mich interessiert der Fall. Da Ihr Vater bei mir war… Er hat schließlich eine Vollmacht unterschrieben und mir dadurch sein Vertrauen bewiesen. Daher fühle ich mich moralisch gebunden. Und um die Wahrheit zu sagen: So viele Mandanten habe ich leider auch nicht. Die mit einem solchen Mandat verbundene Publizität wäre sicher nicht schädlich für die weitere Entwicklung meiner Kanzlei. Deshalb bin ich hier.«
    Ruth Pawlitsch sah Rainer prüfend an. »Was haben wir davon?«
    »Als Nebenkläger können Sie Anträge stellen, also den Prozessverlauf beeinflussen und so dazu beitragen, dass der Täter verurteilt wird. Dann haben Sie später in einem zivilrechtlichen Verfahren die Möglichkeit, Schadenersatz geltend zu machen.«
    »Schadenersatz? Für den Tod meines Vaters?« Die junge Frau sah ihn entgeistert an.
    »Entschuldigung.« Rainer

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