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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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richtig sind, weil sie von jemandem erteilt werden, der aus was weiß ich für Gründen an die Spitze einer Behörde gespült wurde. – Genau das nenne ich Untertanengeist. – Wiederholen? Ich kann es Ihnen auch buchstabieren. U, n, t… – Ja, ich weiß, was ich da sage. – Ach, kommen Sie. – Wenn Sie wollen, auch bei Kriminalrat Wunder. – Nicht in diesem Ton, das verbitte ich mir!« Brischinsky beendete wütend das Gespräch.
    »Scheißkerl!«
    »Was war denn?« Baumann hatte seinen Chef seit langem nicht mehr so erlebt.
    »Dieser Schnösel Jüngers.«
    »Ich dachte, du hättest deinen Frieden mit dem Staatsanwalt gemacht?«
    »Dachte ich auch. Aber jetzt hat dieser karrieregeile Anfänger ohne Widerrede brav eine Anweisung aus Bochum befolgt und zugestimmt, dass wir uns mit einem Todesfall befassen sollen, der eigentlich in die Zuständigkeit der Bochumer Kollegen fällt.«
    »Na ja, als Anfänger würde ich Jüngers nicht gerade bezeichnen. Schließlich ist er…«
    »Er benimmt sich wie einer, also ist er ein Anfänger.«
     
    »Ist ja gut. Um was geht es denn nun?«
    »In Herne wurde ein Toter gefunden, der in Recklinghausen gemeldet war. Angeblich sieht alles nach einem Routinefall aus. Wir müssen uns jetzt darum kümmern. Weil der Tote ein Recklinghäuser ist. Weil diese de Vries…«
    »Die neue Oberstaatsanwältin?«
    »… der Meinung ist, die Bochumer hätten noch mehr zu tun als wir. Und weil Jüngers seiner neuen Chefin schon bis zu den Schultern im Arsch steckt. Der will doch lieber heute als morgen von der Nebenstelle Recklinghausen ins Mutterhaus nach Bochum versetzt werden, um der de Vries… Ach, ich weiß nicht, warum ich mich so aufrege. Wenigstens haben sie uns den Gang zu den Angehörigen abgenommen.« Er sah nach unten. »Mein Fuß tut weh, ich kann kaum laufen… Ich sollte mich krankmelden.«
    »Dann wird es wirklich eng.«
    »Eben.« Der Hauptkommissar trommelte hektisch mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. »Hast du eigentlich früher geraucht?«
    »Als Zwölfjähriger. Drei Zigaretten hintereinander auf dem Schulklo. Das reichte fürs Leben.«
    »So hat es bei mir auch angefangen.« Brischinsky griff zum Filzstift, dessen oberes Ende schon völlig zerkaut war. »Nur hat es bei mir leider nicht so einfach wieder aufgehört.« Er lutschte mit Hingabe an dem Teil, das trotz aller Bemühungen keinen Rauch spendete. »Gehst du bitte ins Sekretariat von Jüngers und holst die Akte?«
    »Ist die schon da?«
    »Ja. Eben gekommen. Mit Boten. Die Bochumer hatten es verdammt eilig, den Fall abzugeben.«
    Als Baumann gegangen war, schnappte sich der Hauptkommissar den Abschlussbericht der Spurensicherung im Fall Bauer. Der Anfangsverdacht hatte sich bestätigt. An der Gasleitung des Apothekerhauses war manipuliert worden.
    Auch das vermutliche Tatwerkzeug war gefunden worden: eine Pumpenzange, die nicht weit von der Leiche entfernt unter einem Schuttberg gelegen hatte. Fingerabdrücke waren dagegen nicht entdeckt worden. Das hätte den Hauptkommissar auch gewundert. Das Werkzeug war kein Markenfabrikat, sondern Billigware, wie sie von Zeit zu Zeit auf den Grabbeltischen jedes zweiten Baumarktes zwischen Greifswald und Bodensee angeboten wurde. Der Polizist machte sich keine Illusionen. Es war unmöglich, den Käufer zu ermitteln. Ein solcher Versuch wäre nichts weiter als eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für gelangweilte Polizeibeamte
    – und genau die standen nun gerade nicht zur Verfügung.
    Rüdiger Brischinsky warf einen sehnsüchtigen Blick auf die leere Kaffeekanne. Er erhob sich und belastete vorsichtig seinen verletzten Fuß. Ein stechender Schmerz zog bis in seinen Oberschenkel. Er musste sich mit der Hand am Schreibtisch abstützen. Nur langsam hörte das heftige Pochen auf. Er begann, sich ernsthafte Sorgen zu machen. Die Wunde eiterte inzwischen heftig. Wenn die Tetanusimpfung nicht angeschlagen hatte? Er versuchte, noch einen Schritt zu gehen, brach dann aber seine Bemühungen ab und ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. Das hatte keinen Zweck mehr. Er musste wirklich zum Arzt.
    Zwei Stunden später half Heiner Baumann seinem frustrierten Vorgesetzten in die Notaufnahme des
    Knappschaftskrankenhauses.
    »Vielleicht geben sie dir ja ein gemeinsames Zimmer mit dem Kollegen Pauly«, wollte Baumann seinen Chef aufheitern, während sie auf einen Arzt warteten.
     
    »Sehr witzig«, knurrte Brischinsky. Zumindest seine Gemütslage war noch normal.
    Routiniert wickelte die

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