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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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von Rainer gestört worden war.
    Auch hier alles vom Feinsten. Rote Wildledergarnitur, weiße Anbauwand, hochwertige Hi-Fi-Anlage. Und dazwischen Mühlenkamp wie eine Karikatur des arbeitslosen Malochers.
    Auf dem Wohnzimmertisch standen einige leere Bierflaschen. Der Aschenbecher quoll über. Paul Mühlenkamp ließ sich auf das Sofa fallen und zeigte auf einen Sessel.
    »Schmeißen Se die Zeitungen ruhig auf den Fußboden, wenn sie Se stören.«
     
    Esch räumte das Altpapier zur Seite und setzte sich. Sein Gastgeber schenkte dem Fernsehgerät einen bedauernden Blick und schaltete es mit der Fernbedienung aus.
    »Wat für ‘n Erbe?«, fragte er dann.
    Rainer knetete seine Finger. Solche Gespräche waren ihm immer unangenehm. »Zuerst mein herzliches Beileid.«
    Mühlenkamp grunzte einen Dank.
    »Sie wissen, dass Ihr Bruder seine Lebensversicherung verkauft hat?«
    Ein Nicken war die Antwort.
    »Einen Teil des Geldes hat er in Aktiengeschäften investiert.
    Mit Erfolg, so wie es aussieht.«
    »Ach? Dat is mir neu.«
    »Details kenne ich auch nicht. Ich dachte, dass vielleicht Sie…?«
    »Nee. Keine Ahnung.«
    »Dann müssen wir die Testamentseröffnung abwarten.«
    »Wat für ‘n Testament?« Mühlenkamp richtete sich auf.
    »Ihr Bruder hat testamentarisch bestimmt, dass seine Freundin erbt.«
    »Sabine?«
    »Ja. Frau Schollweg.«
    »Sie soll erben?« Paul Mühlenkamp stand auf, verließ den Raum und kehrte wenig später mit einer Flasche Bier zurück.
    »Kann Ihnen leider nichts anbieten. Is meine letzte.«
    Rainer winkte ab.
    Mühlenkamp setzte die Pulle an und trank sie in einem Zug halb leer. »Horst hat also ein Testament gemacht. Un allet soll Sabine kriegen?«
    »So wollte es Ihr Bruder.«
    Mühlenkamp wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Wie viel is dat denn?«
    »Ich sagte doch, dass ich keine Details…«
     
    »Is auch egal. Wat is mit der Bude hier?«
    »Sie meinen das Haus?«
    »Wat sonst?«
    Rainer war irritiert. Sabine Schollweg hatte ihm gesagt, dass… »Ich dachte, Sie wären der Eigentümer?«
    »Bin ich auch, dat heißt, teilweise.« Er nahm noch einen Schluck. »Die Hütte hier gehörte meinen, äh, unseren Eltern.
    Vatter war aufm Pütt. Auf König Ludwig. Is 1975 unterm Bruch geblieben. Mutter starb zehn Jahre später. Da war Horst gerade vierzehn. Un ich knapp dreißig. War ‘ne harte Zeit. Dat Jugendamt hat Horst erlaubt, dat er weiter bei mir wohnen konnte un nich ins Heim musste. Unser Mutter hat mich aufm Sterbebett versprechen lassen, dat ich mich um meinen Bruder kümmere. Schulausbildung un so.« Er griff zur Bierflasche.
    »Horst ging aufs Gymnasium und hat Abitur gemacht. Der Erste in unsere Familie. Dann dat Studium.
    Sozialwissenschaften in Bochum. Konnte er abba nich mehr zu Ende machen. Natürlich hat für das alles die Waisenrente nich gereicht. Ich musste dat Haus beleihen. Ein Teil gehört der Bank.«
    »Und der Rest?«
    »Wie meinen Se dat?«
    »Nachdem Ihre Eltern gestorben sind, haben Ihr Bruder und Sie das Haus geerbt, richtig?«
    »Natürlich.«
    »Dann gehörte Ihrem Bruder auch ein Teil des Hauses.«
    Paul Mühlenkamp wirkte konsterniert. »Und die Hypothek?«
    »Könnte als vorzeitige Auszahlung des Erbes interpretiert werden, vorausgesetzt natürlich, Sie haben eine entsprechende Vereinbarung getroffen und diese ins Grundbuch eintragen lassen.«
    »Hab ich nich. Abba gezz, wo er tot ist…«
    »Tja, dann…«
     
    »Wat dann?«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Ihr Bruder testamentarisch bestimmt hat, dass Frau Schollweg sein Erbe antritt.«
    »Un wat is mit dem Pflichtteil?«
    »Gibt es nicht unter Geschwistern. Nur in der direkten Linie.
    Also Kinder zum Beispiel. Wenn Ihre Eltern Ihren Bruder durch Testament enterbt hätten, dann wäre er…« Déjà-vu. Das hatte er alles schon Horst Mühlenkamp erklärt.
    Paul Mühlenkamp stierte Esch ungläubig an. Er wechselte langsam seine Gesichtsfarbe. »Wat heißt dat?«
    »Sie erben nicht. Ich nahm allerdings an, dass Ihr Bruder mit Ihnen darüber gesprochen hat und Sie einverstanden waren.«
    »Wie kommen Se denn darauf?« Mühlenkamp trank die Flasche aus und knallte sie mit Wucht zurück auf den Tisch.
    Inzwischen war sein Gesicht knallrot. Feine Schweißperlen standen auf seiner Stirn. »Diese Kuh erbt also wirklich allet?
    Auch mein Haus? Davon haben mir die bei Gericht nichts gesagt.«
    »Welches Gericht meinen Sie?«
    »Na, dat Nachlassgericht. Die ham mir nur gesagt, ich soll einen Erbschein

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