Zweyer, Jan - Rainer
Lorsow und seine Begleiter. »Frau Schlüter, wenn ich mich richtig erinnere. Und Sie sind…?«
»Auch Schlüter. Hans-Joachim Schlüter. Notar und Rechtsanwalt. Unsere Kanzlei vertritt die Interessen der Firma LoBauTech. Und natürlich die der Eigentümer.«
»Aha. Dann sind Sie…?«
»Die Tochter«, antwortete Elke Schlüter rasch.
»Gleich zwei Rechtsanwälte. Etwas ungewöhnlich, nicht wahr, Baumann?«
Der Gefragte antwortete nicht. Er kannte seinen Vorgesetzten.
»Gut. Ich möchte, nur der Vollständigkeit halber, eines klarstellen: Herr Doktor Lorsow wird hier nicht als Beschuldigter vernommen.« Dann sprach Brischinsky Lorsow direkt an. »Wir vernehmen Sie lediglich als Zeugen, da mit dem Fahrzeug, das Ihnen gestohlen wurde, ein Mensch umgebracht wurde. Ist Ihnen inzwischen eingefallen, wie Ihnen der dritte Schlüssel abhanden gekommen sein könnte?
Oder haben Sie ihn vielleicht sogar wieder gefunden?«, wechselte Brischinsky abrupt das Thema.
»Äh… nein… das heißt… ja, also…«, stammelte Lorsow.
Die plötzliche Frage hatte ihn sichtlich aus der Fassung gebracht.
Schlüter schaltete sich ein: »Im Namen meines Mandanten möchte ich eine Erklärung abgeben.« Der Rechtsvertreter öffnete seine Aktentasche und fingerte ein vorbereitetes Schriftstück heraus. Er las vor: »Erklärung. Entgegen den Angaben in meiner schriftlichen Diebstahlmeldung bezüglich meines PKW Mercedes-Benz, amtliches Kennzeichen RE-LD
69 vom 24. November dieses Jahres in der Polizeidienststelle Bochum-Mitte und meinen Aussagen vor den
Kriminalbeamten Hauptkommissar Brischinsky und Kommissar Baumann am 1. Dezember dieses Jahres in den Gebäuden der Firma LoBauTech, Karlstraße, Recklinghausen-Hochlarmark räume ich ein, mein Fahrzeug am 24. November in der Neustraße in Bochum unverschlossen abgestellt zu haben. Anscheinend habe ich in dem Bemühen, mich nicht zu verspäten, den Fahrzeugschlüssel im Zündschloss stecken gelassen und somit den Wagen auch nicht verschlossen. Dieses Versehen ist mir erst nach meiner Rückkehr in mein Büro in Recklinghausen aufgefallen. Dringende anderweitige dienstliche Verpflichtungen hinderten mich daran, meine Aussage sofort zu widerrufen. Später habe ich diesen Vorfall vergessen. Erst der Besuch der Herren Brischinsky und Baumann veranlasste mich, das Vorgefallene zu überdenken und mein Versehen einzugestehen. Gezeichnet Doktor Friedhelm Lorsow, Recklinghausen, et cetera, et cetera.«
Schlüter drückte Brischinsky den Wisch in die Hand.
»Ein Versehen, sagen Sie?«, fragte Brischinsky leise.
»Mit etwas gutem Willen könnte man das so nennen, ja«, antwortete der Notar.
»Mit etwas gutem Willen, meinen Sie?«
»Ja, sicher.«
Der Hauptkommissar sah erst den Anwalt, dann Lorsow lange an. »Ich will Ihnen mal etwas sagen, meine Herren. Man könnte das, mit etwas weniger gutem Willen natürlich, auch anders nennen: versuchter Versicherungsbetrug zum Beispiel.
Oder Irreführung der Behörden. Wenn ich länger überlege, fällt mir bestimmt noch was ein. Oder dem Staatsanwalt. Ein Versehen? Wollen Sie mich eigentlich verarschen? Was glauben Sie, wen Sie hier vor sich haben? Einen dummen Jungen?«
»Die rechtliche Würdigung dieses Sachverhaltes dürfte nicht Ihre Angelegenheit sein«, bemerkte Schlüter kühl.
»Einer etwaigen gerichtlichen Auseinandersetzung sehen wir mit äußerster Gelassenheit entgegen. Und unsere Meinung über Ihre Person steht hier nicht zur Debatte. Leider, muss ich hinzufügen.«
Brischinsky machte ein Gesicht, als ob er seit Stunden auf einer Zitrone herumkauen würde. Er schnaubte, nur mühsam die Contenance wahrend: »Das ist in der Tat nicht meine Angelegenheit, da haben Sie Recht. Aber die Aufklärung eines Mordes, bei dem Ihr Fahrzeug, Herr Doktor Lorsow, benutzt wurde, das ist meine Angelegenheit. Und Sie können sicher sein, dass wir dieses Verbrechen aufklären werden. Herr Doktor Lorsow, wenn Sie uns wegen des Schlüssels angelogen haben, wer sagt uns denn, dass Sie nicht auch den Diebstahl Ihres Wagens lediglich vorgetäuscht haben und Sie heute wieder lügen?«
»Ich muss doch sehr bitten, Herr Hauptkommissar.« Hans-Joachim Schlüter sprang empört auf. »Herrn Doktor Lorsow der Lüge zu bezichtigen, das ist wirklich unerhört. Mein Mandant ist ein Ehrenmann, der…«
»… versucht, die Versicherung zu bescheißen und die Polizei anzulügen. Mindestens das«, bemerkte Brischinsky unbeeindruckt.
»Was wollen Sie damit
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