Zweyer, Jan - Rainer
verfügen?«
»Fünfhunderttausend.«
»Franken?«
»Selbstverständlich.«
Müller schluckte. Das also nannte Wübber einen kleineren Betrag. Wenn er da an sein Gehalt dachte… Wieso hatte eine Achtzehnjährige eine halbe Million Franken und er musste immer noch den Kredit für den letzten Urlaub abstottern?
Vielleicht sollte er sich irgendwann doch näher mit den Schriften dieses Karl Marx beschäftigen. Oder eine reiche Witwe ehelichen. Vielleicht wäre auch Lotto eine Lösung.
»Was hat sie mit dem Geld gemacht?«
Wübber schaute ihn erstaunt an. »Woher soll ich das wissen?
Kleidung und Platten gekauft, in Discos gegangen oder Partys gegeben. Wofür gibt ein junges Mädchen schon Geld aus?«
Müller versuchte sich vorzustellen, wie viele Discobesuche jemand machen musste, um einen solchen Geldbetrag unter die Leute zu bringen, ließ es dann aber. »Sie sagten uns vor einigen Tagen, dass Sie von Ihrer Frau getrennt leben. Können Sie mir Näheres darüber…«
Wübber nahm unvermittelt wieder Kurs auf Norderney.
»Geht Sie das etwas an?«
Müller hatte Mühe, Schritt zu halten. »Eigentlich nicht. Aber wir wissen, dass Sie und Ihre Frau in Verdacht gerieten, den ersten Ehemann…«
»Darauf spielen Sie an. Haben Sie das auch von Favre?«
Müller setzte zu einer Erklärung an, aber Wübber winkte ab.
»Lassen Sie. Der Mistkerl wollte mich erpressen.«
»Wie bitte?«
»Er hat mich heute Morgen angerufen und mir gedroht, die alten Geschichten der Polizei zu erzählen, wenn ich ihm nicht einhunderttausend Franken zukommen lasse. Ich habe natürlich abgelehnt. Da hat er dann wohl seine Drohung wahr gemacht.«
»Hat er nicht. Wir haben auch unsere Quellen.«
»Verstehe.«
»Wollen Sie Anzeige gegen Favre erstatten?«
»Ich denke darüber nach.«
»Was war denn nun mit Ihrem früheren Geschäftspartner und Ihrer heutigen Frau?«
Der Teehändler hob die Stimme. »Die Ermittlungen gegen uns wurden eingestellt. Es war ein Unfall. Peter hat sich beim Waffenreinigen selbst in die Brust geschossen.«
»Ich kenne die Akten.« Auch Müller war nun weniger konziliant.
»Warum fragen Sie dann?«
Der Kommissar gab keine Antwort, sondern setzte stattdessen fort: »Und das Lehrmädchen?«
Wübber blieb wieder stehen. Wütend schnaubte er: »Was soll das alles? Die Vorfälle liegen Jahre zurück. Gegen mich wurde nie Anklage erhoben. Wollen Sie aus alten, unberechtigten Verdächtigungen eine Beziehung zum Tode von Marlies herstellen?«
»Das nicht. Ich möchte mir nur ein Bild von Ihnen machen.«
»Und dann? Anhand Ihres laienhaften psychologischen Profils feststellen, ob ich für den Mord an diesem Schwiebus infrage komme? Ich nehme an, darum geht es? Oder verdächtigen Sie mich, meine Stieftochter umgebracht zu haben?«
»Sie war schwanger!«
»Na und? Deshalb bringt man doch sein Kind nicht um.«
»Deshalb vielleicht nicht. Es kommt darauf an, wer der Vater des ungeborenen Kindes war.«
Wübber brauchte einen Moment, um die Tragweite dieser Bemerkungen zu erfassen. Er hob drohend beide Arme. Sein Gesicht verkrampfte sich. Er presste die Lippen aufeinander, bis sie wie ein Strich aussahen. Für einen Augenblick dachte Müller, der Bremer würde sich auf ihn stürzen. Unwillkürlich trat der Polizist einen Schritt zurück.
Langsam ließ der Teehändler die Arme wieder sinken. »Das ist ja ungeheuerlich«, sagte er mit einer harten, metallischen Stimme. »Sie wagen es, mir zu unterstellen…«
Er schüttelte heftig den Kopf. »Das wird ein Nachspiel haben, glauben Sie mir. Das wird Ihnen noch Leid tun.«
Wortlos drehte er sich um und stampfte in die aufkommende Dunkelheit.
33
»Wollen Sie uns nicht erzählen, was eigentlich los ist? Sie sind ja weiß wie eine Wand.« Hendrik Altehuus stützte sich auf sein Rad.
Rainer zögerte, nickte dann aber und berichtete in kurzen, knappen Worten von ihrem Besuch bei Steiner.
»Und Sie meinen, Steiner hat Schwiebus umgebracht?«
»Warum sonst sollte er Elke verschleppen?«
»Das habe ich nicht gesagt«, protestierte Altehuus. »Es sah lediglich so aus, als ob Steiner Ihre Freundin wegzerrte.«
»Das ist dasselbe.« Rainer duldete keinen Widerspruch. »Sie sind sich sicher, dass Steiner mit Elke an den Strand wollte?«
»Anscheinend. Aber vielleicht wollten sie nicht zum Strand?«
»Wohin sonst?«
»Steiner hat in den Dünen noch eine zweite Kneipe. Sie ist aber im Winter geschlossen. Achims Klönstuv heißt der Laden.«
Sie hatten die
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