Zweyer, Jan - Rainer Esch 02
Sie eigentlich?«
»Die Planungsabteilung. Völlig unpolitisch im Grunde. Wir haben uns im Wesentlichen mit der Planung des Im-und Exports bestimmter Güter beschäftigt. Und in diesem Zusammenhang wurde EXIMCO gegründet. Quasi als Holding. Zur besseren Abwicklung der Geschäfte gewissermaßen. Na ja, wir waren das zuständige Kontrollorgan, machten die administrativen Vorgaben. In das operative Geschäft der Firma haben wir uns natürlich nicht eingemischt.«
»Natürlich nicht. Wer hat denn dann die Gesellschaft 1990
neu gegründet?«
»Dazu möchte ich nichts sagen. Ich glaube auch nicht, dass ich dazu verpflichtet bin.«
»Sind Sie auch nicht. Trotzdem sollten Sie aber unsere Fragen beantworten, Herr Rallinski.«
»Warum?«
»Um den Eindruck zu vermeiden, dass Sie nicht kooperieren wollen.«
»Wenn es Ihnen weiterhilft: Alleinige Gesellschafterin ist Frau Elenore Rallinski.« Der Geschäftsführer war sichtlich nervös, fand Brischinsky.
»Rallinski, Elenore Rallinski. Ist die Dame zufällig mit Ihnen verwandt?«
»Ja. Sie ist meine Frau. Warum? Ist das verboten?«
»Ihre Frau? Das ist ja interessant. Nein, natürlich ist das nicht verboten. Und das Grundkapital der Gesellschaft beträgt fünfzigtausend Mark, nehme ich an?«
»Ja, natürlich.«
»Natürlich.« Eddings Stimme wurde etwas schärfer. »Woher hatte Ihre Frau denn das Geld? So kurz nach der Währungsunion?«
»Erspartes. Wir konnten uns ja all die Jahre von unserem Geld nichts kaufen, oder?«, erwiderte Rallinski kalt.
»Auch wieder wahr. Zumindest ich konnte mir nicht viel kaufen. Ich hatte aber trotzdem keine hunderttausend Ostmark aufm Konto. Oder wie viel haben Sie benötigt, um das erforderliche Kapital in Westmark aufzubringen? Vor dem Umtausch eins zu zwei?«
»Das geht Sie gar nichts an.«
»Nur Ihr Spargroschen, sagten Sie? Weil wir uns nichts kaufen konnten? Sie waren doch ein hohes Tier im Außenhandelsministerium, oder? Da konnten Sie nicht das eine oder andere außer der Reihe in Exquisitgeschäften oder Intershop-Läden bekommen? Ich gebe ja gerne zu, dass Sie mehr verdient haben als ich, aber einhunderttausend?« Edding schüttelte nur kurz den Kopf. »Kann ich mir kaum vorstellen, Herr Rallinski. So ganz kann ich Ihnen da wirklich nicht folgen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Dann lassen Sie es eben bleiben. Wir haben jedenfalls unser gesamtes Erspartes in diese Firma gesteckt.«
»Herr Rallinski, wissen Sie, was ich mir nicht erklären kann?« Der Berliner Beamte sah Rallinski erwartungsvoll an.
»Dachte ich mir. Können Sie ja auch nicht wissen. Ich kann mir einfach nicht erklären, dass jemand sein gesamtes Geld in eine Firma steckt, dann aber freiwillig auf den Geschäftsführerposten verzichtet und sich mit dem des Stellvertreters begnügt und noch dazu einen Vorgesetzten akzeptiert, der vor der Wende sein untergebener Mitarbeiter war. Ich verstehe sowas nicht. Sie?« Damit wandte sich Edding an Brischinsky, der bisher interessiert zugehört hatte.
Brischinsky zuckte nur mit den Schultern. »Kaum.«
»Das, Herr Rallinski, sollten Sie uns jetzt erklären.« Eddings freundliche Gutmütigkeit, die er wie eine Maske vor sich her trug, war plötzlich weg. »Und zwar so, dass auch ich einfacher Polizist das kapiere, wenn Sie verstehen, was ich meine. Aber ein bisschen plötzlich«, brüllte er Rallinski an.
Brischinsky sah seinen Kollegen überrascht an. So viel Temperament hatte er ihm gar nicht zugetraut.
Rallinski zuckte zusammen, fing sich aber sofort wieder. Der Geschäftsführer sah erst Edding, dann Brischinsky an und sagte leise, aber sehr bestimmt: »Wenn Sie zu mir gekommen sind, um lediglich rumzuschreien, können Sie mein Büro unverzüglich wieder verlassen. Da ist die Tür. Das muss ich mir von Ihnen nicht bieten lassen. So können Sie mit mir nicht umspringen, so nicht. Ich habe schließlich auch Rechte…«
»Was haben Sie? Rechte? Das sagt mir einer, der jahrzehntelang mit seinen Genossen dafür gesorgt hat, dass das Recht bis zur Unkenntlichkeit verbogen wurde. Sie wollen Rechte haben?«, schrie Edding. »Ich werde Ihnen gleich Ihre Rechte vorführen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Rallinski holte tief Luft und antwortete in einem scharfen Tonfall, der spüren ließ, dass dieser Mann in seinem Leben mehr Anweisungen erteilt als Anordnungen entgegengenommen hatte: »Wenn Sie in meinem Büro noch einmal so herumbrüllen, werde ich mich bei Ihrem Vorgesetzten über Sie
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