Zweyer, Jan - Rainer
Gleichgewicht in Unordnung. Das Wachstum der Algen hatte in den letzten Tagen bedrohlich zugenommen. Er sollte… Trotz aller Bemühungen gelang es ihm nicht, sich mit Gedanken an die Gartenarbeiten abzulenken. Immer wieder kam ihm der gestrige Besuch dieser Kriminalbeamten in den Sinn.
»Kommst du bitte wieder in das Zimmer und schließt die Tür.
Es wird zu warm im Raum. Das schafft die beste Klimaanlage nicht.« Maria Lehmann ruhte ihre Füße auf dem Couchtisch aus und nippte gelassen an einem Gin-Tonic mit viel Eis. Sie war mit einem Seidenbademantel bekleidet, um den lose ein Gürtel geschlungen war. Darunter trug sie schwarze Seidenwäsche, die mehr zeigte als verbarg.
»Wir hätten es ihnen sagen sollen.« Ihr Mann drehte sich zu ihr um und zog unruhig an seiner Zigarette. »Das wäre besser gewesen.«
»Red keinen Unsinn. Die Polizei tappt doch völlig im Dunkeln. Und setz dich bitte wieder hin. Du machst mich ganz nervös mit deinem ständigen Hin-und Herlaufen.«
»Ich muss dauernd an Bauer denken.«
»Wirst du jetzt sentimental?«, spottete sie.
»Ein Mensch ist ums Leben gekommen«, brauste er auf.
»Das ist mir klar. Aber es war ein Unfall. Außerdem: Hast du das Gas aufgedreht?«
»Als ob das eine Rolle spielt.«
»Das spielt eine Rolle. Juristisch, meine ich.«
»Und moralisch?«
»Verdammt nochmal, glaubst du etwa, ich würde mir nicht wünschen, die ganze Angelegenheit ungeschehen machen zu können? Aber das geht nicht. Das weißt du genauso gut wie ich.«
»Ich wollte, ich wäre ebenso kalt wie du.«
»Kalt? Komm her«, schnurrte sie. »Dann zeige ich dir, wie kalt ich bin.«
Lehmann öffnete das Barfach und goss Whiskey in ein Glas.
Dann bediente er sich aus einem Eiskühler.
»Machst du mir bitte auch noch einen?«, fragte seine Frau und hielt ihm auffordernd ihr Glas hin.
»Du trinkst zu viel«, bemerkte er.
»Na und?« Maria Lehmann lachte kurz auf. »Wen interessiert das schon. Die Apotheke wurde in die Luft gesprengt, wir dürfen die Ruine vorläufig nicht betreten… Also, was soll’s?«
Ihr Mann füllte wortlos ihr Glas.
»Etwas mehr Eis bitte.«
Er stellte den Gin vor ihr auf den Tisch, nahm selbst einen großen Schluck von seinem Getränk und setzte seine Wanderung durch das Wohnzimmer fort.
»Wir brauchen nichts mehr zu tun, als in aller Ruhe abzuwarten«, sagte sie. »Setz dich doch endlich! Und mach die Terrassentür zu.«
Lehmann gab keine Antwort. Maria räkelte sich und sorgte so dafür, dass sich ihr Bademantel weiter öffnete. »Wenn die etwas wüssten, hätten die gestern andere Fragen gestellt. Mach dir keine Sorgen. Und jetzt komm zu mir. Ich bringe dich schon auf andere Gedanken.« Sie spreizte lasziv ihre Schenkel.
Ihr Mann hatte keinen Blick für ihre Reize. »Wir hätten uns nicht auf das Geschäft einlassen dürfen. Das war ein Fehler.«
Sie richtete sich auf. »Ach, tatsächlich?«
»Ja.«
»Aber das Geld hast du gern genommen, oder nicht?« Sie sah sich demonstrativ um. »Meinst du, wir hätten uns das alles hier nur durch die Arbeit in der Apotheke leisten können? Wir säßen heute noch in der Schulstraße, würden unseren Feierabend auf einem kleinen Balkon verbringen und auf den Garagenhof glotzen. Sei nicht albern.«
Lehmann goss Whiskey nach.
»Wer trinkt hier zu viel?«, grinste sie und lehnte sich zurück.
»Mit der Explosion haben wir nichts zu tun. Wenn wir alles offen legen würden…«
»Du bist wohl völlig übergeschnappt? Wir würden unsere Zulassung verlieren. Die Versicherungen würden sich schadlos halten. Und zwar an uns, verstehst du? Nicht an Hendrikson.
Was willst du dann machen? Als Pharmareferent Klinken putzen, um unsere Schulden abbezahlen zu können? Bleib auf dem Teppich.«
Lehmann schwieg. Dann sagte er: »Du weißt, dass das eine Warnung war?«
»Natürlich. Hältst du mich für blöd?«
»Und wenn sie es noch einmal versuchen?«
»Warum sollten sie?«
»Wir haben sie schließlich betrogen und auf eigene Rechnung gearbeitet.«
Sie kicherte albern. Die Longdrinks mit viel Gin und weniger Tonic zeigten Wirkung. »Betrogen. Wie sich das anhört. Wir haben nur ihre Geschäftsidee kopiert. Und perfektioniert.«
»Und uns nicht mehr an die Abmachungen gehalten.«
»Du solltest dir klar machen, dass die Explosion unsere große Chance ist. Dann wirst du auch wieder ruhiger.«
Lehmann ließ sich neben seiner Frau in die Polster fallen.
»Wie meinst du das?«
»Sie wollten uns warnen. Mehr aber
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