Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
Vom Netzwerk:
Schmidt.
    »Ja?«
    »Sie haben gewonnen«, erklärte sie resigniert. »Setzen Sie sich wieder.«
    Heiner Baumann kehrte zu seinem Platz zurück.
    »Was ist mit dem Tabak?«, fragte die Gefangene.
     
    51
    Am Freitagnachmittag hatte Elke kurz überlegt, sich mit Rainer auszusprechen. Sie hatten zwar den ganzen Tag gemeinsam an einem neuen, äußerst gewinnbringenden Mandat gearbeitet, waren aber nur geschäftsmäßig miteinander umgegangen. Ein in Herne ansässiges Unternehmen der Automobilzulieferindustrie wollte einen Lieferanten auf Schadensersatz verklagen, da die gelieferte Ware mit so großen Fehlern behaftet war, dass sie nicht weiterverarbeitet werden konnte. Die Firma bezifferte ihren Schaden auf etwas über fünfhunderttausend Euro. Bei so einem Streitwert klingelte es auch in der Kasse der Sozietät Schlüter und Esch.
    Aber die Anwälte hatten kein privates Wort oder gar eine vertrauliche Geste miteinander getauscht.
    Obwohl Elke wütend war und sich im Recht fühlte, empfand sie diesen kalten Krieg als zutiefst unangenehm. Den ersten Schritt wollte sie allerdings auch nicht machen. So hatte sie einen ziemlich einsamen und traurigen Abend verlebt und war am Samstagmorgen in die Kanzlei gefahren, um mit Martina noch einen dringenden Schriftsatz fertig zu stellen. Nach zwei Stunden waren die Arbeiten abgeschlossen.
    Beim Verlassen ihres Büros stolperte sie im Sekretariat fast über einen großen Karton.
    »Kannst du das blöde Teil nicht irgendwo anders deponieren«, fauchte sie die Sekretärin an. »Da bricht man sich ja die Beine.«
    »Verzeihung«, blaffte Martina beleidigt zurück. »Aber zum einen ist das Teil nicht zu übersehen und zum anderen solltest du deine schlechte Laune nicht an mir auslassen. Wenn du Streit mit deinem Freund hast, kläre das mit dem und hacke nicht auf mir herum. Ich kann nichts dafür, wenn bei euch mal wieder das Kriegsbeil aus gegraben wurde. Meine Laune ist im Übrigen auch nicht die beste. Ich kann mir nämlich etwas Schöneres vorstellen, als den Samstagvormittag hier zu verbringen, nur weil ihr eure Arbeiten nicht so fertig stellt, dass ich die meine während der regulären Arbeitszeit erledigen kann.«
    Elke lenkte ein. Ihr waren die Nerven durchgegangen. »Tut mir Leid. Sorry.«
    Martina akzeptierte die Entschuldigung mit einem Nicken.
    »Was ist das überhaupt für eine Kiste?«
    »Da sind Bücher drin.«
    »Bücher? Was für Bücher?«
    »Karl-May-Bände. Diese Mandantin von Rainer, Sabine Schollweg, hat sie geschickt. Rainer soll sie irgendeinem Jungen übergeben. Das war der Wunsch des verstorbenen Horst Mühlenkamp.«
    »Sind wir jetzt auch schon Testamentsvollstrecker?«, maulte Elke.
    »Was weiß ich, was sich Rainer dabei gedacht hat.«
    Die Anwältin hatte inzwischen den Karton geöffnet und einen der Bände herausgeholt. »Unter Geiern«, las sie laut.
    »Der Titel passt zu unserem Beruf, was meinst du?«
    Martina lachte auf.
    Elke blätterte in dem Roman. Dabei fiel ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus den Seiten. »Hast du jemals eine dieser Indianergeschichten gelesen?«
    Martina schüttelte den Kopf und zeigte auf den Boden. »Da ist etwas herausgefallen.«
    »Tatsächlich?« Elke legte den Band zurück und bückte sich nach dem Zettel. »Vermutlich ein Lesezeichen.« Sie deponierte das Papierstück auf Martinas Schreibtisch.
     
    »Mein kleiner Bruder hat die Geschichten früher regelrecht gefressen«, erzählte die Angestellte. »Mal war er Winnetou, mal Old Shatterhand. Manchmal auch Kara Ben Nemsi oder, warte, ich bekomme es bestimmt noch zusammen, Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abdul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah.«
    »Wer?«, wunderte sich ihre Chefin.
    »Einer der Helden aus den Geschichten, die im Orient spielen.«
    »Kein Wunder, dass Männer so eigenartig sind, wenn sie als Jungs Geschichten lesen, in denen die Figuren so seltsame Namen tragen.«
    Martina lachte wieder. »Da hast du wirklich Recht.«
    Elke nahm ihre Mitarbeiterin in den Arm. »Komm, pack zusammen. Ich lade dich auf ein Eis ein.«
     
    52
    »Wie geht es dir?«, erkundigte sich Heiner Baumann, als er seinen Chef bei seiner Rückkehr an dessen Schreibtisch vorfand.
    »Geht so«, brummte der. »Die Wunde hatte sich wieder entzündet und war vereitert. Die Ärzte haben sie desinfiziert, gereinigt und einen neuen Verband angelegt. Das Schlimmste aber war, dass ich heute Nacht kein Auge zugetan habe.«
    »Warum nicht? Hattest du Schmerzen?«
    »Das auch. Aber sie haben mich

Weitere Kostenlose Bücher