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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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Krankenschwester den Verband ab und betupfte vorsichtig die Wundränder.
    »Das sieht nicht gut aus«, meinte sie mit Kennerblick. »Das müssen wir schneiden.«
    Der Hauptkommissar meinte aus ihrer Stimme eine gewisse Begeisterung herauszuhören. Ihm schoss der Schreck durch alle Knochen. Vor seinem geistigen Auge tauchten grinsende Weißkittel mit riesigen Skalpellen auf.
    »Wie meinen Sie das?«, stammelte er.
    »Das wird Ihnen der Doktor gleich sagen. Bleiben Sie hier liegen. Ich bin sofort wieder bei Ihnen.«
    Die Schwester verschwand. Brischinsky hörte sie in einem Nebenraum hantieren. Der gekachelte Raum, die riesige Leuchte über der Liege, auf der er lag, und die blitzenden Instrumente, die auf einem Rolltisch nur eine Armlänge von ihm entfernt auf ihren Einsatz warteten, flößten ihm jede Menge Respekt ein. Und dann eben auch noch der Hinweis der Schwester. Vielleicht sollte er sich doch einen späteren Termin geben lassen?
    Der Arzt, der ganz in Grün gekleidet die Notaufnahme betrat, unterband jeden weiteren Gedanken an Flucht.
    »Wann haben Sie sich die Verletzung zugezogen?«, fragte er, zog sich Handschuhe an und betastete die Schwellung.
    Der Polizist zuckte zusammen: »Am Samstag.«
    »Tut das hier weh?« Der Arzt drückte wieder auf den Fuß, dieses Mal etwas heftiger.
    Der Hauptkommissar sog zischend Luft ein.
    »Ich sehe schon. Waren Sie damit bei einem Arzt?«
    »Nein. Ein Rettungssanitäter hat mich verbunden und mir eine Tetanusspritze gegeben.«
     
    »Hm.« Der Mediziner wandte sich an die Schwester, die im Hintergrund wartete. »Örtliche Betäubung. Dann mindestens drei Tage stationär.« Er schenkte seine Aufmerksamkeit wieder dem Polizisten, der verkrampft auf der Liege lag und sich bemühte, das eben Gehörte emotional zu verarbeiten.
    »Die Wunde hat sich entzündet. Wir werden das betäuben, den Eiter entfernen, die Verletzung reinigen und nähen.«
    Brischinsky atmete auf.
    »Dann werden wir das Bein ruhig stellen. Sie dürfen den Fuß nicht belasten. Ruhen Sie sich einige Tage bei uns aus, dann sind Sie wieder wie neu. Nicht erschrecken, jetzt wird es ein wenig kalt.«
    »Ich muss was?«
    »Sie bleiben einige Tage hier.«
    Der Tonfall des Arztes klang so bestimmt und der Hauptkommissar fühlte sich von der medizinischen Professionalität um ihn herum so eingeschüchtert, dass er entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten nicht wiedersprach.
    Die Schwester sprühte das Vereisungsmittel auf die Wunde und reichte dem Arzt eine Spritze. Brischinsky verrenkte sich den Hals, um den Mediziner bei seiner Arbeit beobachten zu können. Als dieser wenig später aber tatsächlich zu einem Skalpell griff und die Krankenschwester grüne Tücher auf seinem Fuß ausbreitete, zog es der Hauptkommissar jedoch vor, seinen Kopf nach hinten fallen zu lassen und die Augen zu schließen.
    »Du informierst mich ständig, hörst du?« Brischinsky lag, nur mit einem der seltsamen Nachthemden bekleidet, die vorne geschlossen und hinten offen waren, in einem Krankenhausbett, sein rechtet Bein bis zum Oberschenkel in einer Schaumstoffschiene.
     
    »Meine Haushaltshilfe soll einige Sachen zusammensuchen.
    Und vergiss das Ladegerät für mein Handy nicht. Ach ja, auf meinem Nachttisch liegt ein Buch. Das soll sie ebenfalls einpacken. Mein CD-Player wäre auch nicht schlecht. Du weißt ja, wo die Klassikscheiben stehen. Noch etwas Dienstliches: Kümmere dich vorrangig um die Explosion in Suderwich. Obwohl: Je eher wir den Bochumern den Abschlussbericht über diesen Toten aus Herne schicken können, desto besser. Dann haben wir die Sache vom Tisch. Ist ja vermutlich ohnehin nur Routine. Also sieh zu, was du herausbekommst, okay? Und wenn du heute Nachmittag wiederkommst, bring mir doch ein paar Zeitschriften mit. Ehe ich es vergesse: Einen Notizblock benötige ich auch. Jetzt könnte ich eigentlich gut diesen Bericht schreiben, wegen dem Wunder mir ständig in den Ohren liegt. Dafür brauche ich aber…«
    Verständnislos registrierte der Hauptkommissar, dass Baumann gerade still und heimlich aus dem Krankenzimmer verschwunden war.
     
    15
    Klaus Lehmann stand in der offenen Terrassentür und sah gedankenverloren in den Garten. Heute Abend musste er den Rasen sprengen. An einigen Stellen hatte die Julisonne bereits für braune Flecken gesorgt. Er hätte ihn doch nicht so kurz schneiden sollen. Auch der Wasserstand des Teiches musste dringend nachreguliert werden. Sonst geriet am Ende noch das ökologische

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