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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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Nina die ersten Bilder. Tatsächlich stammen Briefe und Bilder von dem Sohn einer Arbeitskollegin Ihrer Frau. Der Junge heißt übrigens Paul. Die Mutter hat für die Bemühungen ihres Sohnes pro Lieferung dreihundert Euro kassiert. Geschrieben und gemalt wurde quasi auf Vorrat. Zwei Mal im Jahr wurden die Briefe in Dortmund abgeholt, nach Rumänien gebracht und dann an Sie weitergeschickt. Es gab nie eine Nina, Herr Schmidt.« Nach einer längeren Pause fragte Brischinsky: »Wer ist der beziehungsweise sind die Erpresser? Hendrikson?«
    Peter Schmidt schaute die Beamten mit entsetztem Gesicht an. Dann stöhnte er wie ein verletztes Tier. »Dieses Schwein.
    Dieses verdammte Schwein!« Sein Atem ging rasselnd. »Mehr als zehn Jahre habe ich Angst um meine Familie gehabt. Angst um eine Familie, die ich nie hatte! Ich bringe den Mistkerl um, das schwöre ich. Ich bringe ihn um!«
    »Uns wäre es lieber, wenn Sie mit uns zusammenarbeiten würden«, bemerkte Brischinsky trocken. »Sind Sie jetzt bereit, eine Aussage zu machen?«
    »Ja, das bin ich«, antwortete Schmidt.
    Er erzählte: Angefangen hatte alles im Sommer 1989.
    Schmidt war damals als Vertreter auf Provisionsbasis in eine kleine Versicherungsagentur eingetreten, die ursprünglich einem Belgier gehört hatte und bevorzugt Lebensversicherungen vermittelte. Irgendwann im Frühjahr des folgenden Jahres berichtete der Inhaber, dass er einen Teil des Geschäfts an einen Partner verkauft hatte. Wie sich später herausstellen sollte, hieß dieser Partner Hendrikson.
    Erste Unregelmäßigkeiten im Geschäftsgebaren bemerkte Schmidt kurz nach der Wende. Den unerfahrenen Ostdeutschen wurden Versicherungspolicen zu völlig überhöhten Preisen verkauft. Dann häuften sich die Reklamationen. Schmidt hatte den Eindruck, dass von den Vertretern der Agentur die Unterschriften unter den Verträgen gefälscht worden waren, um die Vermittlungsprovisionen von den Versicherungsgesellschaften zu kassieren. Um seinen Job nicht zu verlieren, schließlich hatte er gerade erst geheiratet, verschloss Schmidt vor diesen Praktiken zunächst die Augen.
    Dann sprach er seinen damaligen Chef darauf an. Dieser zuckte mit den Schultern, versprach aber, den Verdachtsmomenten nachzugehen. Schmidt gab sich mit dieser Erklärung zufrieden. Wenig später übernahm Hendrikson die Agentur ganz. Schmidt wurde als Geschäftsführer eingesetzt und Eva verschwand. Die Erpressung begann.
    Bereits 1991 wurde FürLeben gegründet. Die Gesellschaft übertrug ein Geschäftsmodell auf die Bundesrepublik, das bisher nur in England und den USA erfolgreich gewesen war.
    Der Laden boomte. Zunächst war Hendrikson darauf bedacht, die Transaktionen legal abzuwickeln. Nach einigen Monaten aber kam er auf den Gedanken, mit den Sterbenskranken zusätzliche Geschäfte zu machen. Die Idee mit dem Rezeptbetrug war geboren. FürLeben verfügte über Namen und Anschriften der Todkranken und gab sie an Hendrikson weiter, der die Rezepte verwertete. Später war Schmidt für die Rekrutierung der Leute verantwortlich. Dabei halfen ihm Männer, die ihm Hendrikson vermittelte.
    »Und der Warnanruf wegen der drohenden Explosion?«
     
    »Ich hatte nicht die geringste Ahnung, um was es sich handelte. Hendrikson hat mir den Text und den Zeitpunkt des Anrufs vorgeschrieben. Ich war fürchterlich erschrocken, als ich am nächsten Tag in der Zeitung las, was passiert war. Das müssen Sie mir glauben. Bitte!«
    »Was ist mit der Manipulation an der Gasleitung? Hat Hendrikson selbst die Rohrzange geschwungen?«, fragte der Hauptkommissar.
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Er hat sich immer bemüht, im Hintergrund zu bleiben. Ich glaube eher, dass er einen seiner Helfershelfer damit beauftragt hat.«
    »Verstehe. So wie diesen Kulianow?«
    Schmidt war überrascht. »Sie kennen ihn?«
    »Natürlich.«
    »Das stimmt. Kulianow war einer dieser Handlanger. Er stammt aus Kiew. Hendrikson hat oft mit Männern aus Ost-und Südosteuropa zusammengearbeitet. Er verfügt über exzellente Kontakte dorthin.«
    »Sie kennen diese, sagen wir, Mitarbeiter?«
    »Nicht alle. Aber eigentlich kenne ich sie nicht wirklich. Ich weiß, wie sie heißen… nein, wie sie sich nennen. Ich habe jeden von ihnen höchstens zwei-oder dreimal gesehen. Sie waren immer nur wenige Tage in Deutschland. Hendrikson ist sehr vorsichtig. Ich glaube nicht, dass ihn einer dieser Leute persönlich kannte. In der Regel fand der Kontakt nur telefonisch oder über Mittelsmänner

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