Zweyer, Jan - Rainer
dabehalten. Vierbettzimmer!
Links neben mir ein Schnarcher, rechts ebenfalls. Und der gegenüber hatte anscheinend was an der Prostata. Zehn Toilettengänge in fünf Stunden. Licht an, Licht aus. Zu allem Übel zog der jedes Mal mit lautem Klappern den Ständer hinter sich her, an dem seine Infusionsflaschen hingen.
Wecken um fünf. Halb sechs Frühstück. Ein Albtraum, sage ich dir.«
»Die Ärzte haben dich nach nur einer Nacht wieder entlassen?«
»Ach was. Ich bin einfach gegangen.«
Sein Mitarbeiter konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. »Du wirst auch nicht schlau. Und der Fuß?«
»Ist besser, Gott sein Dank. Aber lassen wir das. Du hast Schmidts Frau gefunden?«
Baumann erzählte von seinem Besuch im Knast.
»Das wird Schmidt einen schweren Schlag versetzen«, prophezeite Brischinsky, nachdem er den Bericht gehört hatte.
»Ich bin gespannt, wie er reagiert.«
Der Untersuchungshäftling Peter Schmidt wurde nachmittags um zwei zur Vernehmung ins Verhörzimmer gebracht.
»Bei der Durchsuchung Ihrer Wohnung haben wir Briefe von Nina gefunden«, begann der Hauptkommissar. »Wer ist Nina?«
»Meine Tochter«, erwiderte Schmidt mit leiser Stimme.
»Und wo hält sich Nina auf? Die Briefe sind ausnahmslos in Resita aufgegeben worden. Das liegt in Rumänien, nicht wahr?
Befindet sich Ihre Tochter dort?«
Brischinsky bekam keine Antwort.
»Was ist mit Ihrer Frau? Wissen Sie, wo sie lebt?«
Schmidt schwieg weiter.
»Wir haben einige der Briefe gelesen. Es hat den Anschein, dass Sie erpresst werden. Von diesem Hendrikson?«
Der Untersuchungshäftling sah auf. Er hatte Tränen in den Augen. »Ich kann nicht darüber sprechen.« Er war kaum zu verstehen. »Ich darf sie nicht gefährden«, murmelte er. »Ich muss sie schützen.«
»Herr Schmidt, was ich Ihnen jetzt sage, wird ein Schock für Sie sein.«
Der Angesprochene reagierte nicht.
»Wir haben Ihre Frau gefunden.«
Schmidt riss überrascht die Augen auf. »Wie kann das… Wo ist sie? Geht es ihr gut?«
»Keine Angst. Sie erfreut sich bester Gesundheit.«
»Wo…?«
»Sie befindet sich zurzeit in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen. Sie ist dort inhaftiert. Seit etwa zwei Monaten.
Davor hat sie in Dortmund gewohnt. Seit sie sich von Ihnen getrennt hat.«
Schmidt sah aus, als ob er ein Gespenst gesehen hätte. »Das, das kann nicht sein«, stammelte er. »Das ist unmöglich.«
»Es gibt keinen Zweifel. Mein Kollege hat heute Morgen mit ihr gesprochen.«
»Nein, ich glaube Ihnen nicht…«
Baumann schob langsam ein Foto über den Tisch, das Eva Schmidt kurz nach ihrer Festnahme zeigte. »Ist sie das?«, fragte er.
Schmidt nickte zögernd.
»Diese Frau sitzt im Moment knapp dreißig Kilometer von hier entfernt in einer Zelle. Ich habe sie dort besucht«, bekräftigte Baumann.
»Und meine Tochter? Wo ist Nina?«
»Sie haben nie eine Tochter gehabt«, sagte Brischinsky ruhig.
»Nina war eine Erfindung. Ein Druckmittel, um Sie bei der Stange zu halten.«
Schmidt sah zweifelnd und mit tränenüberströmtem Gesicht von einem zum anderen. »Nein!«, schrie er voller Schmerz auf.
»Neeiin!«
Brischinsky gab Baumann ein Zeichen. Der unterbrach die Tonbandaufnahme.
Als der Hauptkommissar der Auffassung war, dass sich Schmidt wieder einigermaßen in der Gewalt hatte, fuhr er mit seinen Erklärungen fort: »Ihre Frau ist kurz nach dem Umsturz in Rumänien mit einem Besuchervisum in die Bundesrepublik eingereist. Angeblich hatten Verwandte sie eingeladen. Um ihren Aufenthalt hier zu legalisieren, brauchte sie einen deutschen Pass. Den haben Sie ihr durch die Hochzeit verschafft. Sie ist schon, während sie noch bei Ihnen wohnte, mit einem Landsmann eine Beziehung eingegangen. Mit diesem Mann lebt sie noch heute zusammen. Er ist ihr Partner und…«, Brischinsky zögerte einen Moment, als ob er sich nicht sicher wäre, ob er die nächsten zwei Worte aussprechen sollte, »… ihr Zuhälter.«
Schmidt schluchzte wieder.
»Dieser Mann hat sie dazu gebracht, Ihnen die Schwangerschaft vorzutäuschen. Über die Gründe können wir im Moment nur Vermutungen anstellen. Nachdem sie Sie verlassen hat, ist sie nach Dortmund gezogen und hat begonnen, als Prostituierte zu arbeiten. Eva Ivanceau hatte nie die Absicht, mit Ihnen zusammenzuleben. Dann erhielten Sie den ersten Brief von ihr. Abgeschickt in Rumänien. Um den Druck auf Sie noch zu erhöhen, erfanden die Erpresser Nina.
Und einige Jahre später schickte Ihnen die vermeintliche
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