Zweyer, Jan - Rainer
katholische Kirche fast erreicht. Altehuus und Hanssen blieben stehen. »Hier haben wir sie getroffen.«
»Und sie sind den Weg hier hoch?«
»Ja. Da oben liegt die Kneipe.«
»Ich weiß.« Rainer stampfte ohne Zögern die Dünen hinauf.
Hanssen folgte ihm.
»Ich werde meinen Vater verständigen«, rief ihnen Altehuus nach und schwang sich auf sein Rad. »Unternehmt nichts, bis er bei euch ist.«
Achims Klönstuv lag am Ende des mit roten Ziegeln befestigten Weges. Außer Rainer und Christian Hanssen war um diese Zeit keine Menschenseele mehr zwischen den Dünen unterwegs. Die Urlauber waren damit beschäftigt, sich auf die Silvesterfeiern vorzubereiten.
Die Kneipe war ein ebenerdiger Bau, die meisten Fenster waren mit Holzplatten verrammelt.
»Hier soll Ihre Freundin mit Steiner sein?« Hanssen blickte skeptisch auf die schwere Kette, die die Eingangstür sicherte.
»Wenn da jemand drin ist, wie hat er dann das Ding da angebracht?«
Rainer ignorierte den Einwand. »Wenn sie in dem Laden ist, hole ich sie raus. Es gibt bestimmt noch einen zweiten Eingang.«
Er hatte Recht. Auf der Westseite des Gebäudes fand sich eine Tür. Rainer schlich sich heran und presste sein Ohr an das Holz. Eine männliche und eine weibliche Stimme waren zu hören – die Frauenstimme gehörte eindeutig Elke. Rainers Herz schlug bis zum Hals. In immer neuen Schüben pumpte sein Körper Adrenalin durch seine Adern. Er zitterte vor Anspannung und Angst um Elke.
»Sie sind hier«, flüsterte er Hanssen zu und lauschte erneut, konnte aber nicht verstehen, was gesprochen wurde. »Ich muss da rein.«
»Wir sollten warten, bis Hendrik mit seinem Vater hier ist«, gab Christian Hanssen zu bedenken.
»Und wenn er sie umbringt? Ich muss da rein! Jetzt!« Rainer gab Hanssen zu verstehen, dass er ihm folgen sollte, und ging zur Rückseite des Gebäudes, bemüht, kein überflüssiges Geräusch zu machen. Dort befand sich an der Hauswand ein kleines Podest mit einer verschlossenen, zur Hauswand ansteigenden Klappe, die anscheinend zu einem Kellerzugang führte. Das Podest war etwa fünfzig Zentimeter hoch und das hintere Ende der Klappe befand sich nur zwei Handbreit unter einem schmalen Fenster, welches nicht mit einer Holzplatte abgedeckt war. Ein schwarzer Vorhang verhinderte jeden Einblick in das Innere der Kneipe. Rainer dachte fieberhaft nach. Ein Sprung auf das Podest, dann zwei Schritte zum Fenster, dann noch ein Hüpfer hoch zum Fenster und dann…
Durch eine geschlossene Glasscheibe? Rainer hielt das doch nicht für eine besonders gute Idee. Schließlich war er Anwalt, kein Stuntman.
»Wohin führt das Fenster?«, raunte er Hanssen zu.
»Wenn ich mich recht erinnere, in den Schankraum.«
»Wie tief liegt der Boden dahinter?«
»Höchstens einen Meter.«
Einen Meter. Wenn er die Scheibe einschlagen würde, könnte er in das Innere springen und Steiner überwältigen. Seine Überlegung stockte. Steiner überwältigen? Der Kerl war mindestens einen Kopf größer als er. Und womöglich bewaffnet. Nur mit bloßen Fäusten…
Er sah sich um. Einige Meter entfernt waren Paletten gestapelt. Wenn er nun eine der Paletten…? Er lief hinüber und musterte seine Entdeckung. Rainer hob eines der Dinger an. Zu groß und zu schwer, um sie als Waffe zu benutzen.
Er winkte Christian Hanssen zu sich und gemeinsam legten sie Palette für Palette zur Seite, bis sie auf eine stießen, die Rainer für seine Zwecke geeignet erschien. Sie war in mehrere Stücke zerbrochen. Ein Teil hatte das richtige Gewicht und die Abmessungen, die es ihm erlauben würden, es als Rammbock beim Durchbrechen der Scheibe und als Schlagwerkzeug zu benutzen. Er klemmte die Palette wie ein Lanze unter den rechten Arm. Das könnte klappen. Nun musste nur noch Steiner abgelenkt werden.
»Die Hintertür, geht die unmittelbar in den Schankraum?«
»Nein, in ein Nebenzimmer.«
»Gut. Sie gehen zu der Tür und machen Lärm. Richtig viel Lärm. Klopfen, schlagen, treten, was weiß ich. Damit Steiner abgelenkt ist.«
»Und Sie?«
Rainer hob demonstrativ seine Palettenlanze. »Fordere Steiner zum Zweikampf.«
Christian Hanssen schüttelte heftig den Kopf. »Nein, das mache ich nicht. Viel zu gefährlich.«
Das fand Rainer im Grunde auch. Aber er schob die Gedanken sofort wieder beiseite. Er musste Elke aus der Gewalt Steiners befreien, koste es, was es wolle. Schließlich war die Observation seine Idee gewesen.
»Feigling«, zischte Rainer. »Schließlich habe ich
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