Zweyer, Jan - Rainer Esch 02
beschweren, Herr Edding. Ich bin es nicht gewohnt, dass jemand so mit mir spricht. Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie auch nicht immer bei der Kriminalpolizei waren und auch schon einer anderen deutschen Regierung einen Amtseid geleistet haben. Oder irre mich da, Herr Hauptkommissar?« Rallinskis Augen funkelten.
Brischinsky fand es an der Zeit einzugreifen. Die Auseinandersetzung der beiden Ostdeutschen schien zu eskalieren. »Herr Edding«, versuchte Brischinsky zu beschwichtigen, »Herr Rallinski wird uns jetzt sicher alles erklären.«
»Das will ich ihm auch geraten haben.« Edding wirkte nicht mehr so souverän wie noch vor einigen Sekunden. Rallinskis Bemerkungen hatte bei dem Polizisten verdrängte Erinnerungen geweckt. »Also, Herr Rallinski, dann legen Sie mal los.«
»Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen.« Der EXIMCO-Chef hatte seine Nerven schon wieder im Griff.
»Natürlich bin ich gerne bereit, Ihnen alle Auskünfte zu erteilen, die Sie wünschen. Meine Frau und ich waren der Meinung, dass es vernünftig wäre, den alten Leiter der Firma EXIMCO an seinem Posten zu belassen. Er hat das Geschäft schon vor der Wende sehr erfolgreich geführt und sollte das auch weiterhin tun. Ich habe als stellvertretender Geschäftsführer die Interessen meiner Frau vertreten, die sich als Gesellschafterin nicht in das Tagesgeschäft der Firma einmischen wollte. Natürlich hat Herr Grohlers alle wichtigen Entscheidungen mit mir besprochen, das sieht der Gesellschaftsvertrag und unsere Geschäftsordnung so vor.«
»Worin besteht denn das Tagesgeschäft der Firma EXIMCO?«, fragte Brischinsky.
»Wir kaufen und verkaufen Waren aller Art. Sie müssen sich das so vorstellen…«
Rallinski stand auf und ging zu einer Europakarte, die an der Wand hing und in der kleine Stecknadeln mit roten und blauen Köpfen steckten.
»Hier, die roten Stecknadeln sind die Standorte der Firmen, die Käufer unserer Waren sind, und die mit den blauen, das sind unsere Lieferanten. Wenn nun einer unserer Kunden in Rumänien, der hier beispielsweise in Konstanza«, Rallinski zeigte auf eine rote Stecknadel am Schwarzen Meer, »bei uns anfragt, ob wir gebrauchte Kräne zum Be-und Entladen von Schiffen im Angebot haben, prüfen wir, ob einer unserer Lieferanten, hier in Rostock zum Beispiel«, er deutete auf einen blauen Kopf an der Ostsee, »solche Kräne zur Verfügung hat. Wir vereinbaren einen Kaufpreis und einen Verkaufspreis, der so weit darüber liegt, dass die Kosten für Demontage, Transport und Versicherung gedeckt sind und für uns noch ein Gewinn bleibt. So einfach ist das.«
»Warum aber«, wunderte sich Brischinsky, »wendet sich der Rote aus… wie hieß der Ort?«
»Konstanza.«
»Ja, Konstanza… nicht selbst an den Blauen aus Rostock? Da könnte er doch Ihren Gewinn sparen, oder?«
»Theoretisch ja. Aber Rot weiß zum Glück nichts von Blau.
Das wissen nur wir. Und dieses Know-how ist unser Geschäft.«
»Aha. Ich vermute mal, dass dieses Wissen seinen Ursprung in Ihrer langjährigen Tätigkeit im Außenhandelsministerium hat?«, warf Edding ein.
Rallinski musterte den Hauptkommissar ungehalten: »Wenn Sie so wollen, ja.«
»Schön für Sie. Ich wusste schon immer, dass nichts über eine solide Ausbildung geht. So wirkt der Sozialismus noch heute segensreich nach. Wirklich erhebend, finden Sie nicht auch, Herr Brischinsky?«
»In der Tat. Sagen Sie, Herr Rallinski, zu DDR-Zeiten gehörte Ihre Firma zum Außenhandelsministerium. Nur dazu, oder auch zur Kommerziellen Koordinierung?«
»EXIMCO hat für die KoKo das eine oder andere Geschäft abgewickelt, soweit mir bekannt ist. Aber leider kann ich dazu nichts Genaues sagen, wir waren als Planungsabteilung ja nur für die administrative Seite zuständig, wie ich schon ausführte.
Da müssten Sie dann schon mit anderen sprechen, aber leider…«
»Leider ist Herr Grohlers nun ja tot. Und der war allein verantwortlich und zuständig, das wollten Sie sagen, nicht?«, unterbrach ihn Edding.
»Genau, Herr Hauptkommissar.« Ein ironisches Lächeln zeichnete sich im Gesicht des Geschäftsführers ab.»Genau das wollte ich sagen.«
»Und natürlich haben Sie auch nicht die geringste Ahnung, woher der Vorwurf der Staatsanwaltschaft stammt, die Firma EXIMCO und ihre Geschäftsführung habe sich im großen Stil an illegalen Geschäften mit dem Transferrubel beteiligt?«
»Richtig. Das kann ich mir wirklich nicht erklären. Aber lassen Sie mich etwas
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