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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Geheimnis
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heran.
    Baumann blickte fragend auf seinen Vorgesetzten. Der schüttelte wortlos den Kopf und verfolgte weiter gespannt die Vorgänge auf der Treppe und im ersten Stock. So begannen Revolutionen.
    Lorsow bekam einen gehetzten Gesichtsausdruck. Sein Lid zuckte heftig. Er flehte den Betriebsratsvorsitzenden an: »Nun tun Sie doch etwas, beruhigen Sie die Leute.«
    »Wie denn? Das hätten Sie sich eher überlegen müssen!«
    »Machen Sie etwas, irgendetwas.«
    »Sprechen Sie mit uns? Jetzt?«
    »Ja, ja.«
    »Es gibt keine Sanktionen?«
    »Nein, das sage ich verbindlich zu. Aber tun Sie etwas, um Gottes willen. Schnell!«
    »Kollegen«, brüllte der Betriebsrat und hob seine Hände beschwichtigend. »Kollegen, hört mir bitte zu.«
     
    Der Lärm ebbte etwas ab. Er war jetzt auch weiter unten noch zu verstehen. »Die Geschäftsführung hat soeben zugestimmt, jetzt mit uns, das heißt dem Betriebsrat und dem Vorsitzenden des Vertrauensleutekörper, zu diskutieren. Geht bitte zurück an eure Arbeitsplätze.«
    »Und wer bezahlt die ausgefallene Zeit?«, schrie eine Stimme von weiter unten.
    »Das war eine Teilbelegschaftsversammlung«, antwortete der Betriebsratsvorsitzende vernehmlich. »Das übernimmt der Arbeitgeber. Oder etwa nicht, Herr Doktor Lorsow?«
    Im Flur und im Treppenhaus hätte man eine Nadel fallen hören können. Dann erwiderte der Geschäftsführer: »Natürlich.
    So steht es im Gesetz.«
    Die Arbeiter klatschten und machten sich wieder auf den Weg nach unten, vorbei an den beiden Kriminalbeamten.
    Auf dem Weg zu ihrem Fahrzeug sagte der Hauptkommissar mehr zu sich selbst als zu seinem Begleiter: »An dem Mann wird seine Gewerkschaft noch viel Freude haben. Klasse Inszenierung, wirklich gekonnt. Echt gut gemacht.«
     
    16
    Zwei Tage nach dem Gespräch mit Georg Pawlitschs Freunden rauschte Rainer Esch gegen neun Uhr, bewaffnet mit einer Vollmacht als Nebenklägervertreter der Familie, in das Dienstzimmer von Staatsanwalt Jüngers im Landgericht Bochum, um Einsicht in die polizeilichen Ermittlungsakten zu erlangen.
    Der Jurist sträubte sich zunächst, Rainer die Genehmigung zu erteilen. In diesem frühen Stadium der Ermittlungen, meinte Jüngers, sei das noch nicht opportun. Rainer zitierte daraufhin ausgiebig die einschlägigen Vorschriften der Nummer 184 der Richtlinie über das Straf-und Bußgeldverfahren und drohte dem Staatsanwalt mit Beschwerde beim höheren Gericht.
    Wenig später verließ Esch mit der staatsanwaltlichen Anweisung in der Tasche das Landgericht wieder, um seinem alten Bekannten Hauptkommissar Rüdiger Brischinsky einen sicher überraschenden Besuch abzustatten.
    »Was will der Kerl?«, fragte der Hauptkommissar, als ihn Baumann mit der Nachricht von Eschs Erscheinen konfrontierte. Brischinsky hielt sich gerade im Büro des Kollegen Senftenberg auf, mit dem er regelmäßig Kochrezepte austauschte.
    »Einsicht in die Ermittlungsakte? In meine Ermittlungsakte?
    Kommt doch nicht in Frage.«
    »Er hat die Genehmigung von der Staatsanwaltschaft.«
    »Was hat der?« Brischinsky sprang vom Stuhl und riss die Bürotür auf. »Welcher Spinner hat dem die Erlaubnis erteilt, in meinen Akten rumzuschnüffeln«, beschwerte er sich und spurtete in Richtung seines eigenen Büros.
    Baumann beeilte sich, ihm zu folgen. »Staatsanwalt Jüngers, Rüdiger. Ich habe nachgefragt. Der Staatsanwalt möchte, dass wir uns kooperativ verhalten.«
    Der Hauptkommissar blieb abrupt stehen und sah seinen Assistenten fassungslos an. »Kooperativ? Hat der wirklich kooperativ gesagt? Wir stehen noch völlig am Anfang der Ermittlungen und dann muss ich diesem Anwalt Akteneinsicht gewähren? Warum können diese Rechtsverdreher nicht warten, bis wir Ergebnisse vorweisen können? Dieser Schnösel von einem Staatsanwalt. Wie lange ist der im Amt? Drei Monate?«
    Brischinsky drehte sich wieder um. »Mach du das. Zeig dem Esch die Akte. Ich kümmere mich wieder um Huhn in Salbeisahne.«
    Rainer Esch wartete auf einer Bank vor dem Büro der Ermittler.
    »Möchten Sie die Akte gleich hier bei uns einsehen oder sollen wir sie Ihnen zustellen?«, fragte Baumann.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gleich jetzt…«
    »In Ordnung.« Baumann sah auf seine Uhr. »Es ist jetzt kurz nach halb zehn. Es wäre schön, wenn Sie die Durchsicht in etwa einer Stunde beendet haben könnten. Wir haben heute Vormittag noch ein… äh… Verhör. Möglicherweise müssen wir dann auf die Akte…«
    »Ein Verhör? Haben Sie schon einen

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